Giordano Bruno und drei Zeugnisse von Nietzsche, Schopenhauer und Friedell
Jochen Kirchoff:
“Jesus erscheint in dem Werk “Die Vertreibung der triumphierenden Bestie” in der Gestalt des Orion. “Dieses Buch ist Brunos “Antichrist” und steht der Schrift Nietzsches in der Schärfe und Kompromißlosigkeit der Diktion in nichts nach. Nur war Bruno gezwungen, seine Kritik in verschlüsselter Form vorzutragen, um überhaupt einen Verleger zu finden.”
Bruno: “Wenn also nicht bloß Orion, der doch noch ein Grieche und ein Mann von einiger Bildung war, sondern gar einer aus dem unwürdigsten und schmutzigsten Geschlecht der Welt, und Mensch von niedrigster und gemeinster Natur und Denkart als Zeus angebetet wird, so wird er führwar nicht in Zeus geehrt, noch wird Zeus in ihm verunehrt, da er diesen Sitz und Thron nur als Maske und Unbekannter erhält, sondern vielmehr die anderen, die ihn anbeten, erwerben sich dadurch Geringschätzung und Tadel. Niemals also wird ein Schurke deshalb ehrwürdiger erscheinen, weil er mit Hilfe feindlicher Genien zum Affen und zum Popanz dient für den blinden Pöbelglauben.”
Jochen Kirchoff: “Daß ein Mensch zum Gott oder zum eingeborenen Gottessohn erklärt wird, erscheint Bruno als Blasphemie, als ein Hohn auf die Unendlichkeit und All-Einheit des Weltenschöpfers. Bruno bezeichnet den Nazarener als einen `verächtlichen, gemeinen und unwissenden Menschen…durch welchen alles entwürdigt, geknechtet, in Verwirrung gebracht und das Unterste zu oberst verkehrt, die Unwissenheit an die Stelle der Wissenschaft … der echte Adel zu Unehren und die Niederträchtigkeit zu Ehren gebracht worden sei.”
“Das Christentum ist eine natur- und kosmosfeindliche Religion.Der christliche Erlösungsbegriff verneint den Gedanken der kosmischen Gerechtigkeit, negiert den Kreislauf der Seelenmonaden durch alle Reiche und Bewußtseinsstufen. Der christliche Gottesbegriff ist anthropomorph. Der Trinitätsgedanke widerstreitet der göttlichen Einheit. Die Lehre vom eingeborenen Gottessohn ist, kosmisch gesehen, provinziell, ja absurd. Eine Weltenschöpfung aus dem Nichts hat es nicht gegeben und kann es nicht geben, denn es ist ewig alles vorhanden, was überhaupt vorhanden sein kann. So könnte man thesenartig einige der wichtigsten antichristlichen Gedanken des Nolaners umschreiben.”
Friedrich Nietzsche—
“Mein lieber Herr Doktor, diese Gedichte von Giordano Bruno sind ein Geschenk, für welches ich Ihnen von ganzem Herzen dankbar bin. Ich habe mir erlaubt, sie mir zuzueigenen, wie als ob ich sie gemacht hätte und für mich – und sie als stärkende Tropfen eingenommen. Ja, wenn Sie wüßten, wie selten noch etwas Stärkendes von außen zu mir kommt!”
(Brief an Heinrich von Stein, 22. Mai 1884)
Arthur Schopenhauer—
“Sie [Bruno und Spinoza] stehen jeder für sich allein, und gehören weder ihrem Jahrhundert noch ihrem Welttheil an, welche dem einen mit dem Tode, den anderern mit Verfolgung und Schimpf lohnten. Ihr kümmerliches Dasein und Sterben in diesem Occident gleicht dem einer tropischen Pflanze in Europa. Ihre wahre Geistesheimat waren die Ufer des heiligen Ganga: dort hätten sie ein ruhiges und geehrtes Leben geführt, unter ähnlich Gesinnten.”
(Kritik der Kantischen Philosophie)
Egon Fridell—
“Er ist Vollender des kopernikanischen Systems und der Vorläufer Galileis: er lehrte, daß die Erde nur eine annähernde Kugelgestalt besitze und an den Polen abgeplattet sei; daß auch die Sonne um ihre eigene Achse rotiere, daß alle Fixsterne Sonnen seien, um die sich zahlreiche wegen ihrer Entfernung für uns unsichtbare Planeten bewegen, er hat die Theorie vom Weltäther aufgestellt, die erst in allerneuester Zeit zur Geltung gelangt ist, er hatte sogar eine Ahnung von der Relativitätstheorie, indem er lehrte, es gebe ebenso viele Zeiten, als es Sterne gibt, ja einzelne seiner Ansichten greifen selbst über den Stand unserer jetzigen Wissenschaft hinaus und gehören der Zukunft an.”