Category Archives: Philosophisches

Cusanus, Tantra, Plotin

“Das symbolische, transsumptive und experimentierende Erforschen der Wirklichkeit und ihres Grundes hält sich an das nicht ausgeführte Projekt einer symbolischen Theologie des Dionysius Areopagita, das sich als eine im Sinnenfälligen ansetzende, dieses aber auf das Intelligible zurückführende Handreichung versteht. Sie beruht auf dem Vertrauen in die begriffs- und sach-aufschließende Zeigekraft einer theophanischen Weltstruktur; sie braucht das sinnlich Gegebene, aber auch Begriffe und Strukturen unseres Denkens als Zeichen, Spur, Verweis, Bild, Gleichnis, Analogie und Metapher für das Verstehen des jeweiligen konstitutiven Grundes und für den Übergang aus affirmativer Annäherung in die theologia negativa. ” (Werner Beierwaltes)  
Eine ähnliche Grundierung finden wir im hinduistischen Tantrismus:
“Der Tantrismus ist eine Erkenntnislehre, die auf der Untrennbarkeit des Relativen und des Absoluten basiert. Der Tantrismus betont die Identität von absoluter und phänomenaler Welt. Das Ziel des Tantrismus ist die Einswerdung mit dem Absoluten und das Erkennen der höchsten Wirklichkeit. Da angenommen wird, dass diese Wirklichkeit energetischer Natur ist und Mikrokosmos und Makrokosmos verwoben sind, führt der Tantrismus äußere Handlungen als Spiegel innerpsychischer Zustände aus. Da Geist und Materie als nicht vollständig geschieden angesehen werden, ist der hinduistische Tantrismus diesseitsbejahend und benutzt psycho-experimentelle Techniken der Selbstverwirklichung und Erfahrung der Welt und des Lebens, deren Elemente als positive Dimensionen erfahren werden sollen, in denen sich das Absolute offenbart.” (Wikipedia)

Für den Neuplatonismus Volkmann Schluck: “Das Hinaussehen der Seele über die Sinnesdinge auf die Idee hin und zwar gemäß der leitenden Grundfrage eines steigenden In-sich-hineingehens.”
In diesem Kontext zur neuplatonischen Apheiresis: Dabei geht es um die Materialität und Körperlichkeit, die als Einschränkung begriffen und vom wahren Sein durch apheiresis entfernt werden.
C. Tornau: “Bei der Aphairesis führt man sich  die Tatsache vor Augen, daß die Regeln materiellen Seins Trennungen vorgeben, die de facto im Höheren nicht gelten, indem man die räumliche und zeitliche Trennung der Gegenstände in Gedanken nach und nach aufhebt, ohne ihre Differenz aufzuheben, so daß man schließlich eine Vorstellung vom Sein gewinnt, in der alles eins und dennoch unterscheidbar ist. Der entscheidende Schritt besteht darin, die Grenze zwischen dieser Vorstellung und sich selbst aufzuheben. Der Gewinn daraus ist die Einswerdung mit dem geistigen Sein als ganzem unter voller Bewahrung der eigenen Identität.”
 
Das Ziel, die Teilhabe oder Schau des geistigen Seins nach Plotin:
“In den anderen sehen sie sich selbst. Es ist ja alles transparent, es gibt nichts Dunkles oder Widerständiges, sondern jeder und alles ist für jeden deutlich sichtbar bis ins Innerste; Licht ist es ja für Licht.”

Hier schließt sich in der Proklamation des konstitutiven Grundes  vor der Erscheinung der Kreis zu Dionysios Areopagita (und zu Cusanus), was nicht wundert, steht dieser doch in neuplatonischer Tradition. So erhält die Form  im Übersteigungswunsch ihr ureigenes Recht, sie genießt Achtung (nicht Verachtung!) in der ihr zugewiesenen, symbolistisch aufgefassten Position. Somit ist sie dem Verständnis nach Schein im Sinne von Abglanz und nicht im Sinne von Wahn -und genau dies bezeichnet den gravierenden Unterschied im Umgang mit ‘Sein’ und  ‘Welt’ und ‘Emanation’.

Gnade und Teilhabe

Auf Grundlage der Philosophie des Advaita Vedanta läßt sich von einem Anhänger der Lehre folgende Aussage treffen:
“Alles was ich habe, ist das Resultat meiner Handlungen. Ich korreliere sinnvoll zu dem Feld, insofern spiegelt mein aktuelles Sein meine Nähe oder Ferne zu dem Feld wieder.”
Dies ist aufgrund der ontischen Gleichheit der Seinsbereiche (‘Feld’ hier synonym für die Totalität des Seins), die dem atman- brahman Konzept inhärent ist, nur folgerichtig.  Der spirituelle Weg bezeichnet eine Angleichung der Eigenheit zur Eigentlichkeit. Diese meint Entwicklung zur Erweiterung im Sinne einer Ichabgabe als ein Über Sich Hinausgehen in eine relative  Unbestimmtheit, die sich letztlich als atman konstituiert  und dabei den Ich-Aspekt zum eigentlichen (höheren) Selbst integrierend in der Blickrichtung zum Höchsten diesem derart immer näher kommt, indem es sein ichhaftes Sein  im Kern als jenes  rein geistige Sein erkennend seine desintegralen Aspekte, zu denen prominent die raumzeitliche Individuation und Wahrnehmung zu zählen sind, überwinden will.
Insofern ist die eigene aktuelle Verfasstheit ein Resultat auf diesem Weg, sie ist (über Inkarnationen) selbst erarbeitet, man kann auch sagen: sie ist verdient.
Hier läßt sich nun ein Kontrastierung  zur theistischen – explizit zur protestantischen – Religiosität anbringen: Dort gilt gerade der äußere Erfolg als Aussage über das eigene Sein und somit  als Ausweis und Verdienst (vermeintlich) gottkonformen Lebens. Da im Theismus  eine ontische Getrenntheit des Menschen zum Numisosum besteht, wird der Wirk-Mechanismus von Selbst-Sein und transzendierender Aktion  einem Vater-Sohn Verhältnis überschrieben, und diese unabdingbare Spaltung  erwirkt eine  diskontinuitive ‘Resonanz’, nämlich ausgedrückt im Gnadenerweis, der aber in seiner Vollgültigkeit eigentlich erst  in dem von der Hiesigkeit abgeschnittenen Ereignis der Erlösung vollzogen werden kann, also am apokalyptischen Ende der Zeit als Gericht über die Seelen und ihre Taten. Nun aber  expliziert man, wohl einem inneren Drang gemäß, doch ein hiesiges ‘Verfasstsein zu Gott’, dabei aber – weil die Hiesigkeit eben  als abseitig vom Numinosum gedacht ist, sichtbar nun in  äußerem (weltlichen) Zustandekommen – ohne Ausweis der Teilhabe an irgendeiner spirituellen Inhärenz, was genau als Signum der Verhaftetheit (bzw. als eigentliche A-Religiosität) der Lehre gedeutet werden kann. (Der  vielbeschworene Glaube indes kann die  besagte Diskontinuität nun keineswegs überwinden.) Der Erfolg zeigt sich nun vornehmlich in weltlichen Dingen und nicht an vom Subjekt erschlossener Mitwirkung, an Inspiration, Intuition oder geistiger Erkenntnis. John Wesley: “Denn Religion muß notwendig sowohl Arbeitsamkeit als auch Sparsamkeit erzeugen, und dies könnte nichts anderes als Reichtum hervorbringen.” Was hier aber  zum prominenten  Signum protestantischer Spiritualität wird, ist  dem Vedantisten hingegen Sekundär-Ergebnis seiner Tugend, die durch disziplinierte Lebensführung eine Wahrscheinlichkeit eben auch für den äußeren Erfolg vergrößert und diesen mit einschließen kann. Im Kern aber geht es -anders als beim Theisten – um inneren Reichtum, um spirituelle Veränderung und  erkennbares Wachstum  durch Teilhabe und Selbst-Sein und aktualen Vollzug, als  Ereignis auf dem Weg der Annäherung und schließlich der Gleichwerdung, und zwar in der Kontinuität, die dem Monisten eigen zu sein hat.

Seele, Samkhya und Tibetischer Buddhismus

Im Samkhya  wird der höhere Körper  für sich als völlig empfindunglose  Qualität dargestellt, er ist insofern auf einen Korpus angewiesen, der ihn ‘belebt’ und als wahrnehmend aktiviert.  “Die Schöpfung dient lediglich den Interessen der Seelen; denn sie hat den Zweck, zunächst den Seelen die Objekte der Erfahrung zu schaffen, und zweitens, die Seelen zur Erkenntnis des Unterschiedes ihrer selbst von allem Materiellen und damit zur Erlösung zu führen.” (Richard Garbe)
Nahtod- und andere spirituelle Erfahrungen widersprechen nicht  diesem Prinzip, verleihen allerdings der nicht-inkorporierten  Seele eine gerade auch perzeptiv gesetzte  Seinskontinuität, gar  eine Ermöglichung der elementaren Seins-und Erfahrungs-Steigerung. Keineswegs handelt es sich um ein Eingehen aus der inkorporierten Erfahrungsebene in eine transzendente Empfindungslosigkeit.
Nach dieser Lesart kommt es im Samkhya – der ja mitunter als Propädeutik zum Buddhismus interpretiert wird – also zu einer absoluten Gegenposition zur Lehre des tibetischen Totenbuches, das ja gerade in aller Ausführlichkeit von der Empfindung des höheren und körperlosen Ich handelt. Im Samkhya: “Der innere Körper wandert [aus einem groben Körper in den anderen] weil er sonst nicht empfinden kann, affiziert von Zuständen.”
“Aus diesen Worten ergibt sich zunächst, daß sowohl die Metempsychose wie die Empfindung durch den inneren Körper bewirkt wird. Da aber das Zustandekommen der Empfindung von seiner Vereinigung mit einem groben Leibe abhängig ist, so folgt, daß in dem Augenblick der Wanderung, d.h. während der kurzen Zeit, die der innere Körper nach dem Eintritt des Todes unterwegs ist, um in einen anderen Körper zu gelangen, keinerlei Empfindung stattfinden kann.” (Richard Garbe)

Samkhya, Apriorie der Körper

“Ehe sich aus der groben Materie die Leiber der beseelten Wesen entwickelt haben, sind bereits die feinen Substanzen vorhanden gewesen, aus denen die inneren Organe der Wesen bestehen. In welcher Weise die Samkhya-Philosophie sich die selbstständige Existenz der Buddhi, des Ahamkara und der Sinnesorgane denkt, wird nirgends in unseren Texten gesagt und ist auch aus dem Zusammenhang der Lehren nicht zu verstehen. Vijnanabhiksu sagt am Schluß seines Kommentars zu Sutra I.63, daß die Schöpfung aus der kosmischen Buddhi nicht aus einer individuellen hervorgegangen sei, und deutet an, daß auch die nächsten Evolutionsstufen in dem selben Sinne zu verstehen sind. Wie aber eine solche feine Substanz…ohne einen animalischen Organismus bestehen und sich fortentwickeln kann, wie sie sich ferner in Teile spaltet, um bei der Enstehung der Leiber die individuellen inneren Organe zu bilden,  das sind Rästel, die unser System ungelöst läßt.” (Richard Garbe)
Ich schließe hier an mit der Lehre von der Weltseele, die von theosophischer (und ebenfalls schamanistischer) Warte als kosmischer Organismus lichthafter Qualität bezeichnet ist. (Die Rede vom Licht ist zugleich, da sich die überweltlichen  Qualitäten der Sensorik und Sprache entziehen, immer auch allegorischen Charakters.) Es handelt sich um eine  All-Verbundenheit in höherstofflicher Seinslage, aber mit dem Impetus zur materiellen (besser: perzeptiven)  Verwirklichung, die durch (Selbst-) Abgriff auf kausalkörperhafte Ebene aus sich selbst Mannigfaltiges (primär noch Feinstoffliches) hervorgehen läßt. Sie tut dies durch die Setzung von Individuationsgründen, eben indem  die dem Körper apriorischen  Mechanismen derart konstituiert werden, daß sie Abgriff und Ausschnitts-Sehen (und somit Separation und Vergessen/siehe hierzu Korrelationen zum Platonismus) hervorbringen, dies wird ja gerade  durch das Konzept von Ahamkhara, dem Ichmacher verdeutlicht.  Dieses Auschnitts-Sehen bedingt dann die  Sicht der raumzeitlichen Welt im bzw. nach dem Auge des  physischen Betrachters.  Der Abgriff könnte  hierbei mit  teilchenhaften, apriorisch-physikalischen Karma-Dispositionen korrelieren und  daher Inkarnation (Ich-Werdung) nach Stand der  Nähe oder Ferne zum Ursprung und Endpunkt der Explikation (dem Einen) darstellen. Hierzu beachte man die Parallele zum Neuplatonismus: Die (Welt-) Seele inkarniert nach ihrem Stand  und begreift sich diesem gemäß anteilig desintegrativ, wobei sie den Impetus zur Blickrichtung erlangt, der nach der  oberen Disposition, also dem Endzweck ihrer eigentlichen Herkunft, gelenkt ist.

Die drei Gunas und Neuplatonismus

Die im Tantra, Vedanta und Samkhya typische  Unterteilung  von der Seelenqualität in Sattva, Rajas und Tamas:
Sattva: Licht und Leichtheit, Tugend, Selbstbeherrschung, Gemütsruhe, Wohlwollen, Freundlichkeit des Wesens, Reinheit, Glück, Heiterkeit, Zufriedenheit, Erreichung übernatürlicher Kräfte.
Rajas: Kraft, Bewegung, Schmerz, Kummer, Sorge, Angst, Ärger, Unzufriedenheit, Abhängigkeit, Eifersucht, Neid, Unstetheit, Aufregung, Leidenschaft, Begierde, Liebe und Haß, Bosheit, Streit-und Tadelsucht, Ungestüm, Wildheit, und Unfreundlichkeit, Ergeiz , Streben und Tätigkeit.
Tamas: Schwere, Starrheit, Dunkel, Niedergeschlagenheit, Furcht, Bestürzung, Verzweiflung, Teilnahmlosigkeit, Unentschlossenheit, Betörung, Stumpfsinn, Unwissenheit, Trunkenheit, Wahnsinn, Ekel, Trägheit, Nachlässigkeit, Bewußtlosigkeit, Schlaf, Ohnmacht, Hartherzigkeit, Schamlosigkeit, Liederlichkeit, Unreinheit, Schlechtigkeit, Nihilismus. 

“Die Urmaterie ist im Samkhya System der Zustand des Gleichgewichts von Sattva, Raja und Tamas… Es ist klar, daß diese ganze Theorie der drei Gunas eine reine Hypothese ist, die mit sehr vielen anderen philosophischen Thesen das Schicksal teilt, vor dem modernen Standpunkt nicht bestehen zu können, aber sie ist immerhin ein interessanter Erklärungsversuch, der für die Inder eine so überzeugende Kraft besessen hat, daß der Gedanke noch heute den allgemeinen philosophischen Vorstellungskreis beherrscht.” (Richard Garbe)
Ich füge hier eine Einpassung der Konzeption in den Neuplatonismus an. Man kann hier Tamas dem neuplatonischen materiellen Zustand zuordnen. Nach Plotin: “Der Mensch” (in seiner nicht seelischen, rein raumzeitlich betrachteten Disposition), “das bunt zusammengewürfelte Tier”.
Sattva und Rajas bezeichen Qualitäten, die der plotinischen (Welt-)Seele beide potentiell inhärent sind.  Rajas strebt dabei ‘nach unten’ zur Verwirklichung der (bzw. in der) materiellen Welt, Sattva hingegen zeigt die Seele in ihrer privilegierten Position, die nach oben strebt und sich immer mehr dem inneren Wesen des Nous annähert.
Plotin: “Denn wenn sie (die Seele) hineinblickt in den Geist, so hat sie das, was denkend verwirklicht, in sich selbst als ihr Zugehöriges, und das allein darf man tätige Verwirklichung der Seele nennen, was sie geistgemäß und als ihr zugehörig verwirklicht, während das Niedere ihr von anderwärts kommt und ein Leiden einer entsprechend niedrigen Seele ist.”

Konstrukt und Apriorie

Von konstruktivistischer Warte: Die Welt ist durch Wahrnehmung dem Menschen bildhaft konstituiert (bzw. wird ‘Welt’ von ihrer apriorischen Grunddisposition her so zum uns Vertrauten, zu subjektiver Anschauung reduziert, diese Konstruktion ist ja vielmehr eine Reduktion) –  dies ist nicht weniger als  empirisch oder wissenschaftlich evident. Wahrnehmung differiert dabei von Art zu Art. (Dies allein der Nachweis der  Relativität des Wahrgenommenen.) Und dies wirft die Frage nach der gültigen, eben absoluten  Ansicht – dann: nach dem Wesen des Objektes als solchem – auf, denn jenes  kann ja zuletzt nur durch die Summe aller Wahrnehmung und aller nur erdenklichen Blickwinkel wesenhaft beschrieben sein. Insofern sind der Mensch, der Körper, somit seine Sinnesorgane aber ebenfalls ‘sekundärer Art’, weil durch Wahrnehmung konstituiert. Wie aber kann das, was  in diesem  Radius konstituiert ist, gleichzeitig der Grund für eben das sein, was eben jene Konstitution hervorbringt? Um diesen Zirkelschluß zu vermeiden, muß man einen Schritt über diesen Kreis hinausgehen. Nur eine Seinsdisposition, die oberhalb diesem liegt, wäre also zu einer  raumzeitlichen Verbildlichung, deren Ursächlickeit ja vor den Sinnen liegen muß,  imstande. Da nun der eingehende Satz einen nicht hintergehbaren Sachverhalt enthält, muß sich demnach auch die Proklamation einer  -wie auch immer gearteten – höheren  schöpferischen  Kausaliät  als schlicht evident erschließen lassen, selbst wenn diese bisher außerhalb der gängigen Wissenschaften lokalisiert ist. Wie alt die Frage als solche ist, sei im folgenden kurz gestreift:
Für das indische Samkhya-System  Richard Garbe: “…findet nach der Samkhya-Lehre die Weltentfaltung in der Weise statt, daß aus der Urmaterie zuerst die Buddhi (Vernunft, Geist, Intellekt), aus dieser der Ahamkara, aus diesem die Sinnesorgane und die Grundstoffe, und aus den letzeren die groben Elemente hervorgehen.” Hier wird also von feinstofflichen, apriorischen Instanzen und entsprechenden (höheren) Sinnen gesprochen! Die Sinnesorgane sind Hervorbringung aus dem Geist, indem sie  schon im feinstofflichen eine apriorische Existenz als Ursache (der raumzeitlichen Sinnesorgane) haben.
Für den Neuplatonismus stellt sich die Synthese von Schaffendem und Geschaffenem  wie bei Plotin folgend dar: “Der Geist aber enthält den Grund, weswegen jedes Einzelne in ihm genau SO ist; und was die Gegenstände in ihm ihrerseits angeht, so ist jedes Einzelne in ihm er selbst, und somit ist es auf keinen weiteren Grund angewiesen, weswegen es entstanden ist, sondern es ist entstanden und hat zugleich damit in sich selber die Ursache seiner Existenz.”
Und aber (!): “Ehe sich aus der groben Materie die Leiber der beseelten Wesen entwickelt haben, sind bereits die feinen Substanzen vorhanden gewesen, aus denen die inneren Organe der Wesen bestehen.” 
Richard Garbe: “Die Samkhya-Philosophie lehrt, daß die Objekte der Wahrnehmung und Empfindung und die Organe, mit denen wir die Objekte wahrnehmen und empfinden, denselben Ursprung haben. Dasjenige Prinzip also, aus dem die Sinne entstanden sind, muß zugleich die Quelle der feinen Elemente sein.” 
Nietzsche sagt hingegen in ‘Jenseits von Gut und Böse’ folgendes: “Um Physiologie mit gutem Gewissen zu treiben, muß man darauf halten, daß die Sinnesorgane nicht Erscheinungen sind im Sinne der idealistischen Philosophie: als solche könnten sie ja keine Ursache sein! Sensualismus mindestens somit als regulative Hypothese, um nicht zu sagen als heuristisches Prinzip – Wie? und andere sagen gar, die Außenwelt wäre das Werk unserer Organe? Aber dann wäre ja unser Leib, als ein Stück dieser Außenwelt, das Werk unserer Organe! Aber dann wären ja unsere Organe selbst – das Werk unserer Organe! Dies ist, wie mir scheint, eine gründliche reductio ad absurdum: gesetzt, daß der Begriff causa sui etwas gründlich Absurdes ist. Folglich ist die Außenwelt nicht das Werk unserer Organe – ?” Die Aussage von Carl Friedrich von Weizsäcker, der in Bezug auf die Erkenntnisse der Quantenphysik konstatierte, Raum und Zeit seien nicht apriorisch, ist für Nietzsche noch fremdes Land. Er erkennt in der platonischen bzw. idealistischen Diesseitsleugnung nur reine Spekulation, intellektuellen oder lebenspraktischen Eskapismus oder vor allem eine Schwäche der Christen, schließlich schlicht priesterliche Willkür. In seinem Todesjahr erst beginnt Max Planck mit der Formulierung der Quantentheorie.

Tierethik im Mazdaismus

“Im Mazdaismus wird die Welt wie bei Fichte erblickt als das versinnlichte Materiale unserer Pflicht, nur ist diese ganze Weltordnung bei Zarathustra viel naturvertrauter empfunden.” (H. Günther)

Exemplarisch für die tierethische Implikation im Zoroastrismus seien hier zwei Textstellen aus dem Arda Viraf, einer zoroastrischen Jenseitsvision erwähnt:

 The Book of Arda Viraf Chapter 30, The Animal Killer
“Ich sah die Seele eines Mannes, dem Dämonen die Glieder brachen und abtrennten, eines vom anderen. Der gerechte Sros und der Engel Adur sagten: Diese Seele gehört einem bösen Mann, der sich in der Welt der Lebenden unrechtmäßig verhalten hat, da er Kühe tötete und ebenso Haustiere und andere Tiere mit vier Beinen.”

The Book of Arda Viraf Chapter 48, The Dog Abuser
 “Ich sah die Seele eines Mannes, der von hundartigen Dämonen zerissen wurde. Die Seele gibt den Hunden Brot, aber sie fressen es nicht,  sie fressen stattdessen für immer seine Brust, seine Füße, seinen Bauch und seine Schenkel. Ich fragte, welche Sünde diese Seele begangen habe, daß sie eine solch ernsthafte Strafe erdulden muß. Der gerechte Sros und der Engel Adur sagten: Dies ist die Seele eines bösen Mannes, der in der Welt der Lebenden das Futter der Schäferhunde  und der Wachhunde zurückhielt und sie geschlagen oder getötet hat.”

Rudolf Steiner: “Alles, was der Mensch tun kann, um die Kräfte der Natur zu veredeln, um sie hinaufzuheben, das kann geschehen, wenn der Mensch sich verbindet mit Ahura Mazdao, mit der Kraft des Ormuzd. Ormuzd ist eine aufwärtsgehende Strömung. Wenn der Mensch aber die Natur so läßt, wie sie ist, dann kann man sehen, wie alles in die Wildheit hineintreibt. Das kommt von Ahriman!”

Buddhismus, Trugbild

Folgender Text wirft ein Schlaglicht auf den absoluten  Anti-Substanzialismus im Buddhismus, der hiermit auch jeder relativen Form der Existenz schroff gegenübertritt.  Das platonische Abbild oder Schattenbild  erfährt so eine weitere ontische Minderung zum reinen (und herkunftslosen) Trugbild, auch birgt diese  Sicht einen stark sollipsistischen Charakter: 
“In welcher Form auch immer Phänomene auftauchen, sie sind nicht real. Alle substanziellen Dinge sind irreal und trügerisch, wie eine Fata Morgana….Ich sehe etwas, das nicht existiert, als existent an. In Wirklichkeit sind alle diese Dinge, die ich wahrnehme, nichts als Wahrnehmungen meines eigenen Geistes… Ich habe das Unwirkliche als wirklich betrachtet. Ich habe Illusion als Wahrheit verstanden. Dies ist der Grund, warum ich für so lange Zeit in der zyklischen Existenz umhergewandert bin. …
Jetzt muß ich erkennen, daß alle diese Phänomene gänzlich ohne alle substanzielle Existenz sind und auch nicht für einen Augenblick eine solche besitzen. In Wirklichkeit sind sie wie ein Traum, wie eine Illusion, wie ein Echo, wie eine himmlische Stadt, wie ein Trugbild, wie eine Spiegelung, wie eine optische Täuschung, wie Mond, der im Wasser reflektiert wird. Es ist absolut gewiss, daß diese Phänomene nicht wirklich real sind, sondern eine Täuschung. Durch diese meine einsgerichtete Entschlosssenheit will ich meine Auffassung ihrer wahren Existenz zerstören. Durch das völlige Vertrauen auf diese Meditation wird meine Auffassung der innewohnenden Existenz umgekehrt werden. “
Und in Bezug auf den eigentlichen Telos, der unbedingten Vermeidung jeder Wiedergeburt:
“Wenn du in der Tiefe deines Herzens erkennst, daß all diese Phänomene unwirklich sind, werden die Schoßeingänge sicherlich verschlossen. “
(Das Tibetische Totenbuch)

Tibetisches Totenbuch, Tierethik

In folgendem Text des tibetischen Totenbuches wird die tierethische Implikation der buddhistischen Lehre in aller Deutlichkeit  veranschaulicht.

“Die Jäger in den Bergen, die Fischer an den Flüssen und jene, die Nutzvieh schlachten; werden weitergehen und in den achtzehn Höllen geboren werden. Der Schlachter niederster Kaste hat sein Leben lang üble Taten begangen und hat sich selber um seine Teilhabe an der Tugend gebracht.

Er hat alle Tiere, die er zu Gesicht bekam, getötet. Er hat sich von warmem Fleisch ernährt, und als Getränk hat er warmes Blut genommen.

In den Hochtälern hat er unschuldiges Wild getötet; drunten im Tal hat er unschuldige Fische umgebracht; 

In ganz Ostindien nennt man dich nur den ‘Schlachter mit der roten Hand’ in ganz Südindien bist du als ‘der Missetäter Laksanaraka’ bekannt; in ganz Westindien wirst du ‘der schwarze unberührbare Schlachter’ genannt; und in ganz Nordindien nennt man dich ‘den schwarzen Mörder aller’. Deine Kaste ist die der schwarzen Candala, und deine Familientradition ist die der Übles tuenden Schlachter. Alle Generationen deiner Familie werden ohne Ausnahme den Weg in die Hölle nehmen. Als du tötestest, schienst du Spaß daran zu haben; als du aßest, schien es dir schmackhaft zu sein – aber schmeckt es jetzt noch so gut? Was nützt dir deine schlaue, schönredende Zunge jetzt? Nun ist für dich die Zeit gekommen, Leiden zu erfahren, zur Vergeltung für die Millionen von Tierleben, die du genommen hast.  

…die Wellen von kochender Bronze sind stürmisch, die lodernde Masse vergangener Taten ist sengend heiß und die Boten von Yama haben nur wenig Erbarmen. Die Haltung des Dharmaraja ist überaus streng, die Waffen vergangener Taten sind spitz und scharf, und die schwarzen Winde vergangener Taten sind äußerst mächtig.”

 

Tibetisches Totenbuch, hypostasenfeindlich

Das tibetische Totenbuch über den Bardo des Werdens: “Oh Kind der Buddha-Natur, zusammen mit den Strahlungen des reinen Erkennens werden gleichzeitig die sechs trüben Lichter, Anzeichen der sechs Klassen von Wesen, die von unreinen und verwirrenden Wahrnehmungen verdunkelt sind, auftauchen. Es werden also das trübe weiße Licht der Götter, das trübe rote Licht der Gegengötter, das trübe blaue Licht der Menschen, das trübe grüne Licht der Tiere, das trübe gelbe Licht der gepeinigten Geister und das trübe rauchige Licht der Bewohner der Höllen zusammen mit den Strahlungen des nackten reinen Erkennens auftauchen. Ergreife in diesem Moment keines dieser Lichter oder hafte ihm an. Entspanne dich und verweile in einem Zustand ohne Bezugspunkte. Denn wenn du den reinen Glanz der verschiedenen Arten reinen Erkennens fürchtest und an den unreinen Lichtern der zyklischen Existenz mit ihren sechs Klassen von Wesen haftest, wirst du einen Körper in einem dieser Bereiche annehmen und geschwächt werden. … Gib dich den hellen und gleißenden Strahlungen des nackten reinen Erkennens hin. Sei voller Hingabe und denke: ‘Die Lichtstrahlen des reinen Erkennens, die das Erbarmen der Zur-Glückseligkeit Gegangenen sind… sind gekommen, um mich voller Erbarmen zu ergreifen.”
Hierzu zwei Anmerkungen: Auch die  höheren Welten (der Götter) werden als ‘trübe Option’ vorgefunden, insofern  findet hier eine Abwertung  jener Seinsbereiche statt, die in anderen religiösen oder mystischen  Schulen durchaus bzw. gerade besonders von (Aufstiegs-) Interesse sind.
Auffällig an vielen Stellen des tibetischen Totenbuches ist andererseits, daß eine relative Abschwächung der der Lehre immanenten Abstraktion von allem Bild unternommen wird, da man sich wiederholt an höhere (personifizierte) Mächte wendet und diese um Gnade ersucht.  Hierbei könnte es sich um eine (nun intitutionalisierte/ritualisierte) Konzession an einen vorfindlichen Volksglauben handeln. Andererseits erfährt man aber  wie in dieser Textstelle das Ziel allen Strebens als reines Licht und gleißende Strahlung beschrieben. Die Korrelation zur Lichterfahrung im Nahtoderleben ist offensichtlich.