Category Archives: Philosophisches

Kunst, Wissen, Philosophie, mehr als deskriptiv

Ich befürworte -innerhalb  der Annahme einer -bedingungslosen-  Freiheit zur Investigation eine dieser Freiheit gleichzeitig inhärente Richtungsweisung  für Beschreibungssysteme, die zur Ausleuchtung einer  Zielpunkt-Sphäre geeignet sind, wie  Kunst, Wissen und Philosophie,  die über das rein Deskriptive hinaus in ihren Beschreibungsmodi Hinweise  auf ihren rück-explizierenden Charakter und somit auf Vor-Sätzliches (und daher auch auf “Metaintellektuelles”, sprich Lebenspraktisches) enthalten, die in der Rezeption und in der Aktion  als konvergierend  erkennbar, aber zumindest erahnbar, antizipierbar werden.
Hierzu drei Zitate aus der Sphäre des Idealismus:

Kunst:
“Dadurch, daß die (esoterischen) Einsichten heute fast überall durch eine exoterische Diktatur und mehr noch durch einen besonders oberflächlichen Materialismus…so gut wie völlig verschwunden sind, ist die Folge davon, daß unsere heutige Dichtung und Kunst in so hohem Grad ohne wirklichen Sinn und Wert verbleibt, da die Welt, wenn die Seele dessen, der sie denkt, sinnlos geworden ist, ebenso ihren Sinn verliert. Diese Werke haben nichts mehr zu sagen und das hat dazu geführt, daß Dichtung und Kunst selbst schon überhaupt in Frage gestellt werden.” (J.P.Strelka)

Wissen:
“Was ist der Gelehrte? Auf diese Weise sonach, deren Gesetze auch mehreren  unter Ihnen aus der Wissenschaftslehre bekannt sind, ist ein selbstständiges Wissen möglich, und auf diese Weise wird dasselbe notwendig praktisch, weiterschaffend und fortbildend für die Sinneswelt. Zu diesem selbstständigen Wissen nun muß der Gelehrte durch die Belehrung hindurch sich erhoben haben, wenn sein Wissen und sein an das Wissen gesetzes Leben irgend einen Werte haben soll. Hat er aber dazu sich erhoben, und ist, wie dies niemals fehlen kann, dieses sein Wissen in ihm wirklich tätig und treibend geworden, so hat sein Leben Wert, und zwar den einzigen möglichen Wert,  den es überhaupt gibt und geben kann. Denn dies eben, und dies allein ist der Zweck allen Daseins, daß Gott verklärt werde, daß sein Bild  immer fort in neuer Klarheit heraustrete in die sichtbare Welt aus seiner ewigen Unsichtbarkeit. Nur in dieser Verklärung Gottes rückt die Welt weiter, und alles eigentlich neue, was in derselben vorkommen kann, ist die Erscheinung des göttlichen Wesens in neuer Klarheit; ohne diese steht die Welt stille, und es geschieht nichts neues unter der Sonne. Und so wird denn dieser Wisser durch sein tätig gewordenes Wissen zur eigentlichen Lebenskraft in der Welt, und zur Triebfeder der Fortsetzung  der Schöpfung. Dies nun eben soll er sein, und das zu sein ist seine eigentliche Bestimmung. Die aufgegebene Frage ist beantwortet und was wir über diesen Gegenstand noch ferner  sagen werden, kann nichts sein, denn eine weitere Entwicklung des aufgestellten Satzes.” (Fichte, Fünf Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten)

Philosophie:
“Nichtig ist jenes Philosophen Wort, durch das keine Affektion eines Menschen geheilt wird.” (Porphyrios)

Eckhart, Cusanus, Rosenberg

Der “NSDAP-​Philosoph” und -Ideologe  Alfred Rosenberg versucht  in seinem Mythus des 20. Jahrhunderts Eckharts Willenslehre mit jener von Nietzsches Willen zur Macht zusammenzuführen.  Eckhart indes wird heute mitunter als Wegbereiter des Deutschen Idealismus und der Romantik bezeichnet. Rosenberg argumentiert  nicht im luftleeren Raum -wahrscheinlich hat  er in der Hauptsache  den Deutschen Idealismus im Blick (der ja tatsächlich in besonderem Maße in Korrelation zu Eckharts Denkweise steht)- wenn er auf Meister Eckhart Bezug nimmt und in seinem Bestreben, einen “Typus zu schaffen”, Folgendes äußert : “In Meister Eckhart kam die nordische Seele zum erstenmal ganz zum Bewußtsein ihrer selbst. In seiner Persönlichkeit liegen alle unsere späteren Großen gebettet.”
Um einen Gegensatz zum Judentum zu entwerfen, könnte er sich indes auf folgenden “Kronzeugen” berufen:
Cusanus, -die große Ausnahme in der langen Zeit, als man (den der Häresie bezichtigten) Eckhart verschwieg- der gar namentlich Bezug auf Eckhart nimmt und der in seinen Schriften wörtlich eine “mystische Theologie” entwirft, sagt: “Der Deutsche: Alles Zeitliche vergeht, nur das Geistige nicht. Den Juden ist in ihren Gesetzen nur Zeitliches verheißen, das in sinnlichen Gütern besteht.”
Und Porphyrios als wichtiger Vertreter des Neuplatonismus,  der Lehre also, die  als grundsätzliche Formulierung  für ein europäisches,  mystisches (idealistisches) Denken und so auch für das Denken  Eckharts zu verstehen  ist – und der von der “erbärmlichen Lehre der Juden” spricht: “Solch böse Dämonen wollen für Götter gelten und ihr Herrscher möchte für den höchsten Gott selbst gehalten sein. Diese sind es, die an den Trankopfern umd am Fettdampf der Brandopfer sich laben, wodurch ihr Geist selber zu Fett wird, denn es lebt nur vom Opferbrodem allerlei Art und wird stark durch den aufsteigenden Dampf von Opferfleisch und Blut. “  Und Detlef Weigt: “Der Messiasglaube der Juden… wird von den Neuplatonikern aufs schärfste abgelehnt, weil sie in den messianischen Weisssagungen den anmaßenden Anspruch der Juden auf eine künftige Weltherrschaft erkannten.”
Bei aller neuplatonischen Abgrenzung zu den gnostischen Strömungen der Zeit wird so doch die Nähe zur (urchristlichen)Pistis Sophia überdeutlich:  “..ein Wesen …, das makelhaft und verfehlt ist. Dieses Wesen ist Jaldabaoth, der die irdischen Himmel und die Welt der Menschen beherrscht. Er und seine sechs Engel sind hochmütig, da sie sich fälschlicherweise für Götter halten. Aus Feindseligkeit der oberen Welt gegenüber halten sie den Menschen, der aus Fleisch, Seele und Geist besteht, in Unwissenheit.”

Spekulation, Schelling, Whitehead

Die Spekulation, also das bewußte Hinausgehen über empirische und praktische Erfahrung, gerät gerade ab dem Positivismus und dem philosophischen Materialismus in die Kritik. Aber auch die Theologie einer geoffenbarten Verkündung erteilt der Spekulation eine klare Absage.
Schelling aber wußte noch : “Die Ideen, zu denen sich unsere Spekulation erhoben hat, hören auf, Gegenstände einer müssigen Beschäftigung zu sein, die unseren Geist nur zu bald ermüdet – sie werden zum Gesetz unseres Lebens, und befreien uns, indem sie so selbst ins Leben und Dasein übergegangen-zu Gegenständen der Erfahrung werden…” und schärfer: “Die bloße Reflexion ist also eine Geisteskrankheit des Menschen, noch dazu, wo sie sich in Herrschaft über den ganzen Menschen setzt, diejenige, welche sein höheres Dasein im Keim, sein geistiges Leben, welches nur aus der Identität (Identität aus Natur und Geist) hervorgeht, in der Wurzel tötet”.
( Das Äquivalent in der Kunst:  Zwecklos, lediglich bewußt tätig zu sein, zwecklos zu repetieren. Die Kunst kann nur in der Wagnis, im kühnen Schritt ins Unbekannte sich selbst gerecht werden.)
Alfred North Whitehead:
“Die spekulative Vernunft ist ihrem Wesen nach von methodischen Einschränkungen frei. Ihre Funktion besteht darin, über die eingeschränkten Gründe hinaus zu den allgemeinen Gründen vorzudringen und die Gesamtheit aller Methoden als durch die Natur der Dinge koordiniert zu verstehen – eine Natur der Dinge, die nur durch das Überschreiten aller methodischen Schranken begriffen werden kann.”
„Aufgabe der Spekulation ist es, das Denken schöpferisch in die Zukunft wirken zu lassen; und sie erfüllt diese Aufgabe, durch das Erschauen von Ideen, die das Beobachtbare umfassen:”

 

Mythos, Kunst, platonische Ideen und Schopenhauer

“Im traditionellen religiösen Mythos wird durch den Mythos das Dasein der Menschen mit der Welt der Götter verknüpft.”
[Wikipedia)
Hans Leisegang: “Schon Platon hatte an die Sprache der Mysten angeknüpft, um den Sinn dessen zu erklären, was er unter der ‘Idee` verstanden wissen wollte, und damit die Brücke zwischen Mythos und Philosophie, visionärer Schau und gedanklicher Intuition geschlagen; denn zur platonischenIdee’ … gelangt man durch eine logisch nicht faßbare Intuition … sie ist das letzte Ergebnis eines ständigen Forschens nach dem allerinnersten Wesen der Dinge, eines immer tieferen Hinabsteigens in den Lebensgrund, der als eine große Einheit hinter aller Mannigfaltigkeit der äußeren Erscheinungen liegt.”
Hier wird also durch H. Leisegang ein Hinweis darauf gegeben, daß über eine Rückbindung zum Mythos  ein Zugang zu diesen Ideen geschaffen werden kann, der schlußendlich  zur Erlangung des Einen, der Gewahrwerdung bzw. Verinnerlichung des höchsten Prinzips gefunden werden muß
Wenn indes der Künstler durch intuitives Erkennen Zugriff auf den Mythos findet (E. Bethe, H. Leisegang -), der Mythos wesensähnlich mit den platonischen Ideen ist (und so gar einen Weg zu Gott oder eines letzten  Grundes verspricht (Leisegang)- Lernen Erinnern an das “Alles” ist (Platon , Menon), dann folgt daraus, daß der Künstler die Möglichkeit (und den Auftrag) hat, in einem Lernprozess der Überschreitung des Explizifierten und Bekannten die höheren Gründe zu erinnern, und daß das wahrhaft künstlerische Resultat somit eine Verdinglichung dieser Erinnerung, eine Verdinglichung dieser höheren Seinsebene im Dreidimensionalen darstellen muß.
Gerade bei Schelling und vor allem auch bei Schopenhauer wird dieser Anspruch konsequent ausformuliert: “Was im einzelnen vorhandenen Dinge nur unvollkommen und durch Modifikationen geschwächt da ist, steigert die Betrachtungsweise des Genius zur Idee davon, zum Vollkommenen…”
“Durch alle diese Betrachtungen wünsche ich deutlich gemacht zu haben, welcher Art und wie gross der Antheil sei, der am ästhetischen Wohlgefallen die subjective Bedingung derselben hat, nämlich die Befreiung des Erkennens vom Dienste des Willens, das Vergessen seiner selbst als Individuums und die Erhöhung des Bewusstseyns zum reinen, willenslosen, zeitlosen, von allen Relationen unabhängigen Subjekt des Erkennens.”
“Jedes Kunstwerk ist demgemäss eigentlich bemüht, uns das Leben und die Dinge so zu zeigen, wie sie in Wahrheit sind, aber, durch den Nebel objektiver und subjektiver Zufälligkeiten hindurch, nicht von jedem unmittelbar erfasst werden können. Diesen Nebel nimmt die Kunst hinweg.”

Zur Intersubjektivität, Konvergenz und Weltenbildung

Die Intersubjektivität der Wahrnehmung wird zunehmend marginalisiert, je weiter Spezies mit ihren zueinander varianten Wahrnehmungen voneinander entfernt  positioniert werden. Dies entspricht dem Sachverhalt, daß die spezifische, aber verwandte Wahrnehmung  verschiedene  Wahrnehmungs- Bilder  ergibt, vergleichbar einem geöffneten Fächer. Die Addition der Bilder, die Auffächerung einer Implizität in verschiedene Muster und Bereiche, bezeichnet eine perzeptionelle Summe und läßt sie im intersubjektiven Rahmen als ein Vorhandensein, als eine bezeichnete Welt erscheinen.  Die Impulsgeber hierzu schaffen  -relativ- intersubjektive Welt, da sie  zur Stiftung  der Schnittmenge bzw. des Ortes  miteinander verbundener, beschreibbarer  Raumzeit  befähigt  sind. Dieser Ort wird von jedem dieser zur Schnittmenge befähigten  Beobachter durch Begrenzung definiert  und so als “Welt” im Sinne einer statischen  Verortung für verschiedene subjektive Positionen  interpretierbar, auch wenn die Impulse zu dieser Verortbarkeit ihren Anfang  in divergierenden Beschreibungsräumen (also Welten/Zeiten) nehmen und so in unendliche Richtungen/Dynamiken unendliche Welten (Stati)gleichzeitig hervorbringen können. Somit ist Welt schlicht als  statisch interpretierte  Konvergenz bzw. Interdependenz verwandter Wahrnehmung bzw. Bewußtseins-Befähigung bezeichenbar. Konvergenz bedeutet hier perzeptionelle Einigung innerhalb eines Interpretationsrahmens.  Würde man die Wahrnehmung mit der Entfernung der Speziesschranken immer weiter ausdehnen, würde dieses voneinander abhängige  Bild hingegen überdehnt werden und schließlich kollabieren, man bekäme  einen Blick auf eine  Welt hinter der Welt, auf die Herkunft der Blickwinkel vor ihrer  subjektiven Unterschiedenheit der Wahrnehmung , – in dieser Hinsicht ist  die Ausdehnung  zur höheren Wahrnehmung gleichbedeutend mit einer  Entsubjektivierung der Verfassung(en), die somit diese weltenbildenden  Konvergenzen fallenlassen.  So kommt es zur Auflösung der beobachtbaren Welt(en) und gleichzeitig zum Aufgehen jeder Subjektivität in einem höheren Seinszustand .
(Wahrnehmung ordnet sich unter Bewußtsein  und Welt unter Bild. Somit schafft Bewußtsein  Welt, gesteigertes Bewußtsein Ent-Dinglichung und Entweltlichung und schließlich -Vereinigung.)

 

Nexus

Der russische Philosoph Nikolai Fjodorowitsch Fedorov (1829-1903) war christlich orthodox und gilt als Vertreter eines “aktiv evolutionären nousphärischen Christentums” (Svetlana Semenova). Laut M. Hagemeister wird er heute auch als Begründer des russischen Kommunismus propagiert. In diesem Verständnis wäre der Kommunismus nach Fedorov´scher Lesart, der wie auch von Boris Groys angesprochen aus christlich orthodoxem Glauben  eine kommunistische Utopie in Synthese mit einem christlichen Heilsverständnis beschreibt – vor dem Hintergrund einer zum Nous gerichteten Teleologie (was einen platonisch/ plotinisch inspirierten Auftrag zur Aufrichtung und Entwicklung der menschlichen Seele von den gottfernen Emanationen hin zum geistigen Prinzip (Nous) meint ) – in seiner Weiterentwicklung durch den Bolschewismus nicht als grundsätzlich gegen die  Konzeptionen und die  eschatologischen Versprechen der hergebrachten monotheistischen Heilskonzepte der abrahamitischen Religionen der Levante  abgesetzt.  Daher auch Ernst Nolte: „So stellte der Staatssozialismus ebenso wie der Kommunalsozialismus eine Verbindung mit dem uralten Begriff des Naturzustandes her, in dem nach der Lehre antiker Philosophen und auch christlicher Kirchenväter alle diese Merkmale bereits vorhanden waren, ehe sie durch einen Sündenfall oder den Einbruch der Habsucht zerstört wurden.”
– Um hier auf einen geschichtlichen Nexus zu verweisen: Die Überlagerung eines  kommunistischen, quasi mystischen Utopismus mit der Überleitung gerade auch jüdischer Heilserwartungen (Ernst Bloch: „Ubi Lenin ibi Jerusalem”) in die praktische Ziel-bzw. Umsetzungen des Sozialismus und des Kommunismus/Bolschewismus sorgen unzweifelhaft für eine kaum zu überschätzende ideelle Aufladung, die ihrerseits maßgeblich zu einer Radikalität und Entschlossenheit der revolutionären Praxis in Russland führen muß, und diese bald durch Trotzkis Rote Armee mit ganz realpolitischer (militärischer) Agenda und” Stossrichtung West”: zum Baltikum –, mit der Eliminierung der dortigen deutschen Oberschicht- diese dazu mit rassischer Implikation, da die Deutschen als soziale Klasse der Kulaken  in Sippenhaft genommen wurden), weiter mit Stossrichtung nach München—Kurt Eisners Räterepublik als Türöffner für den Kommunismus in ganz Deutschland (nach Lenin lag der Schlüssel für die Weltrevolution ebendort) – und diese wiederum eine Radikalisierung der Reaktion hervorruft (Thule-Gesellschaft, Rudolf Hess), ja, diese  erst entscheidend etabliert (ebenfalls ideell überhöht –Hitler: „Indem ich mich der Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.”)  und letztendlich in einen zweiten großen Weltanschauungskrieg mündet (der zweite europäische nach dem Dreißigjärigen Krieg ),-der im Osten (und entsprechend nur dort) in aller Härte der weltanschaulichen Gegensätzlichkeit, beiderseits unter Außerachtlassung aller kriegsrechtlichen Konventionen, ausgefochten wird. (Und je mehr man den Fokus auf die Überhöhung, den Utopismus dieser beiden Kollektivismen  legt, desto  schwieriger ihre eigentliche Abgrenzung, wie folgendes Zitat von B. Groys über den Bolschewisten und Vater der russischen Raumfahrt, Konstantin  Ciolkovsky (“Ich leugne die Notwendigkeit grausamer Umwälzungen keineswegs”) zeigt: “Selbstvervollkommnung der Menschheit: Durch künstliche Selektion der Besten und  Liquidation der Minderwertigen werde eine Gattung von Übermenschen entstehen, die physisch, intellektuell, moralisch und ästhetisch den heutigen Menschen so weit überlegen sei, wie diese sich von niederen Lebewesen unterscheiden. “

Christliches Heil, Caritas und Meister Eckhart

Der Begriff der “Caritas” ist unauflösbar (als christl. Hauptmotiv) mit dem eigentlichen Ziel jedes Christen, dem Endzustand des jenseitigen Heils,   (Christliche Lehre = Heilslehre) verbunden.
H. Waldenfels:
Heil ” ist im christlichen Verständnis der zentrale Ausdruck für die den Menschen und der Welt von Gott gewirkte und angebotene Erfüllung…
Dem Tod gegenüber verheißt Heil ewiges Leben, der Schuld bzw. Sünde gegenüber Versöhnung mit Gott …
Das Heil Christi betrifft den Menschen und die Menscheit in ihrer absoluten Zukunft (Jenseits); die Hoffnung auf das absolute jenseitige Heil findet jedoch seine Bewährung bereits im Diesseits, in der Aktualisierung der Heilszeichen des Lebens Jesu im jeweiligen Hier und Heute. .. “
L.Hagemann„Jesus hat die Forderung zur radikalen Umkehr mit dem Glauben an die neue Heilsbotschaft verknüpft und als Entscheidung für oder gegen seine Person deklariert. Von der Stellung des Menschen zu ihm und zum Gebot der Gottes-und Nächstenliebe als der zentralen Aussage seiner Botschaft hängt das Urteil beim Gericht ab. Da diese Entscheidung schon jetzt gefordert ist, hebt auch die Gerichtsentscheidung schon jetzt an..Durch das kommende Endgericht wird jene Scheidung, die sich schon jetzt im Herzen des einzelnen Menschen durch seine Entscheidung für oder gegen Jesus Christus vollzieht, einst offenbar werden.”
Die (jesuanische) Ethik bildet das absolute Zentrum der christlichen Lehre. Erlösung erschließt sich aus Glauben und Werk, die sich gegenseitig bedingen und zur Ehre Gottes gereichen. Höchster Glaubesninhalt ist das Wort Gottes. Das Wort Gottes ist das biblische Jesuswort.
In diesem Kontext nun  die ethische Prämisse in der (abgesetzten) Lesart Meister Eckharts:
Wenn das Wort, der Sohn geboren wird ( in der Seele) so ist dieses innere Werk eine gewaltige Kraftquelle, die alle Schichtungen der Seelenkräfte durchstrahlt . Diese göttliche Kraft bricht nun mit Naturnotwendigkeit aus ins äußere Werk.
(Und diese Ansicht weicht stark vom christlichen Verständnis ab, denn dort ist Caritas nicht notwendige Tat aus innerer Verfassung, sondern von einem personalen Gott als äußere Instanz eingeforderte, aus Zweck und Demut verrichtete Handlung, die alleine durch diesen Imperativ und die  unterschiedene Qualität  dessen, der sie einfordert,   gerade die moralische Unzulänglichkeit und das vom moralischen Vermögen Abgeschiedene  des Menschen  betont. Abermals eine Korrelation von Eckhart zum Buddhismus bietet hier die buddhistische Definition von Barmherzigkeit, die genau den anderen, den “selbstermächtigten”  Umstand beschreibt: “Karuna (“Barmherzigkeit”) ist im Kern das Ergebnis meditativer Einsicht und Erlebens und folgt somit nicht einem imperativen „Du-Sollst“. (wikipedia)
Die Neigung zur Sünde ist für Eckehart ein unentbehrlicher Faktor menschlichen Daseins, dessen eigentlicher Sinn sich erst im siegreichen Kampf gegen das Schlechte und Gemeine erfüllt. An einem aber sind die Gerechten für jedermann ursprünglich zu erkennen: An ihrem Verhalten zum Nächsten, zur Gemeinschaft. Niemals entziehen sie sich der sozial-ethischen Tat.
Eckhart: „Wenn Du hundert Mark bei dir mehr liebst als bei einem anderen, so ist das unrecht, wenngleich es viele gelehrte Leute gibt, die das nicht begreifen.”Vollkommen ist vielmehr der Gerechte, der, wenn er von einem siechen Menschen hört, der eines Süppleins von ihm bedürfe, mitten aus seiner inneren Sammlung und Versunkenheit, und wäre sie so groß wie St. Pauls Verzückung, auffährt und hineilt, dem Bedürftigen helfend zu dienen. Gut und ein nützliches Glied ist nur das, was sich „gemeinet” und in dieser Sicht kann ein Einsiedler nicht „gut” genannt werden, weil er nicht „gemeine” und den Leuten nicht nütze ist (nach Quint).

 

 

 

Ist Plotins Philosophie theologisch?

Könnte man dem Neuplatonismus Plotins den Vorwurf machen, er sei vom Denken ganz auf eine Mystik ausgerichtet und daher  prinzipiell eher  theologisch als philosophisch ?
Was die Frage nach dem Mystischen betrifft, sprechen wir von der Frage nach den Seinsbedingungen der Welt im Ganzen wie des Menschen im Expliziten. Dies ist eine ontologische Frage – die Frage nach den Seinsbedingungen ist eine urphilosophische. Das Problem ist eher, daß einst die Theologie sich dieser Frage ermächtigt und sie in philosphischen Mißkredit gebracht hat.
Es ist dabei das Verdienst Plotins,  -aus akademischer Sichtwarte- eine ursprünglich im Mythischen verankerte Gnosis in eine philosophisch -metaphysische Form transformiert zu haben. Über Bruno und Berkeley, über Goethe und Schelling kommt dieses Denken auf die Neuzeit und macht uns bewußt, daß die mystische Implikation  bei Plotin (Plotin soll laut der vita plotini des Porphyrios  viermal im Leben einen mystischen Endzustand erreicht haben) nicht als Theologie zu verstehen ist, in der ein Gott-Sein “philosophisch” unterfasst werden soll,  sondern daß ein anderes, ein vollständigeres, gar ein höchstes Sein aus der -philosophischen-Erkenntnis einer moralischen, physischen und intellektuellen Unvollkommenheit (die unbestritten ist), als eine Fortsetzung, eventuell gar ein  Gegenstück in anderen Hypostasen einzuräumen ist, womit  der Unterschied verschieden bedingter Seinsbereiche also bereits zur philosophischen Notwendigkeit wird, somit natürlicherweise auch ein  Erstreben dorthin erkannt ist und daraus eine Teleologie resultiert.  Dieses  Proklamat eines zu erweiternden Seinsbegriffes fußt nicht zuletzt auf der Überlegung über den (nicht) objektivierbaren Wahrheitsgehalt des Wahrgenommenen, der zu der idealistischen Grundannahme von der Raumzeitlichkeit als einer Reduktion zu einem Trugbildes überleitet.  Hegels Denken zum guten Beispiel fußt ganz und gar auf einer auf dieser Einsicht  resultierenden Zweckbestimmtheit und Zielgerichtetheit. Nicht umsonst sieht Hegel  in Plotin “die Vollendung der griechischen Philosophie.”

 

Monotheismus – “offizielle” Definition

Versucht man mit philosophisch ambitionierten Christen eine Diskussion, zeigt sich wiederholt deren Drang nach Dehnbarkeit der Setzungen und Begrifflichkeiten (um naturgegeben die  Widersprüche  zwischen intellektuellem Bedürfnis, argumentativem Rechtfertigungswunsch  und Offenbarungsglaube bzw. den Maßgaben der  daraus resultierenden Offenbarungsdoktrin zu dämpfen). Daher ist in diesem Kontext der Gesprächspartner eben  an die Unverückbarkeit des Dogmas zu erinnern  -nebenbei an die christliche Bescheidenheit und Treffsicherheit Terrtullians-, was einen lauteren Diskurs  befördert und einer Verwischung des tatsächlichen Glaubens  wegen dem Wunsch nach dessen Intellektualisierung entgegensteht: “Unsere Lehre stammt aus der Stoa Salomons, der auch selbst die Weisung hinterlassen hat, den Herrn in Einfalt des Herzens zu suchen.
Und ganz grundlegend für eine  auf diese Tatsachenebene gestellte Diskussion ist in diesem Sinne  eine “offizielle” Definition, etwa  folgender Art (die im übrigen jedes Kind, das einst christlich sozialisiert wurde ,  von den Dächern pfeifen mag):

Monotheismus (Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie):

“Religiös-theologische Position, nach der es (im Unterschied zum Polytheismus) nur einen einzigen (im Gegensatz zum Pantheismus) von der Welt getrennt existierenden Gott gibt (der Monotheismus verwendet das Wort Gott als Eigennamen, der Polytheismus als Prädikator). Weitere Charakteristika des Monotheismus sind unter anderem: Gott ist Person, Schöpfer der Welt, eschatologisches Ziel der Geschichte und letzte Legitimation ethischen Handelns; er fordert unbedingten Gehorsam und gibt seinen Willen durch prophetische Offenbarung kund. – Der Glaube an ein nicht als Person und Schöpfer angesehenes >höchstes Wesen< (Hochgott)und die zeitweilige oder dauernde Verehrung eines Gottes bei gleichzeitiger Anerkennung der Existenz weiterer Götter (Henotheismus oder Monolatrie) gelten nicht als Monotheismus. Monotheistisch im engeren Sinne sind das Judentum, das Christentum und der Islam.”

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Merkaba Schau, Hypostasen, Meister Eckhart

” Der Myste ließ, sitzend und sich nach vorne beugend, den Kopf auf den Knien ruhen. Diese Form der Selbstversunkenheit, die, zur prähypnotischen Autosuggestion geeignet, auch bei chinesischen Somnambulen bei der Beschwörung der Ahnengeister beobachtet worden ist, kann bei Medien in spiritistischen Geisterbeschwörungen unserer Zeit oder in Schulen für autogenes Training nach dem Vorbild indischer Yoga-Systeme noch heute nachgewiesen werden. Diese Ekstasetechnik läßt sich in gerader Linie über Jahrtausende bis zum Schamanismus zurückverfolgen, wie ihn besonders eindrucksvol Mircea Eliade beschrieben hat.” 
Aus der Blütezeit dieser Strömung (3. bis 6. Jahrhundert) sind keine Namen überliefert. Den Merkaba-Mystikern ging es weniger um eine Versenkung in das eigentliche Wesen Gottes als vielmehr in die Mysterien der himmlischen Thronwelt.” (Karl R.H.Frick)
“Ihre Bedeutung für den Merkaba-Mystiker darf mit der des Plemora für die hellenistischen oder frühchristlichen Gnostiker verglichen werden.”Der Auf- beziehungsweise Abstieg ist „eine gefahrenreiche Wanderung durch die sieben himmlischen Paläste vor Gottes Thron.  Das Pleroma (griechisch, “Fülle”) ist bei den Gnostikern das Glanz- und Lichtmeer, als Sitz der Gottheit, von wo alles Gute ausströmt. Sehr ähnliche Vorstellungen finden sich unter anderen Begrifflichkeiten im Tengrismus. Das Konzept des Pleroma scheint also allgegenwärtig zu sein.”
(Wikipedia)

Setzt man diese Form der Mystik in Beziehung zu der Mystik von  Meister Eckhart, erkennt man, daß sie  zu dieser in schroffem Widerspruch steht, denn Eckhart (sofern er überhaupt in diesem Sinne als Mystiker zu bezeichnen ist) sucht den Zustand der allseitigen Überwindung all dieser  an sich schon phantastisch und “göttlich genug” anmutenden Lichtwelten zu erreichen, tatsächlich hegt er keinerlei Interesse für diese,  -und darin liegt eben die ungeheure Radikalität, man kann in gewisser Weise sagen die Anmaßung zur gottgleichen Ermächtigung – (auch dies wiederum in dieser Konsequenz eine starke Parallele zum Proklamat des Buddhismus, der die bestmögliche Überwindung aller Bardo-Zustände anstrebt), denn all diese Welten, wie hoch sie auch immer angesetzt wären, wären ihm nicht genug, oder besser gesagt gar nichts wert- “Er (der Mensch) braucht Gott um nichts zu bitten, er kann ihm vielmehr gebieten, denn er ist Gottes so gewaltig wie Gott seiner selbst gewaltig ist. …Darum bitten wir Gott, daß wir Gottes ledig werden und daß wir die Wahrheit dort erfassen und ewiglich genießen, wo die obersten Engel und die Fliege und die Seele gleich sind.” (Dies nämlich vollzieht sich  in der Einsheit der schroffen unnennbaren Eckhart’ schen Leere, in der “der Geist in Ruhe verharrt.”
Eine bauästhetische Anmerkung hierzu: Die raumzeitliche, kulturelle Übersetzung, ein Symbol für Pleroma, höhere Hypostasen oder eben die Thronwelt ist  die Kathedrale, für den Eckhart’ schen Zustand  hingegen die Manifestation der Leere. Die, -so möchte ich sagen -in der nachschismatischen Architektur nicht gelungen ist, nicht gelingen kann – weil sie eben nur den leeren Aspekt von Leere ausdrückt, aber nicht den Metaaspekt der Erfüllung und der Kraft, den Eckhart mit “Leere” eigentlich meint.