Pronoia neuplatonisch

Werner Beierwaltes zum Neuplatonismus: “Das Maß der wirkenden Gegenwart von Pronoia” (als götticher, durch den Geist vermittelter Fürsorge) “bedingt die bereits genannte Differenzierung oder die je verschiedene Intensität von Wirklichkeit insgesamt. Das dem universalen Ursprung ‘Nähere’ hat deshalb in höherem Maße am Guten teil als das ihm ‘Fernere’. Beide stehen zum Ursprung im Verhältnis von ‘Verwandtschaft’ und ‘Abständigkeit’. Das Nähere ist demnach auch das in intensiverem Maße in sich Einige oder Eine, das ‘Fernere’ aber ist duch Teilung, Distraktion ins Vielheitliche über-bestimmt. Nähe und Ferne bedingen deshalb auch die verschiedene Aufnahmefähigkeit von Gut und Pronoia in den einzelnen Wirklichkeitsbereichen – gemäß der ihnen zukommenden ‘Stelle’.”

Volkmann-Schluck zum Neuplatonismus und dem Mangel des Vielen:
“Es (das Viele) muß, wenn es nicht durch einen Auseinanderfall in ein gleichgültiges Nebeneinander beziehungsloser Teile sein Bestehen als Einheit verlieren soll, die Vielheit einigen, d.h. auf Einheit gerichtet sein.”

Das Eine, das zu sich kommt, bedenkt sich somit selbst mit Fürsorge, denn dies gute und gnadenvolle Wesen wird ihm (als) selbst anteilig zunehmend zu eigen, und so wird es aus der Zerstreuung schließlich Eines – und gut. Solcher ‘Gnadenerweis’ ist somit selbstevoziert: So man sich dem Guten zuneigt, so wird Pronoia zuteil. Freilich ist hier an die Karmalehre zu denken. Das Maß dessen, was einem zu- kommt, bemisst sich an der eigenen Position, die dabei durch multiple und überbiographische Kausalität disponiert ist. Es gibt indes kein Ens von Außen, das dies bewirkt, schließlich hörte ein Außen in der Aufnahme ins Eigen schlicht auf, zu sein. Solange aber ein Außen angenommen wird, im Hiesigen wie im Transzendenten, ist Distraktion – also abtrennendes Entferntsein und aktives Entfernen vom eigentlich Zukommenden. (Hierzu ist im Besonderen die Rolle des Theismus mit seinem außenstehenden Gott zu bedenken.)
Nach dem (biographischen) Durchgang durch den “lebensvollen” Bereich des RAJAS u. a. durch Prüfung, Wachstum, Schmerz oder Entbehrung, gelangt das Eigen über all dies hinaus, und -ultimativ – ebenso über den (in der übersteigenden Ansicht illusionären) Tod, somit ist ein echtes Zuteilwerden der in Kontinuität gerückten und ganzheitlichen Person oder Entität geworden, der bald alles zuwächst, denn ihr Lassen ist zugleich ein Abstrahieren und Vereinnahmen und Durchwirken in das Weite, das jenseits perzeptioneller (also geminderter) Verwirklichung stattfindet.
Für das persönlich-Lebensweltliche heißt dies aber, daß Individuation (zum Selbst, das ja mit allem Seelischen verbunden ist) über sich hinausfindet zur Zusammenkunft, lebensreell schon in der Einwirkung des Geistigen und Eigentlichen etwa durch Fügung und Synchronizität und die Erfahrung von Zu-Neigung (die schließlich eine Hinwendung des Außen in das sich stetig umfassende sich selber meint) das aber – solange es als Subjekt definiert ist, dies in anderer, äußerer Bewegung zu sich hin erfahren muß.