Category Archives: Philosophisches

Gnosis, ethische Selbstbildung

Aufgrund der theistischen Schroffheit der Trennung zwischen Erschaffer und Geschaffenem stellt sich die Kondition des Menschen als die eines Untertanen dar, dessen Wohl oder Wehe ganz und gar in der Hand seines Vormundes liegt. Dabei hat es die Theologie sicherlich viel gekostet, der Frage nach dem Gnadenanteil und dem Teil der Eigenverantwortlichkeit für den christlichen Erlösungsweg nachzukommen, und es ist ihr bis heute keine befriedigende Erklärung  gelungen. Vielmehr   hat sie sich ein Dilemma erschaffen, denn nimmt man von Gott zu viel  seiner tätigen Gnade,  legt  man zuviel Potenz   in die Hände des Untergebenen. Macht man aus der Erlösung aber alleine eine Frage der göttlichen Nachsicht, wird die Forderung nach dem Ethischen  hinfällig. Dieser Widerspruch muß gnostischen Systemen fremd bleiben, da sie schließlich keinen Gnadenweg kennen, sondern aufgrund der ontologischen Verbundenheit des Einzelnen mit dem höchsten Prinzip  den überspannenden Topos der Eigenverantwortlichkeit und der ethischen Selbstbildung als inhärenten Part eines transzendierenden Erkenntnisprozesseses  in den Mittelpunkt ihrer Lehren stellen (denn schließlich ist außerhalb dieser einen verbindenden Qualität niemand  da, der für das Seelenheil Zuständigkeit übernehmen könnte.) :
Für den Platonismus/Neuplatonismus:
“Nicht die schmerzvolle und anstrengende Selbstbildung anhand des Göttlichen (Gesetzes), sondern bloße Taufe und Nachfolge im Glauben wird von den Christen verlangt -Ausdruck einer “Demokratisierung der Erlösung, aber gleichzeitig Selbstverlust und Verlust der Anbindung an das Göttliche -“Gottlosigkeit” ist die Folge.”
(Detlev Weigt)
Für den indischen Raum:
“Erwachet recht! Warum erwacht ihr nicht? Ist man erst dahin, so ist das Erwachen wahrlich schwer. Die Tage kehren nicht wieder, nicht leicht erlangt man wieder ein Leben als Mensch.”

(Mahavira)
Für die christliche Gnosis:
“Wer die Auferstehung bereits zu Lebzeiten nicht erfährt, der hat nach seinem Tode nichts zu erwarten.”
(Jesuswort aus dem Apokryphon von Nag Hammadi )
Und also  treffend  Arthur Schopenhauer:
“Die katholische Religion ist eine Anweisung den Himmel zu erbetteln, welchen zu verdienen zu unbequem wäre. Die Pfaffen sind die Vermittler dieser Bettelei.”

Porphyrios, Gegen die Christen

Einige Kernsätze aus einer Abhandlung über das Werk “Gegen die Christen” des Neuplatonikers Porphyrios, das aufgrund kirchlicher Bücherverbrennungen nur rudimentär in den Abwehrschriften verschiedener Kirchenväter tradiert ist:
“Die Zerstörung der heidnischen Tempel, die Verfolgung der heidnischen Opferriten sowie die physische Verfolgung heidnischer Priester und Philospohen riß ein Loch in die Kontinuität der antiken Geschichte und implementierte ein psychisches Trauma, indem die vorherrschenden pluralen und polyvalenten Erlösungswege einer hegemonialen, amtlich monopolisierten und doktrinären allein seligmachenden Religion geopfert wurden.
(529 schloß Justinian die Philosophenschule von Athen und beendete so die heidnische Philosophietradition).”
“Der Neuplatoniker vereint in sich Wissen, Glauben und “Erlösung” und schöpft seine psychische Kraft aus der Teilhabe und dem stufenweisen Einswerden mit dem göttlichen Logos, dem Logos als Gottheit: Die Substanz des Platonismus sei nach Dörrie “die religiös empfundene, theologisch begründete Bindung des Philosophierenden an das Mysterium des Logos, der seit Urzeiten und ohne Anfang die Welt durchwaltet, der alles Werthafte in ihr hervorbringt.” (Detlev Weigt)
“Die Christen aber sind “den blind machenden logia ihres Heros Christus derart verfallen, daß sie nie wieder zur Logos-Erkenntnis kommen können.” (Porphyrios)
“Dies aber, weil sie Christus falsch verstanden haben.
Das Interesse und die Vorsehung der Christen bezieht sich nur auf die Menschen, die Christus nachfolgen; alle anderen, auch die unvernünftigen Tiere und der (göttliche) Kosmos , deren Interesse Porphyros durchaus mit ausdrücken möchte, fallen für die Christen aus der göttlichen Vorsehung heraus . Dies ist neuartiger Anthropozentrismus im Gegensatz zur Antike, die das Ganze der Welt, den Kosmos und alle seine Bewohner für göttlich hält.)
(Detlev Weigt)

“Die antike Philosophie steht im Widerspruch zu Vorstellungen einer Weltschöpfung aus dem Nichts und einer Weltvernichtung. Die Welt ist ewig in ihren eigenen Zyklen, ja sie selbst ist Ausdruck und Erscheinungsform des Göttlichen. Der Weltschöpfer dagegen, auf den zumal die Kritik an der Welt zurückfällt, steht in Distanz zur Welt und entwertet sie zur Schöpfung -anstößig und unsittlich!”
“Als Adressaten der christlichen Botschaft sind die Unmündigen bestimmt, umso unverständlicher ist der rohe und nebelhafte Sinn der Gleichnisse.”
(Detlev Weigt)

“Nicht um Auferstehung des Leibes soll der Mensch flehen, da sie weder möglich noch wünschenswert ist, sondern um Erkenntnis und Reinheit der Seele.” (Porphyrios)

“Einige (gelehrte Christen) haben, von dem Wunsche geleitet, nicht etwa eine Abkehr von den erbärmlichen Schriften der Juden anzubahnen, sondern eine Lösung zu finden, zu Deutungen ihre Zuflucht genommen, welche indes, da sie in sich widersprechend und mit dem Wortlaute (des Textes) unvereinbar sind, nicht so sehr eine Verteidigung jener fremdartigen (abstrusen) Dinge, als vielmehr eine Bestätigung und ein Lob ihrer eigenen Wissenschaft enthalten. … Diese Unvernunft hat ihr Vorbild in jenem Manne erhalten, mit dem auch ich in früherer Jugend einmal bekannt geworden bin, nämlich Origines, …ein Grieche und in griechischer Bildung aufgewachsen, verirrte sich zu dem fremdländischen Tollwahn (des Christentums), stellte seine Person und seine Bildung zu seiner eigenen Schande in dessen Dient und lebte fortan beständig den vaterländischen Gesetzen zuwider nach Christenart.”(Porphyrios)

 

Freiheit und Politik

“Der allgemeine Wille ist bedingt durch den individuellen,  nicht der individuelle durch den allgemeinen. Die Form des allgemeinen Willens ist Freiheit überhaupt, die Materie Moralität. Also ist Freiheit nicht abhängig von der Moralität , sondern Moralität von der Freiheit. Nicht weil und insofern ich moralisch bin, bin ich frei, sondern weil und insofern ich frei sein will, soll ich moralisch sein. “
F.W.Schelling
In dieser Ergänzung um den Begriff der Moralität findet Montesquieus aufklärerisches Wort seine befriedigende Sinngebung:
“Politische Freiheit ist das Recht, alles zu tun, was die Gesetze erlauben.”
Und Kant: “Alle Politik muß ihre Knie vor dem Recht beugen.”
Folgt man dem heutigen politischen Geschehen, das in seiner  aktuellen Beschleunigung das eigentliche Diktum der deutschen Demokratie offenbart, nämlich ihre (transatlantische) Lenkung, ihre von Außen überwachte  ideologische  Zielgerichtetheit und somit folgerichtig ihre Unfähigkeit, offenen politischen Wettstreit sowie Opposition zu dieser Verordnung  zuzulassen, und also die politische Auseinandersetzung in Wahrheit nur einen pseudodiskursiven  und selbstreferentiellen Charakter aufweist, muß man nahelegen, daß der Begriff der Freiheit, weil ihm eben nur im Selbstbezug der vorgeformten Ansichten überhaupt eine Legitimität zur Artikulation zuerkannt wird, aus dem Kontext des Politischen weitgehend entfernt wurde. Es ist aber nun Aufgabe, die die  Verantwortung vor dem europäischen,  geistigen und real-geschichtlichen Erbe einfordert, diese Freiheit wieder herzustellen, dabei  im selben Streich die Beschneider der Freiheit zu exponieren und jene vor allem der Lüge zu entlarven und ihnen so zu versagen, daß gerade sie sich unverschämter- wie  paradoxerweise weiterhin als die Exponenten der Freiheit darstellen können.

 

Wissenschaft, Religion, Teilhard de Chardin

“Der Augenblick ist gekommen, sich endlich bewußt zu werden, daß jede Interpretation des Universums, sogar die positivistischste, um befriedigend zu sein, nicht nur die Außen-, sondern auch die Innenseite aller Dinge berücksichtigen muß, den Geist im gleichen Maße wie die Materie. Die wahre Physik ist jene, der es eines Tages gelingen wird, den Menschen in seiner Gesamtheit in ihre kohärente Darstellung der Welt zu integrieren.”
Teilhard de Chardin
Die Ansicht Chardins scheint indes eine uralte zu sein:
Thomasevangelium, [Logion 89]: “Weshalb wascht ihr die Außenseite des Bechers? Erkennt ihr nicht, daß der, der die Innenseite schuf, auch der ist, der die Außenseite schuf?”
Die Herausforderung besteht also andererseits auch  in der Bestimmung der “wahren Religion” und somit darin, Erklärungsansätze jenseits ihrer Kategorisierung als “religiös” -im Sinne von nicht-wissenschaftlich-  vielmehr als Versuch eines Mittlers, eines “Mitteilers” zu interpretieren,  eine Klärung über die Seinsverhältnisse vermittelt zu haben und dabei als zentrales Anliegen ursächlich aller  Erklärungssysteme den zentralen Begriff der Wiederherstellung  der (evolutorischen) Findung einer Ganzheit zu formulieren: Der Komplettierung nämlich der fragmentierten und verkürzten Bewußtheit über die Seinsverhältnisse durch die Klärung  der  Unbestimmtheit des Materiellen wie die im normalen Raumzeitlichen vage bleibende Anbindung des Materiellen und dessen Wesensart an das Über-Materielle.  Die ursächlich-religiöse (also schamanische) Haltung und Handlung  ist in diesem Kontext durchaus als die eigentliche Form einer  archaischen Wissenschaftlichkeit  bezeichenbar, da sie auf die Bestätigung durch eine “metaphysische Empirie” zurückgreifen kann. Die (kulturell bedingte) Institutionalisierung  der gewonnenen transzendenten Inhalte  zur personalisierten Form, die zur  Devotion geeignet -und bestimmt-  wurde,  wie gerade in den abrahamitischen Religionen sichtbar- hat aber diesen  Impetus zur  Teilhabe am Wissen  völlig unkenntlich gemacht, hat keinerlei Interesse mehr an der Seinsbestimmung, sondern hebt aufgrund dieses Bruches,  aufgrund dieser ontologischen Verweigerung  alleine noch auf das Ethische (als ursächlich zwangsläufige Direktive eines umfassenden Seins-Verständnisses)  ab ,  da nun “religiös ” nicht mehr Klärung meinen kann und so kein Raum mehr für   erkenntnisgeleitete und  erkenntniserweiternde -somit  transzendierende-  Inhalte zur Verfügung gestellt ist.

Beeinflussungen, Dieter Broers

Dieter Broers:
“Zunehmend findet die These Beachtung, daß unser Bewußtsein deformiert sei durch kulturelle Einflußgrößen. Dazu gehören Ideologien, Medienwirklichkeiten, Informationszirkel.”

“Was die künstliche Matrix betrifft, so sehen wir in den menschengemachten Programmen , die unser Bewußtsein unterwerfen, eine Ausprägung der dunklen, luziferischen Energie.”

“Und …haben wir es heute …mit Barbituraten zu tun, die uns von unserer Bestimmung ablenken. Neben der Fixierung auf ökonomische Werte gehören dazu die narkotische Wirkungen von Fehlinformation, Unterhaltung und Ideologie.”

“..wiegt sich möglichwerweise in der Sicherheit, durch medial vermittelte Information Aufschluss über die Wirklichkeit zu erlangen. Ein fataler Trugschluss, denn die veröffentlichte Meinung bewegt sich in den engen Grenzen des Mainstreams . Er ist so beschaffen, daß alles auf die Bestätigung der künstlichen Programme hinausläuft. Ein selbstreferentieller Kreislauf beginnt, der alles ausschließt, was nicht zur Matrix der Herrschenden paßt. Nur was mit dem System harmoniert, dringt in die Öffentlichkeit, alles andere wird von vorneherein als Störfaktor aussortiert. “

“Die Herren der künstlichen Matrix haben offenbar immensen Einfluß auf die Unterhaltungsindustrie. Diese ist es, die die Menschheit heute am stärksten mit dunklen Energien versorgt. Aus keinem anderen Bereich kommen derart viele Impulse, die uns tendenziell degenerieren und zerstören.”

(“In der Vorquantenära ging man noch davon aus, daß sich die Welt außerhalb von uns in einem festgefügten und von uns unabhängigen Zustand befinde.”)

Die besondere Relevanz liegt nun darin, daß die Mehrheit der Menschen sich offenbar  leicht unter diese skizzierten Macht – Mechanismen zu beugen bereit ist. Auf der einen Seite verortet sich die Partei, die den Narrativ -also die  Erzählung über Vergangenheit und Gegenwart- (medial) implementiert und somit die Agenda einer sich daraus ableitenden eigenen zweckgeleiteten Zukunft verfolgt, und auf der anderen Seite steht der hierfür notwendige Adressat, der erst durch seine Rezeption den Narrativ lebensfähig macht-  also die Masse des (vermeintlich) machtlosen  Konsumenten. Durch seine Lebenspragmatik wie durch seine soziale Atomisierung ist er nicht zum Entwurf  befähigt, sondern lebensbestimmend  ist ihm allein die Arbeit zum Broterwerb bzw. das Interesse an der Gewährleistung seiner  ökonomischen Rahmenbedingungen, innerhalb seiner verbliebenen zeitlichen Refugien sucht er nach (Pseudo-)Kompensation durch Unterhaltung, wodurch   die Fremdbestimmung   ihre weitere  -und entscheidende- Fortsetzung findet und er die Reduktion der eigenen Potentiale aufgrund von multipler Ablenkung verfestigt (Zerstreuung im Sinne des Wortes, als das Gegenteil von Sammlung). Auch  durch den Wunsch nach sozialer Anbindung, durch das sich Gemein-Machen in Gesellschaften kommt es in aller Regel zur verstetigten Entfernung von den eigenen Determinanten, so daß  die Entfremdung vom Selbst kaum einen Moment zur Erprobung autarker Denkbewegungen zuläßt.
In diesem Sinne nochmals Broers:
“Es muss daher darum gehen, den Geist von seiner Last zu befreien, sich gedanklich auf Trivialitäten zu konzentrieren, wie sie während des Alltags absolviert werden.”
(Dies als erste Voraussetzung zur geistigen Selbstständigkeit, die überhaupt erst zur Hinterfragung herrschender Narrative in die Lage versetzt.)

 

Einordnungen

In einem Artikel der Vorsitzenden des Zentralrates der Ex-Muslime über eine  (Kinder)- Ausgabe eines führenden Nachrichtenmagazins, in dem sogar Verschleierungspraktiken für die Frau, wie etwa  die Totalverschleierung mittels  Burka  unter dem Schlagwort “Das trägt Frau” mit quasi positiver Konnotation nahegebracht werden, findet sich folgendes Zitat: “Alle Mitbürger in Deutschland, denen die universellen Menschenrechte und insbesondere die Gleichberechtigung von Mann und Frau wertvoll sind, rufen wir auf, gegen eine derartige märchenhafte Schönfärberei aktiv zu werden. “
Folgende Einordnungen hierzu:
Nach einer hergebrachten -“holzschnittartigen” (C.Bochinger)- Definition ist es  üblich, “regressiv” und “reaktionär” als “rechts” und “progressiv” als “links” zu charakterisieren. In diesem Feld verortet sich  auch folgende Aussage des Bundesinnenministeriums zum Thema “Rechtsextremismus und Esoterik”: “Unter demokratie- und extremismustheoretischen Gesichtspunkten ist hierbei der entscheidene Faktor, ob dabei die Elemente einer Ablehnung der Aufklärung und der Werte der kulturellen Moderne…sowie der Rationalität beiden Richtungen gemeinsame(Denk)Strukturen bieten.”
Nach dieser Maßgabe fällt es eigentlich nicht mehr schwer, dem Islam seinen ideologischen Platz zuzuweisen.  Das Frappierende dabei ist, daß die verschiedenen  Leitmedien keine ausreichende Bereitschaft zur Distanz zu  dessen antiaufklärerischen und und regressiven Implikationen aufzubringen bereit sind, im Gegenteil protegiert man diese sogar.  Die Medien des linksliberalen Mainstreams erweisen sich somit einen Bärendienst, weil sie damit ihren eigenen Anspruch konterkarieren (so er überhaupt noch Gültigkeit hat-oder existiert hier gar eine Affinität zwischen totalitären Denkweisen?).
Nachsatz:
Und bereits ein  Blick auf einige Sätze der Faschismusdefinition von Umberto Eco zeigt, daß diese Einordnung ihre Berechtigung hat:
“Das erste Merkmal des Urfaschismus ist der Traditionskult.”
“Der kritische Geist macht Unterscheidungen. In der modernen Kultur lobt die Wissenschaft mangelnde Übereinstimmung als nützlich für die Bereicherung des Wissens. Für den Urfaschismus ist fehlende Übereinstimmung Verrat.”
“Traditionalismus impliziert die Ablehnung der Moderne.” “Irrationalismus ist auch abhängig vom Kult der Aktion um der Aktion willen.”

“Im Urfaschismus gibt es keinen Kampf ums Überleben – das Leben ist nur um des Kampfes willen da.”
“In einer solchen Perspektive werden alle zum Heldentum erzogen.”

Platonismus, Konstitution des Seienden

“Die Unkörperlichkeit der Denkgestalt machen nun die Idealisten zur Grundlage ihres Begriffes vom Sein. Sie haben den Materialisten gegenüber die Überlegenheit, die Seinsart des Unkörperlichen ins Bewußtsein zu erheben und das Körperliche in seiner Nichtigkeit zu durchschauen.” [Karl Heinz Volkmann -Schluck]

Zur Konstitution des Seienden und dem Anteil der Seele an der Entstehung des Seienden -wie ich ihn bereits an anderer Stelle  dargestellt habe – (Alles lebt und webt in der Weltseele, der Trägerin dieses Prozesses der Selbstentfaltung…und die Materie ist Geist, welcher der endlichen Vernunft als Materie erscheint infolge der Beschränkungen, die ihr anhaften durch Raum und Zeit. Raum und Zeit sollen für Platon keine objektive Bedeutung gehabt haben.)

Nun Volkmann Schluck:
“Das Erkennen des Seienden durch die Seele ist ein Tun, das Erkanntwerden des Seienden ist ein Erleiden. Nicht nur Ständigkeit gegenüber dem Wechsel der Sinnesdinge, sondern auch eine im Erkennen liegende Bewegung gehört zu dem Seienden.”
“Der Seinsbegriff der statischen Form wird an der notwendigen Mitgegebenheit der Seele mit dem Seienden problematisch und erweist sich als unzureichend.”

Und zum Nichtsein (des Sinnlichen als “unterster Anhang” der seelischen Erfassung der vor-sinnlichen Ideen) – bei Plato kommt dem Sinnlichen ein “relatives bzw. ein Quasi- Nichtsein” zu : “In der Frage nach dem Nichtsein, die (vor Plato) ohne Antwort geblieben war, lag als geheimer Grund des Mißlingens ein falsches Vorwissen vom Sein. Der Sinn des Nichtseins ist nicht Vernichtung des Seinsgehaltes, Minderung der Wirklichkeit von etwas, sondern es ist selbst eine Weise der Sichtbarkeit des Seienden, das sich immer als unterschiedene Vielheit zeigt.”

 

Platon, Mathematik

Peter  Sloterdijk brachte  in einem Gespräch zum Ausdruck, daß “Platon und die Seinen die vollkommene ontologische Ernsthaftigkeit von Ideen begriffen hatten.” Und weiter: Anhand der Mathematik spricht er von “logischen Entdeckungen von einem ungeheuer kristallinen Härtegrad” und von einer “Einwanderung von Wahrheit aus einer unbekannten Sphäre in die Menschenwelt.”

In meinem Artikel  “Platon und Naturwissenschaft” sprach ich mit gleicher Intention von Folgendem:

“…daß die Mathematik ja gerade an der “Nahtstelle” des Raumzeitlichen zum Überraumzeitlichen operiert und hier an sich nicht die Grenze menschlicher Erkenntnis offenbart, sondern vielmehr die -über-deterministischen- Faktoren, die im (höheren) Naturgeschehen (“geistige Hypostase”) selber liegen, zu Tage fördert. Die Herleitungen der Mathematik sind in dieser Hinsicht als Symbol (und Evidenz!) für die Befähigung des Menschen zu verstehen, (qua Intellekt, qua Intuition -durch seine Teilhabe an dieser Hypostase) seine subjektive Annahme über die Sinneswelt (und so über sich selbst als Subjekt) übersubjektiv betrachten, sprich transzendieren zu können.
Beispiele hierzu sind Einsteins Berechnungen über die Relativität von Zeit oder die rechnerische Einführungen zusätzlicher Dimensionen, über die sich objektive Aussagen machen lassen, obwohl sie eben ausserhalb der raumzeitlichen Erfahrbarkeit liegen. (Wie etwa Berechnungen des Verhaltens der Gravitation in Zusatzdimensionen.)”
Und so sagt sehr passend Volkmann -Schluck:
“Die mathematische Erfahrungsweise des Seienden als der unkörperlichen Gestalt ist nicht von der Art eines somatischen Wirkungsverhältnisses, in dem die Sinnesdinge zueinander und zur Wahrnehmung stehen. Das Denken der Seele, die Dianoia, erfaßt die unveränderlichen aus dem realen Wirkungszusammenhang herausgelösten “Anblicke” des Seiendes selbst.”
In diesem Sinne verstehe ich auch Fichte: “Kein Wissen kann sich selbst begründen und beweisen; jedes Wissen setzt ein noch höheres voraus, als seinen Grund, und dieses Aufsteigen hat kein Ende.”

 

 

 

 

Fleischverzicht, Katharismus und Neuplatonismus

“Plato und seine Schule nehmen die pythagoreische Lehre von der Gleichheit der Menschen-und Tierseele an, denn sie statuieren die Seelenwanderung uneingeschränkt in Tier und Menschenform.”
(Detlef Weigt)

Dieser Gedanke setzt sich bis heute bei Neokatharern  wie den  Rosenkreuzern, die ebenfalls vegetarisch leben, fort: Die Rosenkreuzer stehen in der Tradition der Bogomilen und Katharer, die wiederum aus platonischen, gnostischen und christlichen Strömungen des byzantinischen Raumes, aus den Paulikianern, Markonniten und Manichäern hervorgingen. Auch sie kennen den Gedanken der Seelenwanderung: Sie gehen davon aus, daß “das Fleisch bei dem mythischen Kampf der agbefallenen Engel entstanden ist , in dem unerlöste Menschenseelen ein tierisches Dasein abbüßen. Man darf diejenigen Tiere nicht töten, durch die etwa gefallene Engel wandern könnten. Nicht die Heiligkeit des Lebens, sondern das katharische Dogma bestimmt und begrenzt die Durchführung dieses Gebotes. “…
“Die Welt und alles in ihr ist aus Satan hervorgebracht. Wer sich der Welt nicht unterwirft, zeigt damit, daß er nicht aus ihr und nicht aus dem Satan ist. “
(A. Borst)
Das heißt für das katharische Dogma: Die absolute Verachtung und Zurückweisung Satans, bzw. alles Satanischen (= Weltlichen/Geschaffenen ), somit Weltverachtung mit dem Ziel der unbedingten Weltüberwindung. (…Ich-Zerbrechung Endura, bis hin zum Todesfasten)
Während die Platoniker von einer Fragmentierung der (einzigen)Weltseele in den Fall der verschiedenen körperlichen Inkarnationsformen in Mensch und Tier ausgehen und dabei die prinzipielle Wesensgleichheit der Seele mit dem Einen, das gleichzeitig das Gute ist, annehmen und daraus also unmittelbar der Gedanke und das Erleben der Empathie resultiert, steht für den Katharer/Rosenkreuzer am Ende der Weltüberwindung der Ausgang aus dem dualistischen System in eine “ethisch neutrale Notwendigkleit als letztes Prinzip” (A. Borst) bevor. Daher erscheint -anders als bei den Platonikern- den Rosenkreuzern auch jede Form der Empathie als unzulässige Bewegung des Gemüts innerhalb dieses Dualismus und somit als defizitäres Zeichen der Befangenheit in diesem.

 

Askese

“Der innere Geist und Sinn des echten Klosterlebens, wie der Askese überhaupt, ist dieser, daß man sich eines besseren Daseins, als unseres ist, würdig und fähig erkannt hat und diese Überzeugung dadurch bekräftigen und erhalten will, daß man, was diese Welt bietet, verachtet, alle ihre Genüsse als wertlos von sich wirft und nun das Ende dieses, seines eitlen Köders beraubten Lebens mit Ruhe und Zuversicht abwartet, um einst die Stunde des Todes als die der Erlösung willkommen zu heißen.”
Arthur Schopenhauer
“Die Gesundheit pflegen soll man, aber nicht aus Furcht vor dem Tode, sondern um nicht behindert zu werden in der Erlangung geistiger Güter.”
Porphyrios

Aspekte der Askese:
1) Die Reduktion der Nahrungsaufnahme wirkt ernährungsbedingten Erschwernissen und Erkrankungen entgegen. Gesundheit definiert sich dann schlicht als Abwesenheit  entsprechender Mängel und ermöglicht  einen Abstand zu multiplen körperlichen  Mißempfindungen  und anderen negativen  körperlichen Bindungen, die vom Geistigen  wegführen. Der Körper ist zwar raumzeitliche Notwendigkeit, soll aber im Idealfall gar nicht spürbar, viel eher  ganz unmerkbar und vergessen sein, damit sich eben das eigentliche – das geistige- Wesen des Menschen unbehindert entfalten kann.  In diesen Sinn reiht sich Porphyrios’ Äußerung ein.
2) Die Überwindung und somit der Sieg über die Begehrlichkeit führt den Menschen aus der Abhängigkeit, bzw. mindert diese auf den nötigsten Zweck. Jede Art der Abhängigkeit bedeutet Minderung von Freiheit – Freiheit  aber ist die Bedingung zur Erlangung der Teilhabe an den geistigen Prinzipien, da sie dessen Wesen entspringt und ebenso zu ihnen zurückführt. Insofern muß die Richtungsweisung  im Sinne einer Entfernung  von weltlicher Verhaftung  gegeben sein,  da das Wesen der Welt schließlich durch eine Verstrickung in multiple Unfreiheiten konstituiert ist. Insofern ist Schopenhauers Ansatz gleichzeitig Weg und sichtbares Zeichen .
3) Eng verwandt mit dem Begriff der Freiheit ist der Begriff der Autonomie. Als zentraler idealistischer Begriff meint Freiheit -auf Rousseau zurückgehend -Selbstgesetzgebung. Durch die dauernde Aufnahme fremder Produktion und somit fremden Willens  sowie durch  die Schaffung künstlicher Bedürnisse  durch Fremdkreiertes und Vorgefertigtes geht aber ein Teil der Körper- (und so auch der Geist-)autarkie verloren. Zudem bedeutet die Aufnahme denaturalisierter Lebensmittel die Entfernung von der Wirksamkeit der Prinzipien, die in ihrer naturgegebenen Einfachheit und Sinnhaftigkeit die Klarheit der Funktion  von Körper und Geist unterstützen oder gewährleisten.