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Der Mensch ist nur als Gott

“Der Mensch ist nur als Gott.”
Nicht, daß dieser mein Satz in Bezugnahme auf die Quintessenz von Meister Eckarts Philosophie einer Untermauerung bedürfte, denn Eckharts Schriften erlauben schlicht keine andere Folgerung. Mir begegnete just aber diese dazu überaus passende Aussage von Volker Leppin (Professor für Kirchengeschichte) in “Die chrisliche Mystik”:
“Das Sein kommt nun so radikal Gott zu, dass ihm gegenüber die gesamte Schöpfung kein eigenes Sein hat, sondern nur in Gott ein Sein hat. …Das radikalisiert neuplatonische Denkvorstellungen, indem nun nicht mehr wie bei diesen von einer Hierarchie des Seins ausgegegangen wird…sonders alles von Gott abhängige Sein als uneigentlich gedacht wird. Bezieht man die allgemeinen Aussagen über die Schöpfung auf den Menschen, so wird deutlich, dass dieser im eigentlichen Sinne kein eigenes Sein hat, sondern sein Sein in Gott liegt, dass er also, wenn er sich ganz Gott zuwendet, ganz zu seinem eigenen Sein zurückkehrt. Was wie eine Grenze zwischen menschlichem und göttlichem Sein erscheint, ist keine wirkliche Grenze, sondern eine Verkennung dieser völligen Verankerung des Menschen in Gott. Der mystische Weg aber hilft ihm, zu diesem Ursprung zurückzukehren.”
Und Zu Eckharts geistiger Positionierung Volker Leppin:
“Eckeharts Position war zu guten Teilen von einer Renaissance des Neuplatonismus im ausgehenden 13. Jahrhundert beeinflusst.”
(“Plato ist und bleibt die wichtigste Instanz für jede Form christlicher Mystik.”)

(Je eher man aber Plato folgt, desto eher ist das christliche Dogma zu transzendieren. Die Kirchenväter aber bereits “bogen” Platon für ihre Zwecke zurecht.)
Eine Bemerkung hierzu von Uta Störmer-Caysa:“Augustinus tut nun so, als enthalte das Christentum alles, was die Platoniker zu sagen hätten, aber nicht umgekehrt. Dabei unterschiebt er der christlichen Religion Erkenntnisse, die der Christ gut gebrauchen kann, die aber nicht aus dem Christentum stammen, sondern aus der Philosophie.”

Objektivierung, Abgriff, Wechselwirkung

Die Objektivierung zur “Welt” beruht zuletzt auf der Asymmetrie von bosonischer und fermionischer Teilchennatur- diese stellt das wahrnehmbare Objekt her und zwar im wahrnehmbaren Objekt, da der körperliche und perzeptive Aspekt des Menschen selber Hervorbringung der gleichen Asymmetrie ist. Wie kann aber der Körper selbst diese hervorbringen, wenn er ebenfalls erst durch diese hervorgebracht werden kann? Wohl nur, indem er über sich selbst hinaus existiert und seine Eigentlichkeit an der Wechselwirkung der Teilchen bzw.an der Beobachtung ins Asymmetrische bricht. Um diesen Aspekt kreist gerade die Philosophie Plotins und zwar in Hinsicht auf das Vermögen der Seele und deren eigentliche Beschaffenheit bzw. Potenz.
Da dieser Bruch aber den raumzeitlichen Aspekt einer Minderung birgt, derart, daß das über sich Selbst hinaus Existierende sich selbst nicht mehr zu erkennen in der Lage ist, sucht die Philosophie nach der Einführung einer Zwischeninstanz, wie bei Platon dem Demiurgos, dem Plotin allerdings nur symbolisch-didaktische Evidenz zugesteht, tatsächlich aber alle Verantwortlichkeit in den als Körper objektivierten Seelenteil (dieser als Teil des Geistes) legt.
Die Gnostiker erklären den Bruch mythisch und personalisieren ihn zu göttlichen, vermittelnden Zwischeninstanzen. Diese Instanz wird in den abrahamitischen Religionen fälscherlichweise als letztes Prinzip (als Gott selbst) bewertet. Nag Hammadi aber:“Die Pistis Sophia, die weibliche Paargenossin des Sohnes des Sohnes des Menschen, läßt jedoch eines Tages ohne Übereinstimmung ihres männlichen Paargenossen ein Wesen entstehen, das infolgedessen makelhaft und verfehlt ist. Dieses Wesen ist Jaldabaoth, der die irdischen Himmel und die Welt der Menschen beherrscht. Er und seine sechs Engel sind hochmütig, da sie sich fälschlicherweise für Götter halten. Aus Feindseligkeit der oberen Welt gegenüber halten sie den Menschen, der aus Fleisch, Seele und Geist besteht, in Unwissenheit.”

Darstellung und Implizität

Auch der Religiöse sieht de facto nichts anderes als der Nichtreligiöse -nur der Religiöse sieht, daß das, was er sieht, nicht das ist, wofür es sich allem Anschein nach zuerst ausgibt, sondern der Religiöse sieht das, was er sieht, Hülle Gottes, das Als Gottes, seine Erscheinung bzw. Darstellung ist. Dem Religiösen wird sozusagen die Empirie in ihrer zunächst rein sinnlichen Faktizität transparent und durchlässig auf das hin, als sie nicht nur der durch Reflexion ihr so erscheinenden unmittelbaren sinnlichen Anschauung nach ist, sondern auf das hin, was sie “eigentlich” und der Wahrheit entsprechend ist: Gott in seiner Form ist Darstellung etc. Somit erscheint dem Religiösen Gott tatsächlich überall und in allen Dingen -nicht als Gott, aber als seine Darstellung und Erscheinung oder schlicht als sein Als.”(Matthias Scherbaum)
Dies steht allerdings gegen die kirchliche dogmatische Sicht, die ihrem Gottesbild gemäß das Trennende der Seinsbereiche betonen muß.
Hierzu vergleiche viel eher Platons Schatten oder die Maya der Hindus. Hinter dem Schleier herrscht der unscharfe Zustand, der durch das Gesetz der Quantenmechanik beschrieben ist. Alleine durch das “Hinschauen” kommt es zu einer Wechselwirkung -die die eigentliche Mechanik der (Prä-)Welten (oder Weltenschöpfung-im Sinne des Wortes übrigens, denn schöpfen aus einer Potenz bringt Welt hervor, je nach dem Punkt des “Ab-Schöpfens”verschiedene Welt”/Multiversen) zerstört und somit den Schleier über dem eigentlichen Blick in die Interdimensionalität vor der spezifisch menschlich evozierten Wechselwirkung (und Welt-Werdung) verursacht.

Glaube und Vernunft

Mit der Ratio, der rationalen Reflexion überwindet man zwangsweise das Kirchendogma-denn gegen die Vernunft und Empirie haben die Aussagen der “Offenbarung” keinen echten Bestand (“Keine Posaunen vor Jericho”).
Mit einer überrationalen Geistigkeit verhält es sich ebenso, da der Geist keines Dogmas bedarf sondern Begrifflichkeiten und Prägungen transzendiert und in das Unvermittelte, persönliche Erleben verlagert.
Geht man noch weiter, über die Geistigkeit hinaus, steht man aber in der Mystik. Diese transzendiert “alles” und erschließt einen (unkonditionierten) eigentliche Seinskern.
Das einzige, was der Kirche daher unbeschadet erhalten bleiben kann ist somit allein der (prinzipiell gegen die Ratio gerichtete) Glaube. Das höchste Objekt des Glaubens ist die Offenbarung, die in der Bibel entfaltet wird und so -weil jene es einfordert-wird vor allem die Bekräftigung des Glaubens durch die Tat zum Mittelpunkt jeder Religiösität. So wird aus einem (historischen) Erklärungsversuch ein (letzlich poltisch motivierter) Selbstläufer, der sich im Verlauf der Kirchengeschichte stets selbstreferentiell zu legitimieren hatte (mit Verweis auf Aristoteles einen naiven Realismus/Atomismus etablierte) und Jahrhunderte per Zwangsdokrtin nichts anderes zuließ als die Seinsverschiedenheit und -ferne von Mensch und Gott.
Aber ab der Platon-Rezeption seit der Renaissance kommt man wieder  zu anderen ontologischen Folgerungen und  die deutschen Idealisten nehmen dann viel später die alte platonische Sicht vom Seelenvermögen und vom Schleier bzw. Schatten der eigentlichen Existenz wieder auf: “das Ewige…ist in ihm, und umgibt ihn unaufhörlich: Der Mensch soll nur das Hinfällige und Nichtige, mit welchem sich das wahrhaftige Leben nimmer zu vereinigen vermag, fahren lassen; worauf sogleich das Ewige, mit all seiner Seligkeit, zu ihm kommen wird.” (Fichte, Anweisung, S.22)

Idealismus und Endura

H. Lamprecht in “Neue Rosenkreuzer”:
“Ist der Mensch solchermassen vorbereitet, kann er auf die zweifache Strahlung der Gnosis reagieren …2. die ultraviolette Strahlung, die zerbrechend wirkt und Hindernisse aus dem Weg räumt, die der Gnosis entgegenstehen. Infolge der zerbrechenden Strahlung kommt es anfangs zu einer großen Beunruhigung, denn wer dem neuen Licht folgen will, muß gleichzeitig sein altes Wesen zurücklassen. In untrennbarer Weise ist mit dem Aufstieg des neuen der Niedergang des alten Menschen verbunden. Der planmäßige Untergang des eigenen Selbst wird mit einem von den Katharern übernommenen Begriff bezeichnet: Endura. “
Und die Korrelation im Deutschen Idealismus:
“Solange der Mensch noch irgendetwas selbst zu sein begehrt, kommt Gott nicht zu ihm, denn kein Mensch kann Gott werden. Sobald er sich aber rein, ganz, und bis in die Wurzel, vernichtet, bleibet allein Gott übrig, und ist alles in allem. Der Mensch kann sich keinen Gott erzeugen; aber sich selbst, als die eigentliche Negation, kann er vernichten, und sodann versinket er in Gott. Diese Selbstvernichtung ist der Eintritt in das höhere, dem niedern, durch das Dasein eines Selbst, bestimmten, Leben, durchaus entgegengesetzte Leben “ (Fichte, Anweisung, S. 130)

 

Christliche Philosophie II

Doctrina christiana nach Augustinus :
Ziel der doctrina ist Gott, der Gegenstand des frui (seligen Genusses) allein ist, und von dem aus alles weitere entfaltet wird: Christus als menschgewordene Weisheit Gottes und Erlöser und sein Leib, die Kirche. Dies sind zugleich die ewigen und unwandelbaren Wahrheiten, die aus der Schrift erkannt werden sollen.
Die alte heidnische Bildung kann in diesem Rahmen in einer offiziell christlichen Gesellschaft nur aus der Bibel und in deren Dienst gerechtfertigt werden. Was sich in ihr an Nützlichem findet, ist entweder auch in der Bibel zu finden oder zu deren Auslegung zu verwenden.
(nach Leinsle)
Was soll sich seitdem für eine christliche Philosophie geändert haben, und worüber soll vor allem überhaupt zu philosophieren sein, wenn eben alleine die Untermauerung einer “unwandelbar geoffenbarten Wahrheit” das Ziel und der Zweck jeglicher Betrachtung zu sein hat? Eine Philosophie aber, die sich das Fragen verbietet, ist keine. Eine Philosophie, die durch die Jahrhunderte nur zu einer (vorgegebenen) Aussage kommt und kommen soll: (“Gott ist groß” – und die abendländische Variante nach abrahamitischer Lesart: “MEIN -und nur mein- Gott ist groß”)–ist eine immerwährende und letztlich nur höchst begrenzt geistige, selbtsreferentielle Betrachtung über eben immer jenen gleichen Gegenstand. Diese Betrachtung eingeschlossen ihrer nachgeordneten Disputationen nennt man Theologie. Die Rationalisierung des Glaubens mit philosophischen Mitteln aber muß zwangsläufig zur Hinterfragung des theologischen Telos, also zur “gelehrten Häresie”, der Versuch der geistigen (somit auch spekulativen) Durchdringung des Glaubens indes zur TheoSOPHIE führen.
Bedenkt man, daß die “Heilige Schrift” Ergebnis einer falschen Kanonisierung ist und daher ursächliche Intentionen weitgehend verstellt wurden, ist ab der Patristik und ihrer Bemühung um philosophische Methode (die alleine der Behauptung gegen die heidnische Konkurrenz geschuldet war und keinerlei innerem Impetus entsprach) von einem tragischen Fehlschließen (besser: intellektuellem Fehlstart) zu sprechen, der sich einzig und alleine und nur durch die rein politisch motivierte Wende unter Kaiser Konstantin -tragischerweise bis zur Neuzeit- als staatlich sanktionierte Zwangsdoktrin etablieren konnte.

Am allerbesten ist hier mit Schopenhauer anzuschließen, weil dieser schon zu seiner Zeit den Sachverhalt der Beziehung von Philosophie und christlicher Doktrin quasi abschließend dargestellt und entlarvt hatte und dabei befähigt war, dies in wenige hochkomprimierte Sätze zu fassen:

“Eigentlich ist alle positive Religion der Ursupator des Throns, der der Philosophie gehört. Philosophen werden sie daher stets anfeinden, wenn sie sie auch als ein notwendiges Übel, eine Krücke für die krankhafte Schwäche des Geistes der meisten Menschen betrachten sollten.”

“Natürliche Religion, oder, wie es die heutige Mode nennt, Religionsphilosophie, bedeutet ein philosophisches System, welches in seinen Resultaten mit irgendeiner positiven Religion übereinstimmt, so daß beide, in den Augen der Bekenner irgend eines von beiden, eben dadurch beglaubigt werden.”

“Pseudophilosophen nenne ich die, welche unter dem Vorgeben, nach der Wahrheit zu forschen, an der Perpetuierung alter occidentaler Irrthümer geflissentlich arbeiten.”

“Seitdem die ultima ratio Theologorum, der Scheiterhaufen, nicht mehr ins Spiel kommt, wäre eine Memme, wer noch viel Umstände mit Lug und Trug machte.”

“Was für eine schlaue Erschleichung und hinterlistige Insinuation in dem Wort Atheismus liegt! Als verstände der Theismus sich von selbst.”

 

Christliche Philosophie I

Zu folgendem Zitat von Arthur Schopenhauer “Zum Glauben ist man kein Philosoph”:
Das christliche Dogma hat schließlich das (antike) Philosophische zu einer Propädeutik des eigenen Glaubens deklassiert.
Die Propädeutik einer Glaubens”einsicht” aber ist noch keine Philosophie-und sie wird es übrigens auch dadurch nicht, daß sie sich philosophischer Methoden bedient.
Paulus: “Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten.”
Clemens
schreibt: “Weil der Logos selbst vom Himmel herab zu uns gekommen ist, scheint es mir, daß wir nicht mehr in die Schule von Menschen zu gehen brauchen, nicht mehr nach Athen oder dem übrigen Hellas…Denn seitdem der Logos uns als Lehrer gegeben wurde, ist die ganze Welt für den Logos zu Athen und Griechenland geworden.”
Möchte eine christliche Philosophie ihren Namen verdienen, muß sie das christliche Dogma (also ihre auf Irrationalität und Mythos basierenden Glaubensaussagen) transzendieren. Das ist ihr ganzes Dilemma – dem sich natürlichermaßen auf das Ehrlichste und Einfachste entfliehen ließe, indem man das “Philosophische” kurzerhand aufgäbe und die -ich möchte sagen – nachnicänische Intention – denn spätestens dort hat man (Kaiser Konstantin -mit Irenäus´ fanatischer Vorarbeit)- jegliche christliche erkenntnistheoretische Implikation [letztlich aus rein politisch/strategischen Gründen] an die Wand gefahren, wirklich ernst nimmt und so (nichts als) die fundamentale Heillsbedeutung des Glaubens anerkennt, eines Glaubens, der sich zu Lebzeiten durch das Bekenntnis zur jesuanischen Ethik, an das die Aufnahme in das ewige Leben -und dies ist der einzige christl. Telos- geknüpft ist, zu bewähren hat. Mehr ist und war seitdem nie gefordert.Dem Christentum bleibt nach Nicäa (325) eben nur das Ethische: Das Christentum ist eine Religion des (frommen) Herzens und der frommen Tat. Der Rest ist Gekünsteltes, Rechtfertigendes, Intellektualistisches, leerer Mystizismus, (bestenfalls) gelehrte Häresie-anders gesagt Betrug an der Lehre, tatsächlich ein der “wahren Religiösität” Entgegengesetztes.

Fichte, Nag Hammadi

J.G. Fichte: “Nicht erst, nachdem ich aus dem Zusammenhange der irdischen Welt gerissen werde, werde ich den Eintritt in die überirdische erhalten, ich bin und lebe schon jetzt in ihr, weit wahrer, als in der irdischen, schon jetzt ist sie mein einziger fester Standpunkt, und das ewige Leben, das ich schon längst in Besitz genommen, ist der einzige Grund, warum ich das irdische noch fortführen mag.”
Nag Hammadi, Thomasevangelium : [Logion 113]: “Jesus spricht: Das Königreich wird nicht kommen, wenn man Ausschau nach ihm hält. Man wird nicht sagen; Siehe hier oder siehe dort, sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht.”

Beziehung und Transpersonalität

Dieses Du, (d.h. der Mensch) und dieses “Er” (d.h. der Gott), dieses Dein ( d. h. das Menschliche) und dieses “Sein” (d.h. das Göttliche”) muß nach Meister Eckhart aufgehoben werden in eine absolute Einheit, in eine Seinsheit und in ein Mein. Nur in dieser Transformation des Eigenen auf ein Überindividuelles, in diesem Übergehen vom Menschlichen in ein Göttliches ist die Vorrausetztung dafür zu sehen, daß der Mensch überhaupt das eigentümliche Werk Gottes zustande bringen kann…”
Die kleinste Art dieser Hingebung, des Aufhebens des “Mein” und “Dein” zum [ontologischen]”Mehr-Sein” bezeichnet prinzipiell das, was die Menschen Liebe im Sinne von Partnerliebe nennen-und in Verkennung des eigentlichen transpersonalen Telos bleiben sie aber lediglich auf diese fixiert, weil sie noch genügend abstrahlen mag, um den weitgehend unbewußten Menschen in seiner Emotionalität und Subjektivität ganz zu fesseln- der so nicht merkt, daß er lediglich nach einem Stück, einer Andeutung von dem zu ergattern trachtet, was eigentlich viel umfassender ist -und all sein (Partner-)Streben und Sehnen daher zuletzt auf das Scheitern ausgerichtet sein muß, nämlich auf das Verfehlen des Zieles der eigentlichen Umfassung, da jenes eben seinen Platz außerhalb des Fokus seines Sehnens einnimmt. Als würde man sich auf der ersten Stufe einer Treppe einrichten und sich schließlich wundern, warum man so nicht nach oben gelangt.

Selbstverwirklichung

Bekannt ist der konservative Anwurf bezüglich der -zumindest vorgeblich- geschmähten “Selbstverwirklichung”, die man zu gerne als zügelosen Hedonismus gleichsetzt, als Gegenmodell gewohnt die Verantwortlichkeit durch Familiengründung setzend. Hierzu drei Anmerkungen: 1) Nachwuchs bietet die allereinfachste Form der Sinnstiftung, 2) Nachwuchs bedeutet den gelebten Egoismus der Gene,  3) und spirituell bedeutet dies die maximale Einlassung und Verhaftung im Weltlichen.
“..so ist die Aufgabe meiner Eigenheit letztlich etwas, was man als eigentliche Selbstwerdung benennen kann und darum auch das Werden und das Zustandekommen meiner eigentlichen Freiheit ist: ich verwirkliche mich in diesem Moment nicht mehr auf der Stufe und Ebene des Zufälligen, Kontigenten und Individuellen, sondern auf der Stufe des Allgemeingültigen, Überindividuellen und im eigentlichen Sinne des Wortes Freien.”– [M. Scherbaum über Meister Eckhart]. Die tatsächliche Verwirklichung liegt also immer über der Selbstverwirklichung (führt aber eben durch jene [die man Individuation nennt] hindurch und in der Folge dann über ihre subjektzentrierte Bestimmung hinaus. So ist selbst der unreflektierte Wunsch nach veräußerterer Verwirklichung in letzter Instanz als vulgärtranszendentes “Atman Surrogat” (nach Stan Grof) interpretierbar, somit als gar nichts anderes als (zwar verhinderter oder rudimentärer) Weg zum Eigentlichen.
Gemäß folgendem Meister Eckhart– Wort wird aber die ganze eigentliche Intention und Konsequenz aller echter Ausdehnung offenbar (und plötzlich stehen wir mitten im Buddhismus): “Du sollst ganz deinem Deinsein entsinken und in sein Seinsein zerfließen, und es soll dein Dein in seinem Sein ein Mein werden so gänzlich, daß du mit ihm ewig erkennst seine ungewordene Seinsheit und seine unnennbare Nichtheit.”
[Meister Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate]