Category Archives: Lyrik und Kurzprosa

Erstarrt über Nacht ist die Welt

Erstarrt über Nacht ist die Welt
und weil den Bäumen nun die letzten alten Blätter fehlen
schlägt der Ostwind hart in jeden Schutz
so daß bald unbemerkt die Vögel sterben
halb schon liegt der Mond über dem Dach
noch vielfach kälter muß es dort bei ihm sein
trüb weiß kalter Planetenschein ohne Trost
so ziehen wir zurück zu den Flammen
wo der Wind sachte an den Eisenkanten zischt
blau und zäh schwelt dort die Eiche
und im Flur und auf der Treppe zum Bett
fällt Kälte hinab
die uns immer antreibt
und am Schluß doch besiegt

Februarabend

Eisenrauh und frosterstarrt
liegt das Dorf ohne Namen
der dürre Wald davor
biegt jetzt schwarz gegen das Tal
und am kalten Sonnenhimmel
droht schon früh ein weißer Mond
mit der Nacht
fast wie Metall spiegeln die Dächer
das Eislicht der neuen Tage
und ihre Rauchfahnen wehen
lautlos zu den Bergen mit den Tieren
die man dort immer schreien hört
oben im gefrorenen Fenster flackern
weiße Sterne über dem roten Meer
des Abendhorizonts
bezeugen erhaben und stumm
die Unbezwingbarkeit des Winters

Du hast gezittert

Du hast gezittert im Bett
so klopfte dein Herz
kaum zu verstehen
waren deine Worte deine Not
und das schon gar nicht um diese Zeit
weißt du denn nicht wie es draußen ist
Eisland – Totenfrost – Februarnacht
so löschen wir einfach das Licht
Schwarz deckt zu und reißt in den Schlaf
Bedenke: Du bist alt
vielleicht ist es Zeit

Im Sturmzimmer

Ganz oben in dem hohen Haus im Wald bricht der Sturm laut an den Kanten und er ist nun alleine geräuschlos am Fenster wie verschwunden so klein vor dem großen Wind immer wartend auf ein mögliches leichtes Schwingen der Dielen im Boden denn auch dieses Haus muß doch irgendwo eine Schwäche offenbaren wenigstens während der aufheulenden Böenspitzen fast schon ein Ärgernis dass dies so einfach ausbleibt und nur der Regen drückt knisternd  an die Scheiben und bildet  Rinnsale wie kleine wilde Flußdeltas in denen sich vielfach das ferne rote Leuchten bricht
zwischen den Windwehen ist es als hätten ganz leise zwei Stimmen gesprochen wie Geister die sich kurz in den Dimensionen vertan haben wie der Abklang eines verwehten Gespräches so wird es jetzt endlich Zeit für die Reduktion der Kerzen und einen entschiedenen Ton auf einer Taste oder einer Saite oder doch nur für einen blassen Hauch durch eine Flöte neben einem Blatt für ein Wort vor dem  Weg zurück zum Tisch an die hohe weiße Nachtwand und den Blick hinaus in die Weite
versperrt vom eigenen Gesicht im Fenster hehren Alleinseins.

Sturmauge

Stetig schlägt das Nordmeerauge
hohen nassen Wind voran
dass von Osten wie an einer Mauer
nichts weiter zu uns dringen kann
was die Winterväter raunten
an den langen Inseln
hatten die dunklen Wellen schon geschluckt
und in den schwarzen Burgen
spielen gebrochen die  Schatten
an den kalten leeren Fenstern
alt und noch sommerrauh
klopfen die Geister vom Krieg

Dezemberabend

Hier warte ich am Ackerrand
vor meinem nassen Garten
und alle Dächer ächzen nun
unter den atlantischen Stürmen
meine Schulter ist  gerissen im Tagwerk
und schmerzhaft scheint mir der Himmel
früher Abend thront bereits wie Nacht
so kalt muß es dort sein
bei den fernsten blauen Sternen
dass mir im Dezemberwind fast warm würde
aber kein Trost nur Tränen zu den großen leeren Bäumen
der schiefe Tisch soll bleiben zum Winter
vielleicht setzt sich dort später
Besuch  noch in meinen Frostgarten
um mit den  Tieren zu sprechen
den Unbekannten
während ich schlafe am Tag

Herbst

Späte Flut an Sonnenzeit
zeigt ein Nussfeld in Gold
und tausend Mückentänze
an den Bäumen
zum tiefgerücktem Horizont
spricht Wehmut
wieder schon sind die Felder geleert
und der Geruch der gebrochenen Krume
liegt an den vom Wein gefärbten Feuerwänden
die Wälder aber zeigen noch zum Sommer
doch niemand ist mehr mit uns
wir sind nun alleine und frei für alle Himmel
stehen nur  in eigenem Bann
nachts fliehen die Sternbilder über
die Köpfe 
unbemerkt
schneller dreht d
as Firmament
vom Herbst zum Sommer
und weiter  zum Herbst

Die Kapelle spielt zum Tod der Schweine

Die Blutstiefel abgestreift
zum Sonntagsgang

vielleicht spielt man für runde Fleischköpfe
oder die abgezehrten Jubiliare
zum letzen Mal
ein Lied der alten Freunde

die anderen halten sich die Bäuche
und verdauen das Blut der Nachbarstrasse
rostig  der Geruch   aus dem Hof
und Kinder verstehen nicht
erbrechen sich an die Häuser
hinter den Gattern rasselnd
wie verhalten
die letzte Abwehr
und die Kapelle spielt
zum Tod der Schweine.

Auf der geomantischen Wiese

Auf der geomantischen Wiese
sagte ich ein einziges schütteres Wort
für dieses Leben zu spät
und schaute vor meinem nahen Tod
an den Wipfeln hinab
wie müde Entdecker
auf ein neues Land
versuchte dann Gräser und Steine
dort fortzutragen
und sei es nur
um in meinem schlafenden Garten
das Eigentliche zu erproben

Der Bann

Als es hart an der Tür schlug und sie angstvoll horchte um schließlich in die Winternacht hinauszutreten weil sie noch etwas nachzurufen hatte aber hinter dem Haus sich auf einmal jede Spur verlor ganz richtungslos und unerklärlich aufgehoben trotz dem tiefen Januarschnee da starb in der Nacht noch ein Kind und zwei Ehen zerbrachen und der Bann ist indes im zweiten Sommer danach nicht gelöst.