Bergpredigt

Eine schwache Flanke der Kirche, die sich gerade heute den Ansprüchen konkurrierender Theismen ausgesetzt sieht, ist ihr Mangel an positiver Bekenntnis, man zieht sich lieber auf  eine Gegenhaltung  zu Positionen zurück, die man als  nicht (radikal-)ethisch genug  markiert hat, dies letzlich  zu Lasten des eigenen Überlebens.
“Nietzsche: ‘Der Christ kämpft nicht, auch wenn sein Dasein bedroht ist.’ ‘Ein solcher Glaube zürnt nicht, tadelt nicht, bringt nicht das Schwert.’ Die Zeit, das physische Leben sind gar nicht vorhanden für die Lehrer der frohen Botschaft. Was Nietzsche dergestalt in Jesus antrifft, ist eine Weise dessen, was er decadence nennt, zwar mit der Auszeichnung, daß es eine decadence ohne Verlogenheit ist, aber doch mit allen Grundzügen der decadence als einer Form des zugrundegehenden Lebens . ‘…Der Instinkt des Willens in`s Nichts’ “ (Karl Jaspers)
Diese Ethik wird gerade in der Bergpredigt sehr deutlich. In diesem Kontext sei Kurt Flasch mit seiner folgenden Erklärung erwähnt: “Vom Ganzen der Synoptiker her gelesen, stehen alle ethischen Aussagen unter der Bedingung des nahenden Weltendes. Man hat daher von ‘Interimsethik’ gesprochen. Jedenfalls erklärt dies den radikalen Verzicht auf Daseinsfürsorge, auch die Feindesliebe. Es beschränkt die Geltung der Imperative: Die Welt ist nicht untergegangen. Jesus hat sich über das nahe Ende getäuscht. Wir stehen ethisch unter veränderten Bedingungen. Die Bergpredigt kann heute nicht ohne neue Prüfung der ethischen Orientierung dienen. Kleine radikale Gruppen mögen sich eine Weile an ihr orientieren: Familienväter, Republiken und Großkirchen können das nicht. Unter ihren Bedingungen sackt die Ethik der Bergpredigt zur Utopie zusammen. Sie wird zur desorientierenden Rhetorik. An kohärente Weltgestaltung ist in der Bergpredigt nicht gedacht.”