Category Archives: Philosophisches

Musik, Schopenhauer, Veden

“Warum die Musik so eine ungeheure Macht über den Menschen hat, warum sie von allen Künsten jene ist, die sowohl am unmittelbarsten als auch am wirkmächtigsten die menschliche Seele anspricht? Daß dies so ist, darüber herrscht -zumindest in der abendländischen Kulturgeschichte-Einigkeit”
” Für Rilke ist der Charakter der Musik rätselhaft und geheimnisvoll und daher ‘mehr als wir’ “.
Nach Schopenhauer nimmt die Musik in ihrer reinsten Form (die Instrumentalmusik) eine Sonderstellung in den Künsten ein: ‘Ihre Wirkung ist sehr viel größér als die aller anderen Künste, da sie im Unterschied zu diesen nicht die Ideen wiederholt bzw. nachbildet, sondern unmittelbares Abbild des Willens selbst ist und damit das reine Wesen der Welt zum Ausdruck bringt.’ “ (Stefan Barme)

Schopenhauers Betrachtung läßt sich mit der Ansicht der Veden passend weiterführen und wird damit in den Kontext einer physikalische Geist-Körper-Relation gerückt. (Geist ist feine Materie)
“Die Sankhya-Wissenschaft, die Analyse des multidimensionalen Kosmos, erklärt, daß die grobstoffliche Materie aus den feinstofflichen Energien hervorgeht. Die grobstoffliche Materie wird entsprechend ihrer zunehmenden Verdichtung in fünf Kategorien unterteilt: Äther, Luft, Feuer; Wasser und Erde. In Enstprechung zu diesen fünf Kategorien gibt es die Sinnesobjekte, die ebenfalls fünf an der Zahl sind: Schwingung/Klang, Verbindung/Berührung, Form, Farbe, Geschmack und Geruch.”
“Klang (Sabda) ist das einzige Attribut, das auf allen fünf Ebenen manifestiert ist.”
“Erde” (feste Materie): der vollständig entfaltete dreidimensionale Raum, der die dichteste Form der Materie bildet. Auf der Stufe der “Erde” sind die Attribute der anderen vier Stufen in ihrer “geerdeten” (physikalischen) Form manifestiert Die Sanskritsprache differenziert hier ganz klar: Zum Beispiel hören wir vom ätherischen Klang (sabda) nur jene Klangschwingung (vaikari), die von einem bestimmten Klangträger übermittelt wird. Die übermittelte Information jedioch ist von der Luftschwingung gänzlich verschieden.” (Risi)
Schopenhauer
zeichnet in folgendem Zitat diese Aufwärtsrichtung nach:
“Das Anhören einer großen, vollstimmigen und schönen Musik ist gleichsam ein Bad des Geistes; es spült alles Unreine, alles Kleinliche, alles Schlechte weg, stimmt Jeden hinauf auf die höchste geistige Stufe, die seine Natur zulässt, und während des Anhörens einer großen Musik fühlt Jeder deutlich, was er im Ganzen wert ist, oder vielmehr, was er wert sein könnte.”

Körpersein, Materie

Volkmann Schluck: “Region des somatischen: Körpersein bedeutet die Einheit einer Mehrzahl von Grundbestimmungen, die der Logos voneinander absetzt. “
“Was die Natur zu einer solchen macht, das sind die Logoi, die Gestaltungsformen der schaffenden Seele, welche die Naturgestalten in das Dasein treibt und als deren individuierte Eide die Natur ist. Ist nun das Wesen der Seele von den als schaffende Naturkraft wirkenden Formkräften verschieden? Nein, sie ist auch Logos und der Inbegriff der logoi, und sie sind ihre Wirksamkeit, die sie ihrem Wesen gemäß übt.”
Der Hervorgang des Vielen aus der Einheit gründet in der Selbstanschauung der Seele, ist ein selbstreflexiver Prozeß des Entstehens. Das Medium zu dessen Ausgstaltung indes  ist die Materie, aber von welcher Qualiät ist sie eigentlich, woher stammt sie -wo doch zuvorderst -vor der Gestaltung- nichts außerhalb des Geistes erschaffen ist?
“Außerdem kommt die formlose Urmaterie als solche nicht wirklich vor, sondern sie ist bei Plotin wie bei Aristoteles nur ein gedankliches Konstrukt. In Wirklichkeit unterliegt der physische Kosmos immer und überall der Leitung der Seele und damit der gestaltenden Einwirkung der formenden Ideen. Real gibt es Materie nur in Verbindung mit Formen. Daher ist die Unvollkommenheit der materiellen Objekte in der Praxis nie absolut, denn durch ihre Formen empfangen sie die Einwirkung der geistigen Welt. Allgemein gilt der Grundsatz, dass das Aufnehmende das Maß des Aufnehmens bestimmt. Das Niedrigere kann das Höhere nur insoweit empfangen, als seine begrenzte Aufnahmefähigkeit dies zulässt. “ (Wikipedia)
Wie aber kommt das Mannigfaltige zuletzt real zum Vorschein? Durch das Quantum. Das Zählen, was ein Darlegen, ein Zergliedern eines (apriorischen) Kontinuums ist, ist die Vorausetzung  für die Konkretisierung und Zusammensetzbarkeit in den Sinnen, so daß dort ein vereinfachtes Derivat des Kontinuums, ein fließendes Bild -dies eben macht das Somatische aus- entsteht.  Somit entsteht – wie eingangs gesagt-  eine Einheit aus einer einer Mehrzahl von Grundbestimmungen, die der Logos voneinander absetzt.”
Das Materielle heißt in diesem Sinne eigentlich nichts anderes als die geistige Dynamik in  der Hinwendung (und Verlangsamung bzw. Verstetigung) zur Bildlichkeit in der Trägheit der Betrachtung. Die Trägheit besteht darin, daß die Anschaung durch die Sinne der gedanklichen Bestimmung der Form (ihrer Zählbarkeit bzw. Quantelung) nicht gleichauf folgt und sie aber dadurch erst sichtbar werden läßt und wie angedeutet in der Vereinfachung (in und durch sinnliche Desintegration) anzeigt. Das träge Medium, die Materie,  ist in Wirklichkeit ein Prozessuales, ist nichts anderes als desintegrative Betrachtung (seelisch-geistiger Konzepte).

Veden und Plato, Schatten

Vedisch-platonische Korrelationen:
Für die Veden: “Im Universum gibt es grundsätzlich zwei Kategorien von materiellen Elementen, die feinstofflichen und die grobstofflichen. Die feinstofflichen Elemente bestehen aus verschiedensten Geist-, Mental-, und Astralenergien, die grobstofflichen aus physischen Energien und dreidimensional-räumlichen Formen. Die grobstofflichen Elemente entstehen aus den feinstofflichen Elementen und bilden auf der universellen Ebene – gemäß den feinstofflichen Informationsmustern – die stofflichen Welten und auf der individuellen Ebene die vergänglichen Körper, die in den enstprechenden Dimensionen und Verdichtungsgraden existieren. …Das Abbild ist in jeder Hinsicht vom Vor-Bild programmiert und abhängig, und als solches Abbild enthält das Universum bereits von allem Anfang an ein vollkommenes Schöpfungsprogramm, gemäß der Anlage der spirituellen Welt” (Armin Risi)

“Das Materielle wird aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dir dein Schatten genannt. In der Tat, man betrachtet die materielle Welt als wirklich, weil sie einen schattenhaften Einblick in dein ewiges Dasein gewährt. ” (Srimad Bhagavatam)

Plato: “Denn fürs erste meinst du wohl, daß dergleichen Menschen von sich selbst und voneinander etwas anderes zu sehen bekommen als die Schatten, welche das Feuer auf die ihnen gegenüberliegende Wand der Höhle wirft?… Stelle dir vor, es werde einer befreit und genötigt, plötzlich aufzusehen, den Hals umzuwenden, zu gehen und nach dem Licht hinzublicken…die Gegenstände zu sehen, deren Schatten er vorher gesehen hatte… jetzt aber sei er dem Seienden näher, stehe vor Dingen, denen ein Sein im höheren Grade zukomme…”

Wissenschaft und Zufall

Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß gerade einige der  großen oder bahnbrechenden  wissenschaftlichen Erkenntnisse  an (sogenannte) Zufälligkeiten gekoppelt waren. Sehr wohl bekannt ist Archimedes ‘ Beobachtung des Wassers während seines Bades, die ihm  zu einer plötzlichen, von  seinem berühmten Heureka! begleiteten Einsicht in elementare physikalische Gesetze verhalf. Newton hingegen fiel zur Schaffung der Gravitationslehre -zumindest der Legende nach –  erst ein Apfel auf den Kopf und die Erfindung des Penicillins gelang, weil ein antibakteriell wirksamer Schimmelpilz durch das geöffnete Fenster eines Versuchslabors gedrungen war. Und der Durchbruch zur vielleicht wichtigsten Erkenntnis des letzten Säkulums, nämlich zur  quantenmechanisch beschriebenen  Unbestimmtheit der Teilchen,  gelang Werner  Heisenberg nach eigenem Bekunden unerwartet und plötzlich bei einem Kuraufenthalt während “eines starken Heufiebers”.
Dies Phänomen könnte nun damit zusammenhängen – und hierauf  haben Einige ebenfalls zu Recht aufmerksam gemacht, daß die Erfassung großer Ideen mehr durch ein halbbewußtes Ahnen, denn durch ein durchgehend verstandesmäßiges Erkennen zuwege  kommt. Und was bedeutet nun aber der’Zufall’ in diesem Kontext? Ich schlage hier vor: ‘Zufall’ meint in Wirklichkeit ein forciertes Resultat durch Befassen und Lassen und also das Ergebnis eines nicht-rationalen, nicht-diskursiven, aber konstituierenden  ‘hinter dem Geist sein‘,  daß eben in das Materielle hinein manifestiert.
Quantenphysikalisch ließe sich dieser Prozeß  der Enstehung eines (wissenschaftlichen) Paradigmas  mit folgender Reihe  beschreiben: Es existiert zuvorderst fluktuierende Information – gerade an Phasengrenzen und Instabilitäten wird sie akkumuliert und kommt so schließlich zum Durchbruch in die Makrowelt. Darauf dann kommt es zur  Elaboration und Verifikation. Aus einem quasi-chaotischen, sich aber verdichtenden und ordnenden  intuitiven Prozeß wird zuletzt Wissenschaftlichkeit. Dabei gehen zudem, wie  C.G. Jung sagte, die ” hypostasierten Begriffe erst aus der diskriminierenden Tätigkeit des Bewußtseins hervor.” Man könnte insofern die  aktive Rolle des Menschen  in diesem Prozeß also gar folgend beschreiben,  indem man sagt: Der Mensch  entwirft sich selbst eine bzw. seine  Natur, um (schließlich) ihr eigentliches oder inneres Wesen zu verstehen.

Trug und Existenz

Das raumzeitliche Dasein wird von idealistischer Warte als Trug, als Schein bezeichnet. Warum aber wird -sollte hieran doch einiges wahr sein-  ein Trug des Daseins nicht als solcher erkannt? Die Antwort liegt schlicht darin, daß  die Konstituierung unserer Realität auf der Korrelation von Bild und Betrachter beruht, was heißt, daß der Betrachter selber im Trug bzw. Teil  des Trugbildes  ist (er konstituiert ihn und zugleich wird er von ihm konstituiert), so daß von lebensweltlicher,  alltäglicher Perspektive keine Außensicht,  kein Grund vorhanden scheint, irgendetwas, was darüber hinaus reichen könnte, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, und man könnte dies schon als deutlichen Hinweis dafür nehmen, daß Existenz  ganz an Empirie gekoppelt zu sein scheint (auch dies eine Unterschreibung des Berkeley‘schen esse est percipi!). Und was es noch  schwieriger macht: Der Illusion kommt ja durchaus noch ihr eigene Existenz zu, wenn auch in stark geminderter Form (als explizierte Existenz), dies zu erkennen entbehrt es aber eben  der Skala, an der man dies festmachen sollte, diese wäre etwa der empirische Vergleich . Die mystische Einsicht in eine Seins-und Existenzstufung ist hingegen fern, die rational diskursive  Einsicht verfügt aus sich heraus über mangelne Vitalität und wird zudem  nur zu gerne als Spekulation markiert, ist in ihrer Intellektualität -neuplatonisch betrachtet- gerade auch seinskonstitutiv und
affimiert  ja gar den Trug des Daseins: “Für Plotin ist die Vielheit die Weise, wie das unterscheidende Denken das ursprünglich Eine und Ganze, das unteilbar Innerliche, begegnen läßt. ” (Volkmann-Schluck) (Ich stelle die Denkform in die Kausalität der gewonnenen Eindrücke. Denken ist  dann von der Sensorik her inhaltlich bestimmt  und geht dieser nicht voran (hier das eigentliche -konstruktivistische-malum unserer  Existenz/siehe dazu  auch Platons Höhlengleichnis).
“Das Denken bedingt so Seinsmomente eines gegenwärtigen Ganzen, keinesfalls handelt es sich um die Hinwendung zu etwas Jenseitigem. Zwar gleitet die Sprache immer wieder in diese Form ab, um ein Anders-Sein zu deklarieren, aber es meint nur die nicht in die Sichtbarkeit getretene Explikation des Einigen Immerwährenden. ” (Volkmann Schluck)
In  energetisch gehobenen Zuständen  hingegen kann auch  eine höhere Einsicht (subjektiv) empirisch, sprich in diesem Kontext auch sensorisch der Erfahrung erschließbar werden. Wie etwa eine Probantin über ihr Erlebnis einer Ufo-Entführung schilderte:
“Es gibt verschiedene Dimensionen und Welten, die innerhalb anderer Welten existieren und es ist wie eine Achterbahnfahrt, wenn man von einer zur anderen gelangt. Man muß die Energie beschleunigen, und dann kommt man in eine andere Dimension, in der die Wirklichkeit eine andere ist. In dieser Wirklichkeit kommt man sich vor, als ob man sich gleichermaßen zusammenzieht und ausdehnt… es ist, als ob man einerseits ein Teil von allem wird, und alles wird Teil von einem selbst .”
(Man beachte hier auch den  solipsistischen Aspekt der Schilderung sowie den Aspekt der Subjekt-Objekt-Relativierung, der für den Aufstieg in den Hypostasen so typisch ist.)
“Es ist so, dass unser normales, waches Bewußtsein, das rationale Bewußtsein, wie wir es nennen, nur eine besondere Abart des Bewußtseins ist, während überall um uns herum, von ihm nur durch einen hauchdünnen Schirm getrennt, vollkommen andere Formen des Bewußtseins liegen.” William James
Fichte sagt : ‘Erhebe über den Schein dich zum Denken, laß von diesem dich ergreifen.’
So herum also der Weg, wie das (Nicht-)Sein das Bewußtsein bestimmt!
Und ein Bezug zur Kunst mit Vjaceslav Ivanov: “…daß die symbolistische Kunst es uns ermöglicht, der inneren Beziehungen und der Bedeutung dessen gewahr zu werden, was nicht nur in der Sphäre des irdischen, empirischen Bewusstseins existiert, sondern auch in den anderen Sphären.”

 

Plotin und Platonismus, Abgrenzung zum Christentum

Ergänzend zur (fundamentalen)  Abgrenzung des Neuplatonismus gegen das Christentum:
Plotin gilt als Begründer und wichtigster Vertreter des Neuplatonismus.
Plotin vertritt einen radikalen idealistischen Monismus.
Plotin versteht sich als Platoniker, als orthodoxer Interpret der Lehre Platons.
In der Betrachtung der dritten Hypostase muß daher auch über das metaphysische Dogma der Präexistenz der Seele sowie über die  Seelenwanderung (Reinkarnation) gesprochen werden.
Dies gilt es auch ungeteilt für den ausgehenden Neuplatonismus, Proklos (200 Jahre nach Plotin) zu bedenken. Proklos tritt ja gerade als Verteidiger der spätantiken Philosophie gegen das Christentum hervor.
Man hat auch die Theurgie dem christlichen Gebet an die Seite zu stellen versucht. Was die Theurgie (also die Erfragung von Hilfe an göttliche oder übersinnliche Geistwesen) betrifft: Keinesfalls handelt es sich hier um Gebet im christlichen Sinne. Es geht vielmehr um Anrufungsformeln zur konkreten Manifestation höherer   Entitäten des “demiurgischen Sektors”  … in dem auch nach Platon der Schöpfergott anzusiedeln wäre, sofern dieser überhaupt seine Existenz als  didaktische Hilfestellung zur Erklärung  des schöpfenden Prinzips (des Nous) übersteigen sollte,  während die eigentliche Gottheit selbst in der Qualität des ganz Anderen (dies ist  in der Ausformulierung  gerade neuplatonisch) transzendiert wird. Allein dies wohl  die zentralste Häresie für einen Christen.
Im Westen verdammt, findet der rituelle Aspekt der Theurgie  über Byzanz übrigens eine gewisse Fortführung und wird für den Westen nicht umsonst von der Theosophie aufgegriffen.

Und mehr Häretisches  (zu Plotins Weg) bei Störig: “Wir begegnen solcher (plotinischer) Mystik überall da, wo mit dem Gedanken der Wesenseinheit der Menschenseele mit dem Göttlichen ernst gemacht …”

Und führ den ausgehenden Neuplatonismus: ” Die athenische Schule des Neuplatonismus, von dem allmählich zur Herrschaft kommenden Christentum …aufs heftigste bekämpft, bildet zugleich den Schlußstein der alten heidnischen Philosophie…”

Die Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie (Metzler) zur gnostischen Grundhaltung des Neuplatonismus:
“Nach H. Jonas (1993) ist Plotin der Repräsentant der Transformation der ursprünglich mythologischen Gnosis in eine philosophisch-metaphysische Form.” (meine Anmerkung: In Anbetracht Plotins Haltung gegenüber der Gnosis, die vor allem in seiner Schrift “Gegen die Gnostiker” zum Ausdruck kommt, aber eine etwas ambivalente Feststellung.)
“Plotin hat über den Neuplatonismus die europäische Geistesgeschichte nachhaltig beeinflußt. Direkte Nachwirkungen finden sich bei zahlreichen Kirchenvätern(z.B. Augustinus);indirekte z.B. bei G. Bruno, A.A.C. Shaftesbury und G. Berkeley; in Deutschland sind vor allem J.G.v. Herder; F.H. Jacobi; F. Hemsterhuis und D. Tiedemann, ferner J.W. v. Goehte, Novalis, F.W.J. Schelling und F. Creuzer zu nennen. G.W.F. Hegel sah in Plotin die Vollendung der griechischen Philosophie.”

Indifferenz, spirituelle Findung

Kurt Flasch: “Glaubensverkünder drängen auf Entscheidung. Wer nicht für sie ist,sagen sie, sei gegen sie. Sie gestatten nicht den unorganisierten prüfenden Zuschauer. Philosophen des 20. Jahrhunderts haben Kierkegaards Analysen aufgegriffen und werteten Indifferenz als uneigentliches Leben. Aber manchmal ist Indifferenz empfehlenswerter als Engagement. Wer Entscheidung fordert, verpönt das Spielerische des bloßen Dahinlebens, er rät zu Ernst und Eigentlichkeit.”

Indifferenz kann hier genauer auf zweierlei Weise behandelt werden. Im negativen Sinne  ist sie einfach  Ausdruck von Ungeistigkeit oder geistiger Bequemlichkeit (die sich aber gerne einen eleganteren Namen zulegt, so etwa den der ‘Agnosie’ ). Das “Dahinleben” ist hier kein spirituelles  “Im Moment sein”, kein bewußtes Leben. Marie von Ebner Eschenbach sagt:-“Nur der Denkende erlebt sein Leben, am Gedankenlosen zieht es vorbei.”
Und genauer betrachtet zieht das Leben somit am Christen vorbei, denn der Christ hat sich die Gedankenlosigkeit -allerdings nicht in ihrer kontemplativen Ausprägung- zum eigentlichen Prinzip erklärt, denn das Christentum meint-einfach gesagt-  ein System der Nachfolge, ist dabei ganz eine Anschauung des Herzens (geworden), und steht eben nicht in der tätigen geistigen Auseinandersetzung und Durchdringung, daher auch der christliche philosophische Anspruch gerade  einen unvollständigen Platonismus bei Augustinus oder etwa die zirkelschließerische Denkart bei Thomas Aquin hervorbringen kann, denn zuletzt geht es nur um einen  Nachvollzug des Offenbarten, und dieses Vorgehen ist zuletzt nicht als ‘geistig’ im Eigentlichen zu erachten, da der Intellekt  hier auf reine Akzeptanz, also auf seine Selbstbeschränkung abstellt und sich  seinem freien und schöpferischen Selbst entfremdet hat.  Schelling sagte: “Wir fordern höchstes Leben, freiestes eigenstes Daseyn und Wirken ohne Beengung oder Begrenzung des Absoluten.”
Indifferenz kann aber auch im positiven Sinne  eher als Distanz zu einer vorschnellen oder unreflektierten Zusage an etwas als absolut proklamiert Vorfindlichem, wie also die sogenannten Offenbarungsgehalte, verstanden werden. Nicht -und hier möchte ich über Flasch hinausgehen-, weil man  einer Offenbarung per se die Möglichkeit eines Ewigkeitscharakters absprechen möchte, sondern weil ihr Ausdruck und Vollzug, ihre Konkretion positiv besehen  lediglich als eine Erklärungs-Option, im Negativen aber  als Willkür oder gar Betrug erkannt wird. Hier wird Indifferenz eher zum Signum kritischer und im weiteren Zuge progressistischer Vorgehensweisen. Und gerade dies darf religiös genannt werden, die Apostasie ist sozusagen Teil  der dialektischen Bewegung   im Sinne einer Rückexplikation (des göttlich Emanierten), einer Aufwärtsbewegung, die sich in der tätigen Entkleidung, in der Entschleierung, im zunehmenden Ausschluß allen  Irrtums als positives Bekenntnis im Sinne einer Findung definiert.
Madame Blavatsky : “Wenn irgendwo, in der Linie des Aufstiegs von der Pflanze oder dem Rädertierchen bis zu dem edelsten Menschen eine Seele entwickelt wurde, begabt mit geistigen Fähigkeiten, so kann es nicht unverständig sein, zu folgern und zu glauben, daß eine Fähigkeit der Wahrnehmung auch im Menschen im Wachsen ist, die ihn mit der Zeit befähigen wird, Tatsachen und Wahrheiten selbst jenseits unseres gewöhnlichen Gesichtskreises zu erschauen. Wir zögern jedoch nicht, die Wahrheit von Biffe s Behauptung anzuerkennen, dass das wesentliche immer dasselbe ist. Ob wir den Marmor, der die Bildsäule im Blocke verbirgt, nach innen zu behauen, oder nach außen hin Stein auf Stein setzen, bis der Tempel vollendet ist, unser neues Ergebnis ist nur eine alte Idee. Die letzte aller ewigen Wahrheiten wird die ihr beigeordnete andere Hälfte in der ersteren selbst finden.”
Bestätigt dieses Zitat auch indirekt die Ewigkeit und Zeitlosigkeit eines Offenbarten, so betont sie jedoch zugleich die Notwendigkeit der tätigen Findung.  Und dies ist ganz gnostisch und platonisch. Die Entscheidung meint hier eine  positive  Bestimmung in der fortwährenden Abscheidung des Falschen.
Diese Haltung  prägt übrigens auch eine exoterische oder politische Implikation: “Jeder Tag bringt die Reaktionäre ihrem Punkte näher, wo sie ihre despotische Autorität über das öffentliche Gewissen niederlegen müssen.” (Madame Blavatski)

Unentschieden christlich

Kurt Flasch: ” Je mehr Unwahrscheinliches der Glaubensbote als faktisch geschehen behauptet, je mehr Geheimsisse er predigt, um so göttlicher, abenteuerlicher, integraler und ehrwürdiger klingt die Glaubensbotschaft. Um so verdienstlicher erscheint es, seinen Verstand in die Gefangenschaft des Glaubens zu geben. Ich als Zweifelnder lasse fromme Erzählungen als Fabel gern gelten und sage mit Goethe:
“So was freut mich alten Fabler:
Je wunderlicher, um so respektabler.”

Diese Aussage  ist -bei meiner Symphatie – aber doch etwas bemerkenswert für  einen Meister Eckhart Spezialisten wie Kurt Flasch.  Denn er kann ja wissen, daß einer  höchsten Transzendenz
(Göttlichkeit) und Heiligkeit gerade in der Sprache der negativen Theologie, in der Abkehr von jeder Konkretion und Attribution  erst ihre wirkliche  Integralität zugesprochen wird. Das Abenteuerliche und ‘Fabulöse’ hingegen (das freilich als metaphysische Realität verstanden werden darf), bei Meister Eckart als ” Umkreis der Ewigkeit” benannt,   ist seinerseits (hierin verwandt der ‘profanen’  Raumzeit) -wie verwunderlich es seiner Erscheinung nach auch sein mag-  immer nur Bildhaftes  höherer oder unbekannter Welt und Seinsart, ist damit  noch ganz im Streben, da ja außerhalb der ewigen und letzten Bestimmung und also außerhalb der unnennbaren Univozität von (bzw. vor) aller Erscheinung, dort, wo nach Meister EckhartEngel und Insekten eins sind“, wo also jede (perzeptive) Explikation an ihren endhaften Telos gekommen ist. Hier ist wahrlich eine höchste Stufe der Abtraktion, die nicht mehr anschaulich ist, die sich förmlich entzieht, die also vielmehr bemüht ist auszudrücken, was sie nicht ist, denn was sie ist, und so -insofern verstehe man die etwaige Abneigung (oder Nicht-Attraktion) – dem Ruch  unterliegt, kein Reservoir mehr  für jegliche Form spiritueller Projektion oder sakraler Erwartung zu bieten.
Im Apokryphon des Johannes wird gesagt:
Denn er existiert nicht in irgendeiner Form, denn alles existiert in ihm,”
“Er ist nicht in Vollkommenheit noch Seligkeit noch in Göttlichkeit, sondern er ist weitaus vorzüglicher.”
Die Kirche aber stößt das Fabulöse gerade nicht wegen solcher Zuwendung zu einer superlativen Totalität des Transzendenten  ab,  sie proklamiert ja schließlich -auch wenn sie hierin gerade heute vage bleibt- nicht ein solches Gottesbild,  sie bewahrt dennoch ihren Anthropomorphismus durch den Narrativ  vom Sohn und ebenso (gerade vom alttestamentarischen) Vater. Sie unternimmt diese Unterlassung viel eher aus der Sorge der Inkompatibilität, sie mag nicht zu viel der Angriffsfläche für Argumente bieten, die seit der historisch kritischen Methode nicht  mehr ohne  größte Mühe (oder gar nicht mehr) abzuwehren wären. Insofern ist ihre Weltzuwendung auch Ergebnis einer Diskurs-Auslassung und -vermeidung,  so auch  Signum einer von  Bequemlichkeit und Fluchtreflex geprägten Grundhaltung. (Karl Jaspers sprach in dem Kontext auch vom Ende des Gespräches.)  Durch das In der Welt Sein Jesu, durch die totale Betonung seiner  praktischen Ethik (und einhergehend der Abgabe der Rede von den übersinnlichen Seinbestimmungen und -beschreibungen) wird diese Vermeidung heute sogar  in Unauffälligkeit “positiv” vollziehbar.

Wie  klar und und ohne Unentschiedenheit  in der Bestimmung der (letzten) Sakralität  dagegen folgender  neuplatonische Satz (hat Flasch nicht das -Augustinische als verunglückten Neuplatonismus bezeichnet?): Die Seele, die bei ihrem Rückzug im Vollzug der Selbstbesinnung auf die in sich geeinigte Ganzheit des Nous blickt, darf daher nichts mitnehmen von Vorstellungen aus der zerstreuten Sinnessphäre, die zerstreuend ist. Erst im Geist wird der Bezirk erreicht, von dem aus das schlechtthin ungegenständliche Sein des Einen zugänglich wird.  Sein Innewerden zwingt zum Rückzug des Denkens aus der Vielheit seines Gedachten in eine neue Einheitsdimension von seinspezifischer Andersheit.

 

Gnostische Kosmogonie

Aus den Schriften Nag Hammadis und dem koptischen Kodex Berolinensis folgende  gnostische Kosmogonie:
“Der mannweibliche, unbekannte, unnennbare und unfaßbare Gott, der Vorvater, ist vor allem. Aus ihm geht alles Entstandene wie aus einer Quelle hervor. Aus dem Vorvater stammt der Vater, der Mensch, der sechs mannweibliche Wesen, die Götter der Götter mit ihren Wirkungsräumen schafft, die wiederum Wesen mit immer niedrigerer Seinsqualität hervorbringen. Neben diesen göttlichen Wesen schafft der Vater ein weiteres mannweibliches Wesen, seinen Sohn, den Sohn des Menschen, der seinerseits den zweigeschlechtlichen Sohn des Sohnes des Menschen emaniert. Dieser ist der Erlöser. Die obere Welt wird durch die Freude der Wesen konnsituiert. Die Pistis Sophia, die weibliche Paargenossin des Sohnes des Sohnens des Menschen, läßt jedoch eines Tages ohne Übereinstimmung ihres männlichen Paargenossen ein Wesen entstehen, das infolgedessen makelhaft und verfehlt ist. Dieses Wesen ist Jaldabaoth, der die irdischen Himmel und die Welt der Menschen beherrscht. Er und seine sechs Engel sind hochmütig, da sie sich fälschlicherweise für Gott halten.Aus Feindseligkeit der oberen Welt gegenüber halten sie den Menschen, der aus Fleisch, Seele und Geist besteht, in Unwissenheit. Der Paargenosse der Pistis Sophia, der Erlöser, sendet einen Lichttropfen in die Seele des Menschen, so daß dieser aus seiner Unwissenheit erwacht und Jaldabaoth und sein Reich entlarvt und beschämt.”

Zur Mystik und zu Meister Eckhart

Bertholet,  Wörterbuch der Religionen:
“Mystik ist eine Erscheinung, die weder an Zeit noch Ort gebunden ist: sie redet die Sprache aller Religionen, aber keine Religion ist ihr wesentlich …”
“…verschiedene Äußerungsformen des mystischer Grundtyps- Im einzelnen vergleiche Brahmanismus, Taoismus, Orphiker, Neuplatonismus, Sufismus, Angelus Silesius, Bernhard von Clairvaux, J.Böhme, Bonaventura, Eckehart, Seuse, Tauler, Tersteegen, Hl.Theresa von Avila , u.a.”

Zu Meister Eckhart:
Kurt Flasch wirft die Frage auf, ob Eckhart Mystiker oder Philosoph genannt werden könne (und entscheidet sich dann für letzteres).
Weischedel hat hingegen diese Frage schon 1966 folgend beantwortet. Er kennzeichnet Eckeharts Methode als “mystisches Philosophieren”.
Eckart: “Soll man nicht ungelehrte Leute lehren, so wird nie jemand lehren und schreiben. Denn darum belehrt man die Ungelehrten, damit sie aus Ungelehrten zu Gelehrten werden.” Insofern ist Eckart noch eher ein Mystagoge zu nennen. Dies obwohl seine Mystik gar keine eigentliche Anleitung kennt, sondern diese nur im Verständnis, in der Einsicht und durchaus im praktischen Vollzug seines zentralen Anliegens besteht, das sich folgend zusammenfassen läßt: Der Mensch ist nur als Gott. Und nur dann IST er, existiert er im eigentlichen Sinne, nach Abzug aller nichtigen Attribution hat er folglich  die conditio humana überwunden und ist in einer letzten, unbenannten -Gott meinenden- Univozität aufgegangen. Eckharts Mystik meint ganz und gar   die Bewußtwerdung und den Vollzug dieses Sachverhaltes.

In diesem Sinne auch weiter Weischedel: “Eckehart geht über diesen für alles christliche Denken selbstverständlichen Gedanken (daß Gott das Sein ist) noch hinaus.” Eckhart: “All unser Wesen liegt in nichts als in einem Zunichte werden.” “Gott ist eine überwesende Nichtheit.” “In diesem Einen sollen wir ewiglich versinken von Nichts zu Nichts.” Und: “Alle Dinge sind Gott selber.”

“Inhaltlich greift Eckhart in zentralen Punkten über Thomas von Aquin hinweg auf die neuplatonische Tradition zurück, statt der thomasischen “analogia proportionalitatis”, nach der das Sein der Kreaturen Anteil hat am Sein Gottes, lehrt er eine “analogia attributionis”: Das Sein der Kreaturen IST das Sein Gottes, es ist völlig und immer neu abhängig vom Sein Gottes, denn “die Kreaturen sind -in ihrer Kreatürlichkeit – ein reines Nichts”.  Auch die zentrale Frage nach dem Verhältnis von Sein und Erkennen in Gott, mit der Eckhart sich schon 1302 auseinandersetzt, kann er daher neu beantworten: Nicht weil Gott ist, erkennt er, sondern weil er erkennt, ist er. Alles Sein wird somit in Gott transzendiert, oder – so lautet die “mystische”, keineswegs aber pantheistische Konsequenz -Gott wird immanent erfahrbar.” (Joachim Theisen)

Eckhart: “Solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleicht, solange wird er diese Rede nicht verstehen.”

H.J.Störig über Eckehart: “Mystik als Geisteshaltung ist nicht zeitgebunden.”

Eckhart:” Die Gottheit wirket nicht, in ihr ist kein Werk.”

“Die enge Verklammerung, in die religiöser Glaube und Weltweisheit durch Albert, Thomas und andere gebracht worden waren, hatte nicht nur der Philosophie durch die scholastische Unterordnung unter theologische Zwecke eine Fessel angelegt, sondern auch dem Glauben durch seine Bindung an die im Grunde ganz weltliche Weisheit des Aristoteles.” (ohne Quelle)

“Die Philosophie Eckharts ist in formaler Hinsicht nicht mit den großen Systemen der Scholastik zu vergleichen.” (ohne Quelle)

“Eckeharts großer Grundgedanke ist die alte mystische Lehre von der Einheit Gottes und der Menschenseele.” (ohne Quelle)

Ein Brückenschlag zu den östlichen Philosophien: Eckhart: `Du sollst allzumal entsinken deiner Deinesheit und sollst zerfließen in seine Seinesheit und soll dein Dein in seinem Mein ein Mein werden also gänzlich, daß du mit ihm verstehest ewiglich seine ungewordene Istigkeit und seine ungenannte Nichtheit´
Erreicht die Seele diesen Zustand, indem sie alles ausscheidet, was sie von Gott abtrennt, so wird sie Gott gleich. Die Seele erhebt sich in diesem Zustand über Raum und Zeit. Sie erkennt, daß das allem zugrunde liegende Wesen nicht zeitliche Vergänglichkeit ist, sondern ewige, zeitlose Gegenwart.”

Glasenapp : “Es besteht kein Zweifel darüber, daß…das religiöse und mystische Moment in Europa eine Rolle gespielt hat, die derjenigen in Indien in vielem entspricht.” “Indische und abendländische Philosophie stimmen miteinander darin überein, daß sie ihre Entstehung ursprünglich blutsmäßig einander nahestehenden Völkern verdanken, und daß ihre Hauptwerke gleicherweise in indogermanischen Sprachen abgefasst sind.”