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Kontinuum (Tantra)

G. Coleman: “Das Sanskrit-Wort Tantra bedeutet wörtlich Kontinuum oder ‘ununterbrochener Fluss’, der von grundlegender Unwissenheit zur Erleuchtung fliesst. Der Begriff steht für die Kontinua von Grund, Pfad und Resultat. Durch das Kontinuum des Pfades wird das ursprünglich gegenwärtige Kontinuum des Grundes verwirklicht oder vollständig als das Kontinuum des Resultates manifestiert. Da das Tantra fortgeschrittene Techniken umfasst, die es erlauben, unstimmige Geisteszustände wie Begehren, Anhaften und Hass, Abneigung ohne Abkehr, Entsagung oder Zurückweisung in Zustände der Verwirklichung umzuwandeln (Einsicht in das geistige Kontinuum und dessen Umwandlung [zum erleuchteten Zustand]) , kann der Praktizierende ein ununterbrochenes Kontinuum zwischen seinem anfänglich gewöhnlichen Geist, dem fortgeschrittenen Geist auf dem Pfad und dem sich als Resultat ergebenen vollkommenen Erleuchteten Geist des Buddha kultivieren. Sechs Klassen repräsentieren Stadien der immer weiter abnehmenden Betonung von äußeren Ritualen und der immer weiter zunehmenden Subtilität der inneren Meditation.”
In dem Kontext sei hier ein auf den ersten Blick überraschend wirkender Sprung zu Nikolaus von Kues getan: Er entwirft ein System von Handreichungen, “für einen im Sinnlichen anfangenden Rückgang ins Intelligible.” (W.Beierwaltes) Zugrunde liegt hier ebenfalls eine Zusammenführung von Immanenz- und Transzendenzgedanken, und dies offensichtlich als cusanische Reminiszenz an Meister Eckhart bezüglich  der Befähigung des Menschen zur “lichthaften, wissenden Erfahrung des Grundes.” (Cusanus)
Cusanus: “Nach dem sinnlichen Bilde gedenke ich euch, geliebte Brüder! auf dem Weg frommer Betrachtung in das Gebiet der mystischen Theologie zu erheben.”
Die tantrische Prämisse ist also gerade auch außerhalb eines sich intitutionalisierenden Sakral-Bezuges zu denken und so vollständig auf das ganze eigene Sein, somit auf einen  allezeit und alltäglich manifesten Zustand übertragbar. An Stelle des Rituals setze man tägliches  und stetiges Gewahrsein und begreife so alle Handlungen und Abläufe und Szenarien ihrer Eigentlichkeit nach als Transmissions-Faktoren zu einer fortschreitenden Erkenntnis immanenter Substanzialität (des Höheren). Hierbei geschieht auch eine Überschreitung des diskursiven Intellektes  (ohne diesen aber aufzuheben), denn solche Durchdringung meint vor allem auch  lebenspraktischen Vollzug (im Aufstieg) zu dem, was ‘hinter dem Geist‘ ist, zu dem in seiner Wesenheit ganz den Geist Übersteigenden und so zur Erfahrbarkeit  der diesem eigenen (prinzipiell unverkündbaren) Subtilität. Hierin liegt zuletzt die Aufforderung zu einer Angleichung, einer Gleichwerdung mit dem Immanenten  in seiner Hiesigkeit und Verfügbarkeit als transzendente Gabe.
Gerade in diesem Sinne erlangt also der Begriff vom ‘Kontinuum’ erst seine eigentliche Bedeutungstiefe. Das gesamte Dasein wird von jener beschriebenen Durchdringung erfasst und durchwirkt, so daß schließlich nichts außerhalb ihm verbleibt.

Substanz und Eidos

G. Coleman: “Leere, die endgültige Natur der Wirklichkeit. Nach der Madhyamaka-Schule ist Leere die totale Abwesenheit von innewohnender Existenz und von Selbst-Identität in Hinsicht auf sämtliche Phänomene. Zu ihren Synonymen gehören Endgültige Wahrheit, Wahre Wirklichkeit und Soheit. Nach dieser Sicht ermangeln alle Dinge und Ereignisse, sowohl äußere als auch innere, jeglicher unabhängigen wesenhaften Wirklichkeit, die ihre Essenz konstituieren würde. Von keinem dieser Dinge kann man sagen, dass es unabhängig von dem komplexen Netzwerk von Faktoren, die zu seiner Entstehung führen, existiert. Ferner sind diese Phänomene auch nicht unabhängig von den kognitiven Prozessen und begrifflichen Benennungen (mentalen Konstrukten), die den konventionellen Rahmen bilden, innerhalb dessen ihre Identität und Existenz postuliert wird.  Es ist unsere tief verwurzelte Neigung, uns die Dinge als an sich materiell existierend vorzustellen, die uns dazu konditioniert und treibt, eine substanzielle Realität der Dinge und unserer eigenen Existenz wahrzunehmen und danach zu greifen.”

Wikipedia zur Madhyamaka-Schule: “Die Welt und ihre Erscheinungen sind nicht, da sie immer nur aus verursachenden und selbst wesenlosen Bedingungen oder Voraussetzungen hervorgehen und folglich kein eigenständiges Sein in sich tragen. Die Dinge sind ohne Eigennatur (ohne inhärente Existenz) (svabhavata); sie sind letztlich leer (śūnya). Die Leere (śūnyatā) ist aber kein Nichts, denn ein angenommenes Nichts wäre ja auch ein Etwas und somit als ein Sein zu qualifizieren. Somit gibt es weder Sein noch Nichtsein, sondern nur die allen Phänomenen zugrunde liegende Leerheit.”  

 Aus Kausalketten (von Faktoren) gebildete Wirklichkeit kann sich meines Erachtens indes nicht aus sich selbst bedingen.  Ihr Wesen ist vielmehr die Explikation vom Geist, ohne die sie nämlich schlicht keinen Impetus zur Form und Existenz besitzt. Denn was sich selbst konstituiert ist nicht gleichzeitig agens der Ebene der konstituierenden Umstände,  gegenseitiges Bedingen wäre sonst rein Zufälliges und So-Zustandegekommenes, das sich nicht selbst überschaut und im Konstituiertsein kein Selbst oder Wesenhaftes im Sinne einer Essenz (eines Sinnes) hat,  das demnach erst in der Interpretation zu Sinnhaftem erhöht würde, tatsächlich also als nach dem anthropischen Prinzip zu Sinn interpretierter  Zufall zu bezeichnen wäre. Oder anders: Es sei hierzu folgende Frage in den Raum zu stellen: Hat etwas Sinn, weil es ist, oder ist vielmehr etwas, weil es Sinn hat?  Eher ist von einer  Hierarchie der Existenz und ihrer inneren Substanzialität auszugehen (auch ein Bild hat Substanz, nämlich von seinem Impetus her) und so von einem der Kausalitäten hierarchisch beigeordneten apriorischen Sinn (zumal im Monismus, in dem sich schlicht keine Herkunft verleugnen läßt!), der der  Explikation als Anlage zu Grunde liegen muß.  Diese wesenhafte Wirklichkeit ist die Idee. Daß ihre Existenz tatsächlich wiederum in eine ‘Leere’ (im Sinne der Bestimmung einer negativen Theologie) rücküberführbar ist,  ändert schließlich nichts an ihrer konstituierenden Position für die Erscheinungswelt.

Karma und Physiologie

Folgendes Zitat aus  einem Kommentar zum Tibetischen Totenbuch bietet eine Erklärung der Wirksamkeit von Karma, welches auf die subtile Energie- und Geist-Ebene im Körper zugreift. So wird eine Schnittstelle von Tat bzw. ihrer psychischen Implikation sowie von Haltung und somatischer Ebene vorausgesetzt, also auf  eine  psychosomatische  Auswirkung der  Implikation des Handelns – und so zuletzt auch auf eine Verknüpfung  von ethischer Prämisse und Physis auf die (subtilste) Ebene der Körperbiologie (die eine energetische ist)  hingewiesen:
G.Coleman:  “Im Kontext der Vollendungsphase  der Meditation wird die Bewegung der Lebensenergie durch die Energiekanäle des subtilen Körpers verfeinert. Im Falle von Individuen, die solche Praktiken nicht kultiviert haben, sind sowohl die Lebensenergie als auch der subtile Geist über die rechten und linken Energiekanäle verbreitet und durchdringen deshalb das gesamte Netzwerk der kleineren Kanäle des Körpers. Diese zerstreute Lebensenergie wird die Lebensenergie vergangener Taten genannt, weil sie von den untimmigen Geisteszuständen aktiviert ist (Grundlegende Unwissenheit, Anhaften, Abneigung, Stolz, Zweifel, leidvolle oder unstimmige Ansichten- untergeordnet: Zorn, Boshaftigkeit, Heuchelei, Wut, Neid, Geiz, Unehrlichkeit, Irreführung, Überheblichkeit, Mutwille, Unziemlichkeit, Unanständigkeit, Verschleierung, Erregung, Misstrauen, Faulheit, Achtlosigkeit, Vergesslichkeit, Abgelenktheit und Unaufmerksamkeit) und der Einfluss vergangener Taten vorherrscht, sodaß der innere Glanz des subtilen Geistes verdunkelt wird. Werden jedoch die Praktiken der Vollendungsphase der Meditation angewandt, dann werden die Knoten,  die ihre gemeinsame Bewegung durch die auf dem zentralen Energiekanal liegenden Energiezentren (Cakra) blockieren, aufgelöst, und sowohl die Lebensenergie als auch der subtile Geist treten in den zentralen Energiekanal des Körpers ein, verweilen dort und lösen sich dort auf. Dann entsteht der nichtbegriffliche Innere Glanz, der deshalb auch die Lebensenergie des Reinen Erkennens genannt wird. “

Für den Jainismus besteht ein sehr ähnliches Modell, das den gleichen Sachverhalt  etwas anders erläutert, statt der Energie und ihrer Zerstreuung geht es hier um die Akkumulation von (hinderlichen) Partikeln: “Jains sprechen in diesem Zusammenhang von feinstofflichen, nicht wahrnehmbaren ‘Karma-Partikeln“'(karma vargana) oder auch von ‘karmischer Materie’ (karma pudgala):
Ein zwischen der karmischen Materie und den Seelen herrschendes Spannungsverhältnis hält gemäß dieser Darstellung den Kreislauf der Wiedergeburten (samsara) in Gang. Unzählige Karmapartikel, die seit anfangsloser Zeit das Universum durchdringen, werden von den Seelen durch Handlungen angezogen, die sie aus Unwissenheit heraus begehen. Das Karma sammelt sich infolgedessen im Kausalkörper jeder einzelnen Seele an – einer feinstofflichen Hülle, die sie umschließt und in zwei weitere Hüllen mit graduell zunehmendem Dichtegrad eingebunden ist. “
(wikipedia)

Grundaussagen

Fundamentale Aussagen zu Religion, die gerade in meinem Blog vielfältig erörert wurden, hier wie in einer Zusammenfassung und Bestätigung als Reflexion einer Erfahrung mit dem pflanzlichen  Entheogen:
M. Pollan: “R. gewann aus den psychedelischen Erkundungen drei unerschütterliche Überzeugungen:
-Normalerweise können nur der Gründer einer Religion und vielleicht ein paar frühe Gefolgsleute die Autorität beanspruchen, die sich aus der direkten Erfahrung des Heiligen ergibt. Allen, die danach kommen, bleibt nur die dünne Suppe der Erzählungen, die Symbolik des Sakraments und der Glaube. Die Geschichte verringert die ursprüngliche Kraft des Ganzen, die jetzt von Priestern vermittelt werden muß. Doch die Kirche der Psychedelika bietet die außergewöhnliche Verheißung, daß alle mithilfe des Sakraments, das ein psychoaktives Molekül ist, jederzeit Zugang zur grundlegenden religiösen Erfahrung bekommen können. Glaube ist damit überflüssig. Wer tief oder weit genug in sein Bewußtsein vordringt, stößt auf das Heilige. Das ist nichts, was wir erzeugen, sondern etwas, das irgendwo darauf wartet, entdeckt zu werden. Und das passiert zuverlässig Ungläubigen genauso wie Gläubigen.
-Die zweite lautet, ‘daß diese Erfahrungen mystischen Bewußtseins, ob ausgelöst durch Drogen oder etwas anderes, aller Wahrscheinlichkeit nach die Hauptgrundlage von Religion darstellen.’
-Und die dritte, ‘daß das Bewußtsein eine Eigenschaft des Universums und nicht des Gehirns ist.’ ”

Ahankara

M. Pollan über einen Probanden einer psychedelischen Versuchsreihe: “Die Reisen haben mir …gezeigt, daß, was die Buddhisten uns zu sagen versuchen, ich aber nie richtig verstanden habe: daß das Bewußtsein aus viel mehr als dem Ich besteht. Und daß man vor der Auflösung (oder Transzendenz) des Ichs keine Angst haben muß; in Wirklichkeit ist es eine Grundvoraussetzung für jeglichen spirituellen Fortschritt…” Und: “Wenn Aldous Huxley vom ‘Reduktionsventil’ des Geistes spricht – die geistige Fähigkeit, die genauso viel von der Welt aus unserem Bewußtsein ausschließt wie sie hereinläßt – redet er vom Ich. Dieser knauserige, aufmerksame Wächter läßt nur eine geringe Bandbreite der Wirklichkeit ein, ‘ein spärliches Rinnsal der Art von Bewußtsein, die uns hilft…am Leben zu bleiben.”
Dies bedeutet also, daß das Ich nur als Reduktion und in dieser Reduktion als Schein- bzw. Teilidentität begriffen werden sollte, und  wie die ungefilterte Welt sich als eine ‘ Welt an Sich’ benennen ließe, so wäre ein ‘Ich an Sich’  eben jenes Ich in seinem Begriffensein das, was die fäschlicherweise als ‘ganz’ erachtete  Identität (bei erweiterter Sicht) rigoros übersteigt. Diese Identität an Sich hieße aber nun Seele, und Seele meint dann zugleich mehr als einen psychischen Ich-Korpus, sondern vielmehr  transpersonales Gewahrsein.
Pollan über ein eigenes Psylocibin-Experiment: “Das souveräne Ich…existierte einfach nicht mehr, und es war niemand da, der sein Hinscheiden betrauern konnte. Doch etwas hatte seine Nachfolge angetreten: dieses nackte, entkörperte Bewußtsein, das die Auflösung des Ichs mit milder Gleichgültigkeit betrachtete. Ich befand mich in einer Realität, aber als etwas anderes als  mein Ich. Und obwohl  kein Ich mehr da war, das fühlen konnte, bestand eine Gefühlstönung, die gelassen, unbeschwert, zufrieden war. Es gab ein Leben nach dem Tod des Ichs. Das war eine bedeutsame Nachricht.”

“Zwischen Buddhi (Geistesklarheit) und Mana (niederes Erkenntnisvermögen/Verstand) erscheint Ahankara, der ‘Ichmacher’. Es ist dies das dinglich vorgestellte Bewußtsein des Individuums, sein Trieb, alles auf sich zu beziehen und sich als Einzelwesen zur Geltung zu bringen.” Es ist ein “substantiell gedachter Ich-Wahn des Menschen, der ihn dazu veranlaßt, sich für ein von dem Welt-Atman verschiedenes Sonderwesen zu halten.” (Glasenapp)
“Im Advaita Vedanta ist Ahamkara die illusionäre Identifikation des unbegrenzten Selbst mit besonderen, begrenzten Gegebenheiten, die irrige Annahme eines separaten Ich.”  (Wikipedia)
Man beachte hier den Gleichklang zur Defintion des C.G. Jung`schen Selbst! Zitat C. G. Jung:  “Wie immer man das Selbst definieren mag, so ist es etwas anderes als das Ich, und insofern eine höhere Einsicht vom Ich überleitet zum Selbst, so ist letzteres ein Umfänglicheres, welches die Erfahrung des Ich in sich schließt und dieses daher überragt. Gleich wie das Ich eine gewisse Erfahrung meiner Selbst ist, so ist das Selbst eine Erfahrung meines Ich, welche aber nicht mehr in der Form eines erweiterten oder höheren Ich, sondern in Form eines Nicht-Ich erlebt wird.”
Das Selbst meint also den Atman, die plotinische Weltseele, das Unbewußte in seiner Transpersonalität, das so in der wesensanteiligen Verbundenheit mit dem Archetypus,  der gleichbedeutend mit dem platonischen Eidos ist, auch die ontische Durchlässigkeit der plotinischen Hypostasen unterstreicht.
Ahankara aber meint einen Impetus zu einem perzeptiven Abgriff, der die (geradezu visuelle)  Erkennbarkeit von Verbundenheit ausfiltert und so die Subjekt/Objekt- und  Körpergrenze erschafft. Wohl aber bleibt die nun nicht-perzipierbare Verbundenheit als psychisches, emotionales Grundmuster (im Ahnen und Sehnen)  naturgemäß von allerzentralster Bedeutung. 
 

Kernbereich der Realität

Ein Proband nach der Einnahme eines Pflanzen-Entheogens: “Interessant  dabei ist, daß ich ganze Gruppen von Halluzinationen zu erleben begann und mir dachte, das müsse wohl der logos sein. Im Wesentlichen ist das der blau-gelbe Kern jeglicher Bedeutung und Semantik.”
“…kam ich an etliche pulsierende Orte. Ich staunte darüber, daß es so viele gab. Es fühlte sich dort gut an. Dann brach das ganze auseinander und ich fand mich in einer ziemlich durcheinander geratenen Realität wieder. Als ich mich umschaute, kam es mir vor, als ob  hier die Bedeutung und die Symbole vorhanden waren, Ich war in einer Art Kernbereich der Realität gelangt, in dem alles an Bedeutung gelagert wird. Ich platzte mitten in die zentrale Kammer dieses Bereiches hinein.”

Für den Neuplatonismus: “Die Seele enthält rationale Strukturen (logoi), die auf die im Geist/Sein enthaltenen Formen zurückgehen; und wenn die Seele diese logoi anschaut, ensteht auf selbstverständliche, unthematische Weise die sinnlich wahrnehmbare Welt.” (K.Kremer)

Rick Strassmann: “…Die Visualisierung von Informationen…sich bewegende, bedeutungsvolle Hyroglyphen, vorüberschwebende Zahlen und Worte, die Informationen vermitteln.”
Neuplatonisch: “Wo haben nun diese idealen Figuren ihren primären Ort? Im Sein selbst sind sie nicht als Figuren. Im Lebewesen, dem Ideenganzen, bestehen sie als Bestimmtheiten der Ideen der körperhaften Dinge, also nicht als sie selbst. Es bleibt nur übrig, daß sie in dem die Ideen bildenden Geist ihre primäre Anwesenheit haben.” Volkmann Schluck
Und weiter: “Hier tritt nun die ontologische Bedeutung der geometrischen Gebilde zutage…Das Geometrische manifestiert die äußerste Kraft der Einheit des Seins, die auch noch das außernanderseiende Viele im Sein hält, diese jedoch wie alles andere durch die Bestimmtheit und Bestand gewährende Zahl. Wenn also den Figuren selbst mit Recht das Sogroß abgesprochen wird, dann deshalb, weil ihnen das Quantitative überhaupt nicht zukommt, das erst innerhalb des Sinnlichen dadurch auftritt, daß das Unbegrenzte durch die geometrischen Figuren aus der Kraft der Zahl in ein begrenztes Außereinander gebunden wird. “

Der oben genannte “Kernbereich der Realität” meint  nichts anderes als den Vielheit konstituierenden (und somit den höchsten) Bereich des Nous.

Innen und Außen

Ein Proband nach der Einnahme eines Pflanzen-Entheogens: “Ich hatte zwar schon immer gewußt, daß wir nicht allein im Universum sind, hatte mir aber eigentlich vorgestellt, der einzige Weg, auf dem wir diesen anderen Wesen begegnen könnten, habe etwas mit hellen Lichtern und fliegenden Untertassen im Weltraum zu tun. Die Idee, daß wir diesen Wesen in unserem eigenen inneren Weltraum begegnen könnten, war mir nie gekommen. Ich hatte gedacht, dort könnten wir nur auf irgendetwas aus der Späre unserer persönlichen Archetypen oder aus der Mythologie stoßen. Ich hatte geistige Führer und Engel erwartet, aber keine außerirdischen Lebensformen.”
Es ist anzumerken, daß  diese Art ‘geographischen Denkens’ zur Umfassung des Seins und seiner Form nur unzureichend sein kann, denn mag man ‘den Erlebnisraum’ nun Innen nennen, so führt dieses Innen wie jeder andere  Begriff nicht weit genug oder gar in die Irre, die Erkundung der angesprochenen Sphären verlangt schließlich nach einer anderen Kategorie des Denkens und Wahrnehmens,  die vielmehr  eine Transdimensionalität zu bedenken hat, und insofern sind auch die Archetypen zwar  im Ich erfahrbar aber zugleich Signa  transpersonaler Teilhabe an einem   höheren Begriff vom Selbst, das im Innen gerade auch ein Außen hat, dem Objekt-Sein und eigene Existenz zukommt.  Bei der  Unterscheidung zwischen Engeln, Außerirdischen oder anderen Entitäten ist indes zu bedenken, daß diese von perzeptiv-konstruktivistischer Warte Abbildungen in unserer ureigenen Verständnisebene sind und hier vielmehr von formwandelnden Prinzipien auszugehen ist, die adäquat unserer Möglichkeit manifestiert werden. In ihrer höheren Entwicklungsstufe, einen Weg zur Rück-Emanation zum Höchsten beschreitend,  bilden diese Formen  (Zukunfts-) Szenarien ab, denen gemein ist, daß sie näher am Geist residieren als wir selbst, was sich uns als  spiritueller Charakter dieser Sphären darstellt.

Rick Strassmann: “Unsichtbare Existenzebenen, Paralleluniversen , Dunkelmaterie. Wenn wir…Überlegungen über den Ort anstellen, an den uns DMT führt, steht beides zur Wahl, sobald sich unser Bewußtsein nicht länger auf dieser Existenzebene hier befindet. Die Plötzlichkeit des Übergangs macht diese beiden alternativen Standpunkte im Hinblick auf die unglaublich ungewöhnlichen Orte, die unsere Freiwilligen beschreiben, gleichermaßen anziehend. Das liegt daran, daß sie in gleicher Weise hier wie dort vorhanden sind. Die Frage nach dem ‘Innen’ im Gegensatz zum ‘Außen’, die viele Freiwillige aufwarfen, macht daher überhaupt keinen Sinn mehr.”

Nag Hammadi “Werden wir…in das Königreich eingehen?” Jesus sagte zu ihnen:”Wenn ihr… das Innere wie das Äußere macht und das Äußere wie das Innere…” “Weshalb wascht ihr die Außenseite des Bechers? Erkennt ihr nicht, daß der, der die Innenseite schuf, auch der ist, der die Außenseite schuf?”
Und im tibetischen Totenbuch lesen wir: “Wie schädigend ist doch die Sicht, die Außen und Innen dualistisch voneinander trennt, wo doch der himmlische Palast frei ist von den Dimensionen von Innen und Außen!” (Kapitel 7, Befreiung durch Akte des Bekennens)

Würde der Mensch sehen können, welcherart  er in seiner Hiesigkeit eigentlich in einer viel komplexeren Dimensionalität  und Existenz eingebettet ist, würde er  die feinstofflichere Form erkennen – wie auch die holografisch immanente Durchwirkung des Seins bis hinab in die raumzeitliche Reduktion, so daß die Suche nach dem Transzendenten eine ganz andere Kartierung erkennen ließe, als wir gewohnheitsmäßig zu denken bereit sind. So überflüssig  man einen Gott in einem entrückten Himmel vorstellt, so wenig zielführend (oder unvollständig) ist die raumzeitliche Suche nach Zivilisationen ferner Sterne  im monistisch-immanenten Weltverständnis.   Das Entheogen scheint hierfür eine beeindruckende Einsicht zu ermöglichen.

C.G: Jung, Seele

C.G. Jung: “Die Widerstände gegen den psychologischen Standpunkt, der psychische Vorgänge als Tatsachen ansieht, sind, ich fürchte, allesamt anachronistischer Natur, inklusive das Vorurteil des Psychologismus, welches die empirische Natur  der Psyche ebenfalls nicht versteht.”
Und: (Viele sind dem Vorurteil verhaftet,) “die Psyche und ihre Inhalte seien nichts als unsere eigene will-kürliche Erfindung oder mehr oder weniger illusorisches Produkt von Annahmen und Urteilen.” Aber: (Gewisse Ideen) “werden nicht vom Individuum gemacht, sondern passieren ihm, ja sie drängen sich nach dem individuellen Bewußtsein geradezu auf”.

Im Platonismus wird die Wichtigkeit und Wirklichkeit ‘des Psychischen’ noch weiter geführt: Apelt: “Alles lebt und webt durch die Weltseele. ” Das heißt auch, letztlich ist alles Existente seelischer Qualität und Verwirklichung. ‘Seele ist alles, alles ist Seele. ‘ Seele ist feinstoffliche  Disposition des Nous und stellt eine Gesamtheit des Seienden (und hierin eine ontologische Anschlußmöglichkeit) zum Höchsten her. 
In einem Kommentar zum  tibetischen Totenbuch ist zu lesen: “Irrige Ansichten sind grundsätzlich jene, die den physischen und psychischen Phänomenen in unterschiedlichem Maße innewohnende Existenz zuschreiben.”
So kann Jung  über die  Qualität des Seelischen auch  folgendes konstatieren:
“Es ist dem Inder klar, daß das Selbst als seelischer Quellgrund von Gott nicht verschieden und, insofern der Mensch in seinem Selbst ist, er nicht nur in Gott erhalten, sondern Gott selber ist.” “Die Gleichsetzung Selbst = Gott will dem Europäer anstößig erscheinen.”
Anstößig aber gerade deswegen, weil man die platonischen Traditionslinien über viele Jahrhunderte (und bis heute) negiert und sabotiert hat:

Plotin: “Die Seele hat alles erschaffen. So bedenke denn ernstlich jede Seele dies, daß sie selbst es ist die alle Lebewesen geschaffen hat und ihnen Leben einhauchte, welche die Erde nährt und welche das Meer, die in der Luft sind und die göttlichen Gestirne am Himmel; daß sie die Sonne und sie unseren gewaltigen Kosmos geschaffen hat, sie ihn formte, sie ihn in bestimmter Ordnung kreisen läßt; und daß sie das alles tut als eine Wesenheit die verschieden ist von den Dingen die sie formt, die sie bewegt und lebendig macht: daß sie notwendig wertvoller ist als diese, denn sie werden oder vergehen, je wie die Seele sie verläßt oder ihnen das Leben dargibt, sie selbst aber ist immerdar weil sie ‘sich selbst nicht verläßt.’ ” (Plotin, Die drei ursprünglichen Wesenheiten)

Jesus, platonisch

Zu Jesus’ Kreuzestod C. G. Jung: “Was ist das für ein Vater, der lieber den Sohn abschlachtet, als daß er seinen übelberatenen und von seinem Satan verführten Geschöpfen großmütig verzeiht? Was soll damit demonstriert werden? Etwa die Liebe Gottes? Oder seine Unversöhnlichkeit?”
“Die alte Anschauung …behauptet, daß er zur Errettung … des bedrohten Menschen in die Welt kam, gelitten habe und gestorben sei. Außerdem bedeute seine leibliche Auferstehung, daß alle Gotteskinder dieser Zukunft gewiss seien.” 
Jungs letzter Satz schlägt nun endlich die passende Richtung ein. Und ein sinnhaftes Verstehen liegt so viel näher, wenn man Jesus platonisch liest. Jesus’ Beispiel, das er mit seinem Kreuzestod gibt, läßt sich auf folgende Intentionen fokussieren: Zuvorderst der ontologische Perspektivwechsel, die Erweiterung des gewöhnlichen Realitätsbegriffes: Das eigentliche (bessere, ewige) Leben ist jenseits unserem raumzeitlichen Sein, unserem als eigentlich aufgefassten Leben, dem wir daher ganz verhaftet sind, was uns allerdings wesenhaft verkümmern läßt.  Die Qualität des Höchsten ist zudem das Radikal-Gute. Hiervon kündet Jesus’ Ethik, die insofern aber  nicht für diese Welt konzipiert scheint, sondern  vielmehr zu ihrer Überwindung gereicht.  Insofern auch ist diese Ethik vom Standpunkt einer Lebenspragmatik prekär zu nennen.  Passend hierzu Kurt Flaschs Einordnung. oder Nietzsches Kritik.
Die eigentliche Bedeutung nun des Kreuzestodes:  Jesus gibt also Anschauung über die Relation des hiesigen Daseins zum wirklichen Sein (ewigen Leben), womit man aber nicht auf das Verständnis der Menge, sondern vielmehr mit ihrer Ablehnung, ihrem Haß rechnen kann. Da die Welt sich vom geistigen Prinzip entfernt hat, liegt jenes – und somit das Gute –   in latenter Agonie. Dies ist gerade Signum des gefallenen  Zustandes, welcher zum Impetus zur Überwindung (die also lebenspraktisch ‘Ethisch Sein’ , aber vor allem  den Wunsch zur Transzendenz beinhaltet) gereichen soll.  Man soll am geminderten und uneigentlichen Sein nicht hängen, und selbst der höchstmögliche Schmerz verblasst angesichts der Überlegenheit (und wesenhaften Nähe und Allgegenwart/ dies ist gnostisch) der Eigentlichkeit der höheren Welt. Somit dient dieser Tod dazu, die Unbedeutendheit des Hierseins herauszustellen und dabei auf die tatsächliche  Herkunft zu deuten: “Wir sind aus dem Licht gekommen, dem Ort, wo das Licht durch sich selbst geworden ist. Es stand/befestigte sich selbst und es erschien in ihrem Bild.” In den Apokryphen wird zudem eine Kontinuität und Immanenz erklärt, die die Absenz des Ewigen als Defizienz des Sehens erklärt. “Die Bilder sind dem Menschen offenbar; und das Licht, das in ihnen verborgen ist, ist verborgen durch das Bild des Lichtes des Vaters. Er/es wird sich offenbaren, und sein Bild ist verborgen durch sein Licht.”
Durch die dogmatische Überbetonung der Kreuzessymbolik und so der Verstetigung der Schmerzens- und Sterbepose kommt es jedoch zur prinzipiellen Verhaftung im Hiesigen, man affimiert so das Diesseitige, ergeht sich in nicht endendem Schmerz und Betroffensein,  verweigert so zugleich die Lysis des Schmerzes durch die Auseinandersetzung mit seinem transitorischen Charakter, bedient sich  nun symbolhaft  nicht  ansatzweise suffizient der positiven und konstruktiven Pose der Auferstehung, vernachlässigt so das eigentlich Transformatorische  der Erzählung  und verfehlt damit gerade die eigene transzendente Vergewisserung.

Strassmann, Tiefenstruktur der Realität

Rick Strassmann über  DMT Probanden in seinem klinischen Versuch: “Einige berichteten von einer eigentümlichen Auflösung der normalerweise fließenden Bewegungen ihres Gesichtsfeldes: ‘Die Bewegungen waren nicht mehr unsere Bewegungen, sie waren nicht länger geschmeidig oder koordiniert.’ Andere meinten, Laura und ich hätten ‘wie Roboter ‘ausgesehen und uns ‘ruckartig, mechanischer, irgendwie geometrisch’ bewegt.”
Dieses Phänomen erscheint mir als ein Hinweis, daß  bei der Rückkehr aus der DMT-Erfahrung eine grundlegendere, nämlich im Wesen diskrete Struktur unserer Raumzeit  zur Wahrnehmung kommen könnte. Im Aufwachen ist dann noch der geistige Blick, ein feinstoffliches  Sehen wirkmächtiger als das gewohnte Sehen des ‘profanen’ Auges. Dieses normale physikalische Sehen ermöglicht uns eben das Wahrnehmen einer Kontinuität gewohnter Art, einen reibungslosen Weltenlauf. Dahinter aber, gemäß der Einsicht, daß die Welt eine zusammengesetzte ist, daß sie aus voneinander abgesetzten  Größen bzw. Informationen besteht, die der Trägheit des Auges normalerweise verschlossen bleiben  und eben durch diese Trägheit ihre Natürlichkeit vorgaukeln,  besteht nun eine Möglichkeit einer tieferen Ein-Sicht zum erweiterten Gesichtsfeld des höheren Selbst. (Eine Analogie bietet  hier das Bild der Sicht einer  Katze auf einen Fernseher, dessen Einzelbilder ihr nicht als fließende Summe erscheinen, da ihr Auge höher auflöst und so  der Vorgang in Standbilder zerlegt ist und die Übergänge ruckartig erscheinen.) So könnte also unter veränderter Perzeption ein Einblick in die Tiefenstruktur unserer Realität vorliegen,  gemäß des (neuplatonischen) Satzes, “die ursprüngliche und wahrhafte Zahl sei für die Mannigfaltigkeit des Seienden der beherrschende Anfangsgrund und die Quelle seines Zustandekommens” (Volkmann Schluck).  Hier ist somit auch die eigentliche (schamanische) Auflösung des Körpers oder Ichs zu verorten, die eine Anschauung der Diskontinuität der sogenannten  (raumzeitlichen) Tatsächlichkeit freigibt und sie als Zustand, als Bild entlarvt, die unter besserer Wahrnehmung der Auflösung anheimfallen muß und förmlich in ihre Einzelbilder zerfällt oder zerspringt. DIES muß der eigentliche Hintergrund für den Mythos der  Zerstückelung sein, von dem C.G. Jung schreibt: “Das Zerstückelungsmotiv gehört in den weiteren Zusammenhang der Wiedergeburtssymbolik. Deshalb spielt es auch eine besondere Rolle in den Initiationserlebnissen der Schamanen, welche zerstückelt und wieder neu hergestellt werden.”
Die verschiedenen hierauf rekurrierenden Opferriten mögen ein (meist letaler) symbolischer Nachvollzug dieses Phänomens sein, laufen dabei aber -wie religiöse Opfer allgemein-  als Ausweis der Befangenheit und Unkenntnis  in eine nutz -und fruchtlose, ja schädliche  Irre.
Zu solcher  Konstitution der Welt sei hier  die grundlegende Ansicht der Pythagoreer angefügt. Es ist zu vermuten, daß auch hier -ganz ursächlich- eine initiatorische Empirie zugrunde liegen mag:
“Die Pythagoreer bezeichnen die Monade (‘Einheit’) als Anfang (Prinzip) aller Dinge , aus der Monade aber sei die unbegrenzte Dyade (“Zweiheit”) entstanden, die gleichsam als Materie der Monade, welche Ursache ist, untersteht; aus der Monade und der unbegrenzten Dyade aber kämen Zahlen, aus den Zahlen die Punkte, aus diesen die Linien, aus denen die Flächenfiguren entstünden, aus den Flächen aber die festen Gebilde, aus diesen die sinnlich wahrnehmbaren Körper.” (C.Riedweg)