Plotin und diskrete Raumzeitlichkeit

Volkmann -Schluck, Plotin als Interpret der Ontologie Platos:
“Plotin verwandelt so den griechischen Nous in den nach einem Selbstentwurf sich in die Fülle seiner selbst entfaltenden “Geist”, welcher die Totalität aller Ideen ist.

Dieses Aus-sich-heraus-Gehen ist ein Gang in die Bestimmtheit und den Bestand. Und die Zahlen sind es, die das aus sich Herausgehende vor dem Zerfließen ins Unbestimmte und Bestandlose retten. Deshalb kann Plotin noch einmal erklären, die ursprüngliche und wahrhafte Zahl sei für die Mannigfaltigkeit des Seienden der beherrschende Anfangsgrund und die Quelle seines Zustandekommens.”
Die Zählung nämlich führt zur diskreten Menge,  durch “Abzählen” wird das Unbestimmte benannt, “fixiert”, Unterscheidung eingeführt. Das Raumzeitliche ist tatsächlich kein Kontinuum, bringt aus sich selbst gar keine Stetigkeit hervor, sondern entfaltet sich dem Wahrnehmenden (und im Wahrnehmenden) viel mehr durch eine “Rasterung”  von Zuständen, die aufgrund der Trägheit der Perzeptionsorgane aber ein Kontinuum vorspielen. Somit ist das Raumzeitliche als Abbild -oder besser als zählbare Umsetzung von etwas ganz Anderem, Tieferliegendem – zu betrachten, keineswegs aber als das Sein selber. Die  Korrelation  zum Konzept der  impliziten und expliziten Ordnung (David Bohm) sowie  zum indischen  Brahman und Atman liegt hier auf der Hand. Die gesamte Körperwelt bezeichnet eine diskrete Menge aus der Entnahme einer die eigentliche Wirklichkeit darstellenden Einheit:
So bilden auch die Körper (nach Volkmann  Schluck) Zahlen, da sie aus anzahlhaft bestimmten Mischungsverhältnissen ihrer Elemente bestehen, die ihrerseits wieder durch Anzahlen bestimmt sind.” Plotin entfaltet hier ein Beschreibungsmodell für die  Explikation einer tieferen Seinsebene, die den Vorzug hat, daß sie mit der modernen Wissenschaft konvergieren kann und so mit Fortschreiten wissenschaftlicher Erkenntnis – eben ganz anders als die  theistischen Offenbarungssysteme-an Evidenz gewinnt. Daß diese grundlegende Annahme  über diskrete Mengen der Raumzeitlichkeit  freilich auch aus dem indischen Kulturraum heraus formuliert wurde, zeigen z.B. Konvergenzen  zwischen der Diskretheit von Zeit  in der modernen Physik und im Jainismus auf.