Kükenmord, christliche Ethik

Zitat einer Tierschutzorganisation: “45 Millionen männliche Küken werden jährlich allein in Deutschland nach dem Schlüpfen aus rein wirtschaftlichen Gründen getötet. Während ihre weiblichen Geschwister auf dem Fließband zum Impfen transportiert werden, “fahren” die kleinen Hähne in den Tod, werden vergast oder im so genannten “Kükenmuser” durch rotierende Messerwalzen bei lebendigem Leibe geschreddert.”
Es ist immer und immer das gleiche Dilemma: Zu christlichen Festen und der Menschen egozentrierten Freuden und Bräuchen potenziert sich sinnigerweise (das eh schon nicht erträgliche) Tierleid. Zum einen sind die entsprechenden Kirchenfeste zu ganz profanen Konsumanlässen herabgesunken, zum anderen aber auch fehlt der christlichen Ethik die verantwotliche Verbindung zur nicht-menschlichen Schöpfung. Dies mag vor allem damit zu erklären sein, daß man die Welt als Jammertal, geschieden von Gott, gefallen und zu überwinden sieht (und entsprechend offenbar bereits abgeschrieben hat). Gleichzeitig hat man bereitwillig die Einflüsterung vom “Menschen als Krone der Schöpfung” verinnerlicht. Hegel formulierte spitz, das Christentum hätte die Natur zum Leichnam erklärt. Hiermit wird die (typisch semitisch-abrahamitische) Betonung der Kluft zwischen vorgestelltem Gott, beseeltem Menschen und unbeseelter Natur verdeutlicht. Passend gerade zum Osterfest wäre aber in den apokryphen christlichen Schriften folgendes Jesuswort zu lesen: “Wer die Auferstehung bereits zu Lebzeiten nicht erfährt, der hat nach seinem Tode nichts zu erwarten.”
Oder anders gesagt, wer (zumal unnötiges) Leid an der Kreatur evoziert, mißversteht die Implikation eines ursächlichen – durchaus auch eben urchristlichen-Transzendenz/Immanenzverständnisses, dem jede Unbeseeltheit und Geschiedenheit fremd erscheinen muß. Im folgenden -ebenso gnostisch-apokryphen Jesuswort wird dies untermauert: “Das Reich Gottes wird nicht kommen, es liegt ausgebreitet über der Erde, aber ihr seht es nicht.” Und: “Spalte ein Stück Holz und ich bin dort zu finden.” Die ethische Konsequenz, die sich also aus der Bewußtwerdung einer Kontinuität der Immanenz erschließen muß – und diese Bewußtwerdung ist schlicht ein Synonym für “Auferstehung”-,  scheint dem Christentum heute völlig fremd.