Lösen der Bilder

Meister Eckhart: “Ein Bild ist nicht aus sich selbst, noch ist es für sich selbst; es stammt vielmehr von dem, dessen Bild es ist, und gehört ihm mit allem, was es ist, zu. Was dem, dessen Bild es ist, fremd ist, dem gehört es nicht zu, noch stammt es von ihm. Ein Bild nimmt sein Sein unmittelbar allein von dem, dessen Bild es ist, und hat ein Sein mit ihm und ist dasselbe Sein.”

So kann man auch bezogen auf die Bildhaftigkeit der Welt fragen, wer dies Bild nun schafft (denn Welt ist Bild). Es sind dies die Wahrnehmungen und Intentionen der einzelnen Subjekte, denen aber eine Intersubjektivität in Bezug auf Sensorik und Wahrnehmung zugrunde liegt, die daher zu Übereinkunft führt, die ein verbindendes – und verbindliches – Bild (der Ansicht) formt. Diese Übereinkunft selbst bildet also unsere Welt. (Dahinter die Übereinkunft im Spezielleren durch Messungen, verborgen allerdings vor den Sinnen, vor der Unmittelbarkeit.) Sieht man in der Welt aber darüber hinaus ein komplexes System aus Vorstellungen, die auf seelischen und geistigen Urteilen oder Konzepten beruhen, wird die Frage nach Übereinkunft aus dem Subjekt hinaus gelagert, und im Widerstreit aller möglichen Meinungen, Gedanken und Glaubenssätze finden wir, daß eine Gewichtung zur Allgemeinverbindlichkeit stattfindet, die vielmehr nicht unwesentlich durch von Außen oktroyierte Regelwerke bereitet ist. Die Legitimation hierfür beruhte über Jahrtausende ‘lediglich’ auf Charisma, das zumeist vage in der Frühzeit liegend – über Generationen einer Kolportage unterlag, die sich mit allen Mitteln der Hinterfragung entwand. Eine Bildhaftigkeit der Welt im Ideellen wird somit wesentlich geprägt von Bildnern, die über den nötigen Einfluß verfügen, eine tragende Folgschaft zu kreieren oder zu bewahren, und dies ist heute – zumeist auf (pseudo-)säkulare Art gar nicht anders.
Nur der Mensch also, der sich aus diesen Rahmensetzungen ganz befreien will, hat die Möglichkeit, ein Ureigenes zu formen und kommt dem ‘fremdlosen’, unvermittelten Bild – welches ein ihm wahrhaft Passendes, der Seele Adäquates ist – wirklich nahe. Das Seelische aber ist die Instanz, die sich ermächtigen soll. Nicht die sichtbare Welt kann er so fliehen, aber den Mahlstrom von Irrtümern und Bindungen, der anhaftende und geist-abgewandte (Welt-) Qualitäten gebiert. Hierzu aber ist vonnöten: Die Negation, und im nächsten Schritt dann die ganz autarke Neubildung. Nur so ist Entwicklung der Eigentlichkeit möglich – durch die das eigene Sein -und später doch Welt selbst im kollektiven Kontext – zur geistigen Erhöhung kommt. Das Bild wird zum Bild des Selbst, und das Bild löst sich auf in der höchsten Bestimmung dieses Selbstseins.