Category Archives: Philosophisches

Vertane Möglichkeit

Das Problem mit unserer christlichen Prägung:
“Bewußtsein” als  die eigentliche formbildene Kraft, als tiefere Realität  hinter unserem subjektivierten Seinszustand -das eigentliche Agens, das  mit einer physiologischen Übersetzung das Individuierte (Menschliche) hervorbringt, wird nicht dieser Natur nach seiner Möglichkeit noch der Verantwortung zur Erweiterung (zu sich selbst zurück) überantwortet.  Das Wachstum des Bewußtseins zur Durchdringung zum höheren Dasein ist gleichbedeutend mit der Gewahrwerdung des Ich -Bewußtseins über seine transpersonale Herkunft und eigentliche Eigenschaft. Das Tragikum des christlich geprägten Menschen ist, daß er hierzu die durch die Biographie ermöglichte  Chance verpasst, weil er sich statt um Durchdringung in Devotion zu üben hat. Devotion bedeutet aber die Preisgabe der inneren Möglichkeit zur transpersonalen Vergewisserung, fordert statt dessen ein Abgeben, Vergessen und Verleugnen -so ein Abscheiden-  an ein Anderes, das aber eben das Eigene ist -somit Desintegration und spirituelle Schwächung bedeutet.  Besonders offensichtlich wird dieses Problem für die  letzte Lebensphase des Menschen, die hierfür gerade Rückzug, Besinnung und Konzentration ermöglichen könnte, die aber eben mit jener mißverständlichen religiösen Rückbindung  und darüber hinaus auch verschiedener ganz sinnloser Zerstreuung  vertan wird und so ungenutzt zum Tod verstreicht. Diejenigen  Religionen aber, die eine Wiedergeburt lehren, behandeln und begreifen den Menschen von einer überindividuellen Bewußtheit aus und ermöglichen so dessen Entwicklung   in seiner Eigenverantwortlichkeit innerhalb eines überraumzeitlichen und telosgeleiteten Kontinuums, begreifen so den eigentlichen Nutzen der menschlichen Lebensspanne und Todeserfahrung.

 

Ägyptische Logik

Erik Hornung in seinem Standardwerk über die altägyptische Götterwelt, “Der Eine und die Vielen”:

Komplementäre Logik

“Der Ägyptologe spürt, daß ägyptischem Denken eine eigene Stimmigkeit innewohnt, die uns oft gefühlsmäßig überzeugt, ohne daß wir sie mit unseren Kriterien widerspruchsfrei analysieren und formal bestimmen können. Auch wenn wir das Problem von der logischen auf die ontologische Ebene verschieben und mit einem anderen Begriff von Wirklichkeit im alten Ägypten rechnen, bleibt die Frage nach der Definition ägyptischen Denkens bestehen.
Eine typische Denkstruktur der Ägypter ist seit langem herausgearbeitet und oft beschrieben worden: Das Denken in Zweiheiten. … Das größte denkbare Ganze ist das Seiende und Nichtseiende, und Göttliches ist offenbar Eines und Vieles.

In seiner Amsterdamer Antrittsvorlesung hat Jan Zandee diese ägyptische Denkstruktur und ihren Widerspruch zum Satz der Identität bereits klar herausgearbeitet. Er stellt sie unter den Schlüsselbegriff des “undifferenzierten” Denkens, der uns nicht zu passen scheint; aber er verwendet..daneben schon die Bezeichnung “komplementär”.
Nichts liegt mir ferner, als die Ägyptologie um eine neue Logik zu bereichern…. Aber der Begriff der Komplementarität spielt seit langem eine bedeutsame Rolle in der Diskussion um die Erweiterung der “klassischen” Logik. Niels Bohr (sic!) hat ihn 1927 in die Physik eingeführt, um das zwielichtige Verhalten der Energiequanten in den Griff zu bekommen, um das Nebeneinander von Ort und Impuls, von Welle und Teilchen zu erklären, was mit Kalkülen der herkömmlichen Logik nicht möglich scheint, sondern eine Quantenlogik oder Komplementaritätslogik erfordert….
Gerade heute, da die zweiwertige Logik der Ja/Nein -Entscheidungen …Triumphe feiert, werden auch die Grenzen ihrer Anwendbarkeit allerorts sichtbar. Dem Beobachter scheint es, als sei die herkömmliche formale Logik, ähnlich wie die “klassische Mechanik”, nur in einem mittleren Bereich sinnvoll und gültig, während sich im sehr großen und im sehr Kleinen die Perspektiven verzerren, neue Denkstrukturen nötig werden.
Solange die Begründung einer mehrwertigen Logik fraglich bleibt, können wir nur eine Perspektive aufzeigen, aber keine gültigen Lösungen. Scheitert die Begründung, dann bleibt ägyptisches Denken, vorgriechisches Denken überhaupt, weiterhin der logischen Willkür oder Verschwommenheit ausgesetzt. Gelingt sie, dann können wir den Einen und die Vielen als komplementäre Aussagen fassen, deren Wahrheit sich im System einer mehrwertigen Logik nicht auschließt, sondern ergänzt: Gott eine Einheit in seiner Verehrung und Offenbarung, eine Vielheit in seinem Wesen und seiner Erscheinung. Ähnlich wäre die Fülle komplementärer Substanzen, die in ägyptischer Sicht die göttliche wie die menschliche Person ausmachen – jede Person hat ein Ba (göttliche Kraft/Freiseele), ist aber auch ein Ba, und dazu vieles andere-in einer mehrwertigen Logik nicht mehr so verwirrend und systemlos, wie es uns jetzt scheinen könnte.
Der Einblick in ägyptische Ontologie hat gezeigt, daß eine absolute Einheit und Transzendenz Gottes, ja jegliche Absolutheit Gottes, der ägyptischen Auffassung vom Sein zuwiderläuft; nur ein Gott, der nicht ist, kann absolute Eigenschaften haben. Die Überlegungen zum ägyptischen Denken legen nahe, daß eine auschließliche und auschließende Einheit Gottes für den Ägypter im vollsten Wortsinn undenkbar ist, weil er in komplementären Aussagen denkt. Darüber hinaus tauchte die Möglichkeit auf, daß ein Monotheismus für ägyptisches Denken logisch ausgeschlossen war und daher, trotz aller Ansätze, nicht verwirklicht worden ist.”

Ägyptische Götter

Goethe über die ägyptische Götterwelt:

“Nun soll am Nil ich mir gefallen
Hundsköpfige Götter heißen groß
O wär ich doch aus meinen Hallen
Auch Isis und Osiris los!”

Hier liegt offenbar die falsche Einschätzung zu Grunde, die ägyptischen Götter wären wörtlich zu nehmen. Dabei ist ihre Vielgestaltigkeit, ja  ihr ” interner Synkretismus”, lediglich sichtbar gewordener Ausdruck der Möglichkeit des Geistigen zur Mannigfaltigkeit. Denken wir daran, daß Platon in ägyptischen Mysterienschulen initiiert war, könnte man zu der Annahme kommen, daß gerade seine demiurgische Vielheit, der “platonische Ideenhimmel” von dort inspiriert sein könnte (wenigtens dies über Pythagoras) . Die verschiedene Gestaltigkeit der Götter  bedeutet dabei den Versuch der Darstellung der Explikation von verschiedenen Aspekten einer höheren -und nichtgestaltigen- göttlichen Identität. Was im Christentum auf die ganz willkürliche und als Rudiment der Gnosis zu betrachtende Vielheit der Trinität reduziert wurde, ist hier noch ursächlich  entfaltet und  der Konzeption nach -wie ich nahelegen möchte- gar unmittelbar erfahrungsinduziert. Das Implizite ist in seiner Qualität Bereitschaft und Möglichkeit, (ist zudem in seiner Explikation erwartungs-und beobachtungsabhängig) und kommt so zur variablen Gestalt. Letzter Aspekt des Göttlichen aber ist Transzendenz jeder Formhaftigkeit und Eigenschaft. Der ägytische Pantheon bietet hier assoziationsreiche Anschauung der untergeordneten Verwirklichung und des Eintretens  in die Sphäre des Seins und somit im Umkehrschluß Hinweis auf ein letztes Nichtseiendes (und ist so der Transzendenzvorstellung der späteren abrahamitischen Systeme bereits voraus).
Ein Aspekt zudem, der mir symphatisch erscheint:  Die ägyptische Sicht erkennt in den Tieren oft die physiologische Überlegenheit gegenüber dem Menschen und findet sich daher nicht allein mit einer anthropomorphen Spiegelung bzw. Überhöhung ab. Sie versucht vielmehr, mit der  Inszenierung überlegener tierischer Aspekte  die Überlegenheit Gottes zu verdeutlichen. In gewisser Hinsicht handelt es sich hier für mich um eine Adlung der Tierwelt, durchaus mit dem Hinweis auf die perzeptionsabhängige Erweiterbarkeit des menschlich beschränkten Weltbegriffes, wie z.B. auch von Tolstoi gefordert.

Platon und Offenbarung

Ein ganz fundamentaler Unterschied zwischen “Platon und Bibel” (weitergefaßt zwischen Philosophie und Offenbarung) besteht nun darin, daß Platon das Wissen bzw. die Verantwortung (und den Grund) der Destination des Menschen eben in die Hand des selben legt. Es existiert keine Offenbarung, keine Handreichung von Außen.  Der Auftrag, der hieraus erwächst (“Erinnern–was wir “Lernen” nennen”), ist nicht weniger als Menschheitsagenda, ein evolutionärer Prozeß, der sich daher zwangsläufig als Ökumene -nämlich unter Sammlung sämtlicher Errungenschaft – sämtlichen Wissens- erweisen und bewähren muß. Hier kommt man, so man möchte,  zu  Karl Jaspers, der daher sagen kann: “Wahrheit ist was uns verbindet.”
Und um dem möglichen Mißverständnis entgegenzuwirken, Religiösität und Auschließlichkeit gehörten zwangsweise zusammen, ein aufschlußreiches Zitat von v.Glasenapp über “die” indische Religion:
H.v. Glasenapp:” Während die meisten abendländischen Metaphysiker…ihre Anschauungen für der Weisheit letzten Schluß ansahen, haben manche Inder schon seit der vedischen Zeit die Meinung vertreten, daß es eine für alle Menschen und alle Zeiten gültige religiöse oder philosophische Erklärung nicht geben könne, sondern daß nur eine Vielheit von Anschauungsweisen von verschiedenen Standpunkten aus je einen Teilausschnitt der für das Fassungsvermögen der Sterblichen unerkennbaren höchsten Wahrheit zu vermitteln vermag…. Diese ´dynamische´ Einstellung zum Wahrheitsbegriff hat den indischen Philosophen schon frühzeitig die Erkenntnis ermöglicht, daß alle Versuche, die Welt zu deuten, stets nur provisorischen und symbolischen Wert haben können.”

Thomas Müntzer

Thomas Müntzer findet heute im Vergleich mit anderen Reformatoren nur randständig Beachtung und wird zumeist ausschließlich mit den Bauernkriegen in Verbindung gebracht. Tatsächlich hat er mit Klarheit den Verfall des Christentums in seiner Zeit erkannt und in seiner pastoralen Tätigkeit vor allem Schritte eingeführt, um das Religiöse, das mittlerweile  ganz seiner Bestimmung entrissen war,   wieder zuruckzuführen, nämlich dem Eigenen, -dem Inneren religiösen Kern des Menschen-und somit darüber hinaus dem eigentlichen Körper der Kirche, also dem Volk.
Müntzer: Der Mensch”sol und muß wissen, das got in ym sey, …das er yn nicht außsinne, wie er tausent meilen von ym sey, sonder  wie himel und erden vol, vol Gottis seint, und wie der vatter den son in uns ohn unterlaß gebiret, und der heilige geist nit anders denn den gecreuzigten in uns durch herzliche betrubnis erklaret.”
H.J.Goertz:”Mit der Einführung der Kindstaufe, d.h., dem Vollzug des Sakrements an Unmündigen, Unbelehrbaren , ist der “Eingang zur Christenheit zum viehischen Affenspiel geworden.” (Eine starke Übereinstimmung  mit den Katharern)
“Sowohl die alten als auch die neuen Theologen verhinderten die Ankunft des Glaubens und nähmen dem gemeinen Mann jede Möglichkeit, in ein unmittelbares Verhältnis zu Gott zu treten.”
“Es muß ein yeder die kunst gotes, den rechten christenglauben nit durch stickenden athem teüfflischer scrifftgelehrten überkummen, sonder durchs ewige, krefftig wort des vatters im sun mit erleutherung des heyligen geyst und also erfüllet werden in seyner selen in die lenge, in die wyte, in die breyte, in die tieffe, in die höhe.”
Hier ist bis in den Wortlaut hinein Müntzers Anbindung an Meister Eckarts Texte zu erkennen, freilich hat er diese über Tauler aufgenommen, bezeugtermaßen in seiner Zeit im Zisterzienserkloster Beudenitz .
“Es sind nicht nur die Wittenberger, sondern auch die Fürsten, die sich der Ankunft des Glaubens in den Weg stellen und das Volk in Abhängigkeit, Angst und Not halten, …besonders aber fürchtet der Mensch die Obrigkeit, die eingesetzt ist , “nicht umb der forcht des gutten wercks, sondern umb der hengerischen forcht des bösens.”
Wenn Ludwig Marcuse sagt, “Eckehart war in der Tat viel gefährlicher als später Luther, als die Entlarvung des Priesterbetrugs im achtzehnten Jahrhundert, als der harmlose Atheist des zwanzigsten.”, so stellen wir fest, daß diese Gefährlichkeit in Männern und Mystikern wie Müntzer  zu wirkmächtiger Entfaltung kommt . Meister Eckharts gedankliche Sprengkraft kommt über Tauler zu Müntzer und ist indes Konsequenz aus der Adaption platonischer (mystischer) Prämissen über die  Seinsteilhabe jedes Einzelnen am Absoluten.

 

Immanente Kirche

Karl Jaspers: “Gemeinde ist wichtiger als Kirche, Sekte wirksamer als Kirche, könnte nicht der Kanon heiliger Bücher, die Form des Kultus, die Lebendigkeit der Kommunikation genügen?”
Kirche sollte gar nicht etwas Gefertigtes, Geschaffenes meinen, nicht im Ansatz etwas Eingesetztes, und ihre Gemeinde sollte weder des Kultus noch der Schrift noch irgendeiner Form oder Abgeschiedenheit bedürfen (haben wir das nicht bereits von Meister Eckhart eindringlich genug vernommen?), sondern  Kirche könnte  einfach  als Synonym für eine konsensuale  Ansicht gebraucht werden, die eine Einigkeit über die ontologischen Implikationen der menschlichen Stellung und Teilhabe am Gesamt-Sein und die Anerkennung der Beauftragung zur Gewahrwerdung hierüber und  -somit “Überwindung” -als Zweck und Daseinsbestimmung  anerkennt. Dies ist eine  Sache der Allgegengenwärtigkeit (bzw. Alltäglichkeit ) und somit enthoben von räumlichen oder zeitlichen Refugien und Vorhaben -im Gegenteil geht es ja um die Transzendierung jener-daher schmälert jede Verlagerung aus der Gegenwärtigkeit, jede vom “Ganzen” abgesetzte Form diesen eigentlich umfassenden Sakralisierungsauftrag.  Gewahrwerdung über die Konsequenz der Seins-Vorgabe erschließt sich zuletzt aus sich selbst und folgt einer inneren  Notwendigkeit zur Progression und ist auschließlich Frage der zur Immanenz ausgerichteten  Haltung und Handlung.

 

Erbsünde

Aus Georg Denzler: “2000 Jahre kirchliche Sexualmoral”:
“Augustinus ‘ Erbsünde:
Die Frau übertrage beim Geschlechtsakt die Erbsünde mit der Folge, daß jeder von ihr geborene Mensch mit diesem Urmakel behaftet in die Welt komme. Nur bei Maria ließ er eine Ausnahme gelten…”
Thomas von Aquin: “Der erste Mensch übertrug auch die Erbschuld, indem er die Natur übertrug, was durch die tätige Kraft des männlichen Samens geschieht.”
Dabei aber ist es nicht eine Frage von Geschlecht, Aktivität oder Empfängnis und  gar nicht die Sache einer moralischen Kategorie, vielmehr handelt es sich hier schlicht um die mangelhafte Biologie des Menschen -die Schuldfrage hierüber muß hier nicht erörtert sein-, die den Mensch durch ein Wahrnehmungs-bzw. Bewußtseinssdefizit seinem eigentlichen Sein enthebt und ihn (in und durch seine Wahrnehmung) zur mangelhaften Entitität, zum “Gefallenen”, eben erst zum Menschen macht. Diesen Mangel -oder eher einer Ahnung über das Gefallen-Sein- gewahr zu werden und nach seiner Auflösung zu streben, ist jeher religiöser Telos. Die Abneigung gegen das Körperliche als sichtbares Verharren  im Anti-Transzendenten rührt also sichtlich daher. Die Deklarierung des  verantwortlichen Sexus als Unmoral, die Koppelung des Triebes an  Schuld, als etwas, “das man nicht tut”, mag ein geeignetes Mittel sein, nachhaltig  ein Verdikt auf dies Körperliche zu legen, um (idealerweise) eine gegenläufige Richtung vorzugeben -allerdings enthob sich diese Prämisse alsbald  vom eigentlichen Grund -spiegelte eher die Irritation und Scham angesichts eines übermächtigen Triebes wieder und wurde sodann zu nicht mehr als einer Restriktion aufgrund einer  unreflektierten (psychologischen, angstbesetzten) Agenda. Nicht Keuschheit und Gnade, sondern Durchdringung und Aufstieg sind aber Zweck in Hinsicht  auf eine universal angelegte  Entwicklungsrichtung, die Generation um Generation nach vorne zu bringen hat, um (und das wissen wir nicht erst seit Schopenhauer), schließlich  über sich selbst  – sprich über die eigene  Herkunft zu Bewußtsein zu kommen. Hierfür  kann eine Körperrestriktion und die Konzeption der vererbbaren Schuld nicht förderlich sein, da so die stufenweise Entwicklung und Erlösung der Selbstexplikation und die Überwindung ihrer ersten Verursachung nicht in natürlichem bzw. gebotenem Maße vollziehbar wäre.

 

 

Ägypter

Erik Hornung in der “Der Eine und die Vielen“, seiner Abhandlung über die ägyptische Götterwelt: “Nirgends begegnen wir der Ausschließlichkeit, die in jedem Monotheismus enthalten sein muß.” “Atum ist derjenige Gott, der anfangs alles war, vollständig im Sinne einer undifferenzierten Einheit und zugleich nichtseiend, weil das Sein erst mit seinem Schöpfungswerk offenbar wird.”
Und: “Man könnte sagen: Der Ägypter erkennt in all diesen so verschiedenen Göttern den Re wieder, sobald sie ihm als Schöpfer entgegentreten, so wie er in den verschiedensten falkengestaltigen Göttern den großen Himmelsfalken Horus wiedererkennt. Das hängt mit seinem assoziativen Denken zusammen, das überall Verbindungen aufspürt.”
Da liegt es mir nahe, mich heute als Ägypter zu bezeichnen, denn wer meinen Blog kennt, wird kaum behaupten können, daß ich hiermit falsch liege.

Räuberstaat

J. G. Fichte:
“Durch die Errichtung des einen wahren Staates , diese feste Begründung des inneren Friedens, ist zugleich der auswärtige Krieg…seiner Möglichkeit nach abgeschnitten. Schon um seines eigenen Vorteiles Willen, schon in seinem Bürger keinen Gedanken an Unrecht, Raub und Gewalttätigkeit aufkommen und ihm keine Möglichkeit des Gewinnens übrig zu lassen, außer durch Fleiß und Arbeitsamkeit in der vom Gesetze angewiesenen Sphäre, muss jeder Staat die Verletzung eines Bürgers des benachbarten Staates ebenso streng verbieten, so sorgfältig verhindern, so genau ersetzen lassen und so hart bestrafen, als ob sie an dem eigenen Mitbürger ausgeübt wäre. Dieses Gesetz über die Sicherheit des Nachbarn ist notwendigerweise Gesetz jedes Staates, der kein Räuberstaat ist. “
Richten wir den Blick auf die aktuelle Lage, gerade in Nahost, wird jeder feststellen müssen, daß dort nach verlautetem Satz zu urteilen ausgemachte Räuberstaaten am Werk sind. Gerade diese meine ich, die unter westlicher Billigung  die hier genannte Maxime – ganz offenbar und  von staatswegen mit vollem Bewußtsein verletzen und somit also ganz offen ihren Räubercharakter offenbaren -und sich nach Fichte dadurch nicht einmal als  “wahrer Staat” bezeichnen dürften.  Es ist dabei opportun geworden, den Räubern zuzuschauen und außer ideologischen, Lobby-befeuerten Gründen meist aus einer Gemengelage von Eigeninteressen, zumeist pragmatischster (wirtschaftlicher) Art, nicht in ihr räuberisches Handwerk zu pfuschen. Mit dieser Haltung aber hat sich der Westen moralisch nachhaltig derart desavouiert, daß er neben der Konsequenz des asymmetrischen Krieges damit zu leben hat,  -so er dies aktuell noch vorhatte–keinerlei geistigen  Führungsanspruch (mehr)proklamieren  zu können.

 

Possibilismus und Aktualismus

Meinard Kuhlmann in seinem Artikel “Ontologie”, Meiner 2014:
“Die heutige Debatte um mögliche Welten dreht sich primär um die Frage, in welchem Sinne mögliche Welten existieren, während es früher in erster Linie um das Ob ging (ein prominenter Gegner möglicher Welten war Quine). Die beiden heute wichtigsten Positionen zum ontologischen Status möglicher Welten sind erstens der Aktualismus (A. Platinga) und zweitens der Possibilismus (D.Lewis). Aktualisten bestehen auf der relativ moderaten Position, daß nur Objekte in der tatsächlichen (actual) Welt als gewöhnliche konkrete Objekte existieren und nichtaktuale Welten zwar existieren, jedoch nur als abstrakte Entitäten. Unsere Welt ist also vor anderen möglichen Welten als tatsächlich (aktual) ausgezeichnet. Die Possibilisten dagegen behaupten, daß alle möglichen (possible) Welten im gleichen Sinne existieren. Keine Welt ist als tatsächlich (aktual) ausgezeichnet. Aktualität zeichne eine Welt genauso wenig aus wie auch andere indexikalische Ausdrücke wie ‘hier’ und ‘jetzt’ keine Stellen in Raum und Zeit auszeichnen, sondern nur etwas über die Position des Sprechers aussagen.”
Die Quantenphysik:
Nick Herbert:“The world exists when we don´t look at it in some strange state that is indescribable, at that moment we look at it it becomes absolutely ordinary.”
Brian Clegg
: “Der bloße Akt der Beobachtung eines Systems reduziert scheinbar alle Möglichkeiten auf ein einzelnes Ergebnis.”
“Wegen der Schrödingergleichung über die Wellenfunktion der Teilchen: Manche denken, der Kollaps der Wellenfunktion sei eine Illsuion, weil sich alle Ergebnisse in verschiedenen Welten verwirklichen.”

Meine Position:
Eine Welt zeichnet sich meines Erachtens dann als aktual aus, wenn sie (intersubjektiv) wahrgenommen wird. In diesem Sinne kommt ihr aber lediglich intersubjektive “Wirklichkeit” zu. Hier würde ich lieber von Existenz sprechen. Wirklichkeit besteht nur jenseits des Aktualen (oder Berkeley: als Fähigkeit zum Aktualen). Jede Existenz -aller möglicher Welten – ist nicht wirklich, sondern als Subjektivität bezeichnete Konsequenz perzeptioneller Reduktion. In diesem Sinne bin ich (gerne) Possibilist.