Platon, christliche Lehre

Prinzipiell besteht eine  Unvereinbarkeit der Konzeption des platonischen Idealismus mit der christlichen Heilslehre.
Alleine die Welt der Ideen hat für Platon metaphysische Existenz, in diesem Sinne: Jede einzelne Idee ist eine metaphysische Existenz. Was ein “komplexer Phanteon”! Das aber nur nebenbei. Entscheidend ist vielmehr:
Bei Platon erschafft zwar eine Entität das All (aus dem Vorhandenen), er kennt aber keinen Erstbeweger oder letzten Grund. Kein Wunder, daß man einen Demiurg einführte, um diesem Dilemma zu entkommen. Wie sollte aber ein solcher die Menschheit erlösen können? Wohl gar nicht. Man würde hier sowieso lieber von “Hebung” als von “Erlösung” sprechen wollen. Denn diese kann folglich nicht durch einen handelnden Gott, sondern (bei Platon) nur durch die Seele selbst erfolgen. Die Seele ist ja bei Platon nicht geschaffen, sondern existiert schon immer (kommt aus der Ewigkeit) -unter Inklusion ihres göttlichen Anteils. So muß sie sich nun ihrer Göttlichkeit entsinnen (sie muß sich erinnern), um sich selber emporzuheben. Hat das nicht auch (der freilich junge) Idealist Schelling in  folgenden Versen treffend auf den Punkt gebracht?
“…In einen Zwergen eingeschlossen
von schöner Gestalt und geraden Sprossen,
heißt in der Sprache Menschenkind,
der Riesengeist sich selber find´t.
Vom eisern Schlaf, vom bangen Traum
erwacht, sich selber erkennend kaum,
über sich gar so verwundert ist,
mit großen Augen sich grüßt und mißt.
Möcht´alsbald wieder mit allen Sinnen
in die große Natur zerinnen,
ist aber einmal losgerissen,
kann nicht wieder zurückfließen
und steht zeitlebens eng und klein
in der eigenen großen Welt allein.
Fürchtet wohl in bangen Träumen
der Riese könnte sich ermannen und bäumen
und wie der alte Gott Satorn
seine Kinder verschlingen im Zorn.
Denkt nicht, daß er es selber ist,
seiner Abkunft ganz vergißt,
tut sich mit Gespenstern plagen,
könnt´also zu sich selber sagen:
Ich bin der Gott, der sie am Busen hegt,
der Geist der sich in allem bewegt
…”

Platon (Zitat aus Menon -nebenbei gesagt entfaltet hier Platon den Gedanken der Wiedergeburt/Seelenwanderung ): “Denn da die ganze Natur unter sich verwandt ist und die Seele alles innegehabt hat, so hindert nicht, daß, wer nur an ein Einziges erinnert wird,was bei den Menschen lernen heißt, alles übrige selbst auffinde, wenn er nur tapfer ist und nicht ermüdet im Suchen.”
Daher die Frage nach der Legitimität beim Heranziehen platonischer Instrumentarien zur rationalen Durchdringung des christlichen  Glaubens. (Nebenfrage: Warum den Irrationalismus überhaupt rationalisieren wollen?) Ein  “platonisches Christentum” wäre indes nichts anderes als eine gnostische Häresie.