Esoterischer Gendefekt

Ein kardinaler Irrtum ist der Versuch der Trennung des Geistigen von der Physiologie bzw. Biologie des Menschen. Tatsächlich ist die Physiologie lediglich Aspekt des Geistigen, zwar in einer als unvollkommen empfundenen, verkörperlichenden Form (die Einsicht in die körperliche, zeitgebundene Entwicklung, in Alter und Sterben führen nämlich zu dieser Meinung), tatsächlich ist dieser Prozeß aber nur innerhalb der zeitgebunden-horizontalen Wahrnehmung überhaupt existent. Die Erhöhung der Wahrnehmungsfähigkeit, die Erweiterung der Wahrnehmungsphysiologie – und so der Geistigkeit – ist ohne weiteres als biologischer Prozeß zu verstehen, der den Perzipienten in einem höherphysikalischen Kontext befähigt, sich über diese Perzeptionsgebundenheit hinauzuheben (zu entkörperlichen) und so auch den letzlich als jenseitig angenommenen Endzustand einzunehmen. Ob psychotrope Induktion oder Induktion durch Meditation (z.B. durch Hyperventilation im Yoga), es geht hierbei  letztlich immer nur um die Hebung der Aufnahmefähigkeit des physiologischen Wahrnehmungsmechanismus. Bezüglich der Erforschung der Korrelation von Wahrnehmungs-Sensibilität und Wahrnehmungsfeld sowie der Verbindung von Wahrnehmungsfeld und “Tatsächlichkeit des Wahrgenommenen” steht der Mensch im Allgemeinen wie vor allem auch bezogen auf seine mentale Anatomie auf dem Feld der  Gen-und Gehirnforschung noch völlig am Anfang. Da die als vermindert zu qualifizierende aktuale Wahrnehmung genetisch bedingt ist, leitet verschiedene esoterischer Literatur einen  Gendefekt ab, dieser als Bruchfaktor der (stets angenommenen) verlorenen Ganzheit(die aber in der Folgerichtigkeit einer monistischen Diktion  den Keim zur Widerherstellung in sich selbst (also für die Biologie des Menschen in der DNA eingefaltet) tragen muß und zu bewahren hat. Die Transkription für Gendefekt in der christlichen Tradition lautet “Erbsünde”. Die Auflösung dieser ist das ursächlich idealistische und zuallerletzt einzige Ansinnen aller spiritueller oder wissenschaftlicher Bemühungen, egal in welcher Disziplin sich dieser Telos auch immer abgebildet haben  mag. Urächlicher Art war immer “nur” der Impetus nach Wiederentdeckung des Verborgenen, Verlorenen. Die missverstandenen institutionalisierten Glaubenskonzeptionen der Weltreligionen sind kulturell und gesellschaftlich/politisch gebundene exoterische Übersetzungen dieses Prozesses und sind in dieser Lesart letztlich als (pseudo-)wissenschaftliche Unterkategorie deutbar.