Wie verhält sich Ästhetisierung zur Implizität?

“Im ästhetischen Denken der Spätantike nimmt der Neuplatonismus, vor allem in seiner Systematisierung durch Plotin, eine besondere Stellung ein. Dieser lässt aus dem geistig-göttlichen All-Einen stufenweise die intelligible Welt hervorgehen, aus dieser, auch wieder abgestuft, die Materie, die in diesem „Abstieg“ zunehmend negativ beurteilt wird als das Unvollkommene, auch Urschlichte: „alles bereits Vollkommene zeugt und erzeugt ein Geringeres.

Im Unterschied zu Plato besaß Kunst in seinem System einen höheren Stellenwert. Sie ist als Abglanz des Vollkommenen und Verweisung darauf bildbar, auch wenn ihr der Widerspruch eines schwächeren Widerscheins der „intelligiblen Schönheit“ verbleibt. Dennoch konnte Kunst Schönheit durch Beherrschung der Materie mittels der Idee hervorbringen.” [Wikipedia)

Bedenkt man den Fichte – Satz “Ich lebe und wirke sonach schon hier, meinem eigentlichsten Wesen und meinem nächsten Zwecke nach, nur für die ander Welt…für die Sinneswelt wirke ich nur um der anderen Willen…” und erkennt man Materie als Geist – Form an, wird verständlich, daß alles Sichtbare Hervorbringung der geistigen und letztlich seelischen Anschauung ist und diese  aber andererseits  mit ihrer eigenen schöpferischen  Tätigkeit im Hier mit dem Geist wechselwirkt (weil sie von gleicher Substanz ist wie das Höhere).  Gedanken, Konzepte, Ideen erschaffen schließlich Objekte. Jedes sichtbare Objekt ist somit nicht lediglich “Produkt” eines Gedankens als Eigenständiges , sondern “herabgebrochene” Existenz einer Kontinuität, die sich in der gedanklichen Existenz weiterführt, die in viel perfekterem und wirklicherem Maße diesen Ausdruck des Objektes verkörpert. Insofern ist die Ästhetisierung Aspekt der Bewußtwerdung und Vervollkommnung und gleichzeitig Verstetigung (man kann auch eine negativere Konnotation wie “Erstarrung” benutzen)-so sie aufstrebendenden Charakter hat und auf das Höhere gerichtet ist- nicht im Weltlichen, sondern von etwas  dieser Welt impliziten Höherem, also Überweltlichem. Gleichzeitig aber -trotz sie in dieser Eigenschaft den Betrachter hebt und beflügelt- weiß der Wissende um die Begrenztheit der Darstellung. In der Bewußtheit um diese Gewichtung läßt sich auch folgender Satz über Hegel verstehen, in dem die Kunst der Religion und der Philosophie als Beweger zur Rückexplikation untergeordnet wird.
“Die erste (unterste) Stufe, in welcher das Absolute als menschliches Bewußtsein sich selbst erfasst und zur Anschauung und Empfindung bringt, ist für Hegel die Kunst,” (Wikipedia)
Plotin sagt sehr passend zu dem hier entfalteten Gedanken: “Wer sich zu der Erinnerung an die intelligible Schönheit erhebt, liebt den irdischen Gegenstand nur als ein Bild des intelligiblen, aber wer aus Unkenntnis des Grundes seiner Leidenschaft nicht zur Erinnerung an die intelligible Schönheit  gelangte, hält die sinnliche Schönheit für das wahrhaft Schöne.” (Plotin,III.Enade, Buch 5).
 Ein “anti- ikonoklastischer”  Aspekt dieses hier angerissenen Kontinuitätsgedankens kommt gerade in folgendem Wort zum Ausdruck: “..während die anderen (durch die Anschauung diesseitiger Schönheit) zur Erinnerung an die intelligible Schönheit gelangen  und auch sie verehren, ohne jedoch dabei die irdische Schönheit zu verachten, weil sie in ihr eine Art Wirkung und Widerspiel jener sehen.” (Plotin,III.Enade, Buch 5).