Plotin, Castaneda, Sein und Nichtsein

Ein Gespräch zwischen Carlos Castaneda und Don Juan Matus über Eindrücke und Entitäten,  die nach der Einnahme eines schamanischen Entheogens  zu besprechen waren. Konkret ging es um das Erscheinen einer Kreatur, die als  Hüter oder Wärter aufgefasst wurde:
Don Juan Matus: ” Ich habe dir schon gesagt, daß der Wärter zu nichts werden und dennoch vor deinen Augen bleiben muß. Er muß da sein – und gleichzeitig muß er Nichts sein.”
“Wenn du siehst, dann gibt es keine vertrauten Bilder mehr auf der Welt. Alles ist neu. Nichts war schon einmal da. Die Welt ist unglaublich.”
Castaneda: “Wie verschwinden die Dinge? Wie werden sie zu nichts?”
Don Juan Matus: “Die Dinge verschwinden nicht. Sie lösen sich nicht auf, wenn es das ist, was du meinst. Sie werden einfach zu nichts, und trotzdem sind sie immer noch da.”
Wie konstitutiv der Akt des Betrachtens  für unsere Wirklichkeit tatsächlich  ist, daß  Betrachtung also Reduktion,  schließlich ‘Welt ‘ meint und daß Betrachtung transzendierbar, somit Welt transzendierbar ist (der alte Topos der Mystik!), dies ist ein eigentlicher Kern der Lehren des Don Juan.
Aus neuplatonischer Sicht lassen  sich hier folgende  korrelierende Sätze anfügen:
“Das Nichts bedeutet nicht Nichtigkeit, sondern als Nichtsein aller eidetischen Bestimmtheit eine alles Seiende an Seinsrang überragende Weise zu sein.”
“Die denkende Wirksamkeit des Geistes ist das Wirklichsein des Seienden, Dasein als sich selbst in dem Da des Vernehmens halten. “
“Die Denkbewegung trifft nicht auf einen schon vorhandenen Anblick auf, sondern gleich-ursprünglich mit der Denktätigkeit bildet sich die Anblickhaftigkeit, in deren Anschauung der Geist er selbst ist.”
“Zur Denkbewegung gehört die Ständigkeit des vernommenen Anblicks, und nur in der Bewegung des Vernehmens hat das Seiende die Ständigkeit des Gleichbleibens.” (Volkmann Schluck)

Diese Stabilität wird im transzendenten Vollzug “unterminiert”, so daß es möglich ist, hinter die stabile Körperebene zu gelangen, die dadurch aber nicht  im Sinne eines Nicht-Seins  die Dinge auflöst, sondern in ihrer Potenz zur Dinglichkeit erkennbar wird, die vor der reduktionistischen Betrachtung liegend nichtend empfunden werden kann und aber im Falle, daß sie doch  in gewisser Form selber noch Objekt ist und vor der Nichtung liegt,  im Aufstieg des Sehens/Erkennens Steigerung des Seins, Verallgemeinerung (auch:Zukunft) meint.
Volkmann Schluck: “Der Sinn des Nichtseins ist nicht Vernichtung des Seinsgehaltes, Minderung der Wirklichkeit von etwas, sondern es ist selbst eine Weise der Sichtbarkeit des Seienden, das sich immer als unterschiedene Vielheit zeigt.”