Die Urchristenheit bietet überhaupt kein homogenes Glaubensverständnis, in vielen geistigen Zentren überwiegt das gnostische Element. Statt Erkenntnis oder Aufstieg (bei Paulus sieht man Spuren hiervon) setzt man aber aus machtpolitischen Gründen auf das Patriachrat in Rom, auf Vereinheitlichung hin zu einer Lehre, die Devotion und Glaube einfordert und sich von den vorchristlichen Weisheitsquellen abschottet. Das vorchristliche Element, die (idealistisch inspirierten) Geistes-Errungenschaften, die im Hellenismus weit ausgreifen, werden eliminiert.
Was die Katholiken dabei bis heute nicht verstanden haben: Argumentiert man gegen das System der Devotion und möchte stattdessen das vorchristliche, griechische (oder auch globale) Erkenntnisstreben “reinstallieren”, wird man mit dem Vorwurf der Selbstvergottung und -ermächtigung konfrontiert. Dem Selbst kommt aber gemäß jener Erkenntnislehren ein ganz anderer Rang zu, als die raumzeitliche Reduktion vorzutäuschen vermag. Gnosis bedeutet auch das Erkennen der eigenen, transpersonalen Stellung – noch über den demiurgischen Prinzipien. Die Aufwärtsbewegung ist also Befreiung von der unsinnigen Unterwerfung (unter vermeintliche Götter). Die Wahrnehmung des eigentlichen Seins bietet die Transzendenz des Personalen zu seiner höheren und eigentlichen Natur.