All posts by michael-schaffer

Junigedicht

Regensatter Flieder an den frischen Vogelhecken
Monat der Schaumdolden
holunderweisser Luftstrom weht in weiche Lungen
und wie für immer besiegt so hell liegt die Nacht-
alle Türen sind nun geöffnet zu den Hummeln
und unter dem Tau gedeihen die glücklichen Ländereien der Ameisen
selbst am Osthimmel ist nur Mildes
und im Westen wacht der Sommer
so die Zeit der Zurücknahme des Ich,
Zeit der Wurzeln und der tausend neuen Blätter –
Gnadenvoll –
der frühe Juni

Galvanisches Bekenntnis

Ungewiß wohin unser Leben ging
als dein Glaube verstarb
der aus der Zeit
als man Froschbeine schnitt
und Elektrisches versuchte
zum galvanischen Bekenntnis
für die Hoffnung und die Anteilnahme
am Sakralen.
nun Stein um Stein verblasst die Kathedrale
und wir müssen erschaudern ob der Leere der neuen
Kirchenschiffe taumeln wie schwerelos im karmischen Wind
komm lass uns noch leben
einige Male
sanft in der Luft
wie Seelen
ungeboren
hinter den schwarzen Sonnenwolken

Buddhismus und Meister Eckhart

Aus einer päpstlichen Bulle von 1329, die 26 Sätze von Meister Eckehart inkriminierte, habe ich diejenigen herausgestellt, die eindrucksvoll eine Nähe von Eckeharts abendländischer Mystik mit den Grundintentionen der buddhistischen Lehre unterstreichen können.

Satz 10. Wir werden völlig in Gott umgeformt und in ihn verwandelt; auf gleiche Weise, wie im Sakrament das Brot verwandelt wird in den Leib Christi: so werde ich in ihn verwandelt, daß er selbst mich hervorbringt als sein Sein als eines, nicht (etwa nur) als gleiches; beim lebendigen Gott ist es wahr, daß da kein Unterschied besteht.

Satz 13. Alles, was der göttlichen Natur eigen ist, das alles ist auch dem gerechten und göttlichen Menschen eigen; darum wirkt solch ein Mensch auch alles, was Gott wirkt, und er hat zusammen mit Gott Himmel und Erde geschaffen, und er ist Zeuger des ewigen Wortes, und Gott wüßte ohne einen solchen Menschen nichts zu tun.

Satz 15. Wenn ein Mensch tausend Todsünden begangen hätte, und es wäre ein solcher Mensch in rechter Verfassung, so dürfte er nicht wünschen, er hätte sie nicht begangen. (Fehlende Gnadenkonzeption!)

Satz 23. Gott ist auf alle Weisen und in jedem Betracht nur Einer, so daß in ihm selber keinerlei Vielheit zu finden ist, weder in der Vernunft noch außerhalb der Vernunft; wer nämlich Zweiheit oder Unterschiedenheit sieht, der sieht Gott nicht, denn Gott ist Einer außerhalb aller Zahl und über aller Zahl und fällt mit nichts in Eins zusammen. Daraus folgt: In Gott selbst kann demnach keinerlei Unterschied sein oder erkannt werden.

Satz 26. Alle Kreaturen sind ein reines Nichts: ich sage nicht, daß sie etwas Geringes oder (überhaupt) irgend etwas sind, sondern daß sie ein reines Nichts sind.

Zusatz I.

Satz 1. Es ist etwas in der Seele, das unerschaffen und unerschaffbar ist; wenn die ganze Seele solcherart wäre, so wäre sie unerschaffen und unerschaffbar, – und dies ist die Vernunft.

Und die dazugehörige päpstliche Drohung:
“Wenn aber jemand es wagen sollte, diese Artikel hartnäckig zu verteidigen oder ihnen beizupflichten, so wollen und verordnen Wir, daß gegen diejenigen, welche die ersten fünfzehn und die beiden letzten Artikel oder einen von ihnen auf diese Weise verteidigen oder ihnen beispflichten sollten, als gegen Häretiker, gegen diejenigen aber, welche die elf anderen Artikel nach ihrem Wortlaut verteidigen oder ihnen beipflichten sollten, als gegen der Häresie Verdächtige vorgegangen werde.”

Diese Bulle erging von Avignon (durch Papst Johannes XXII) aus. Die Macht der Staufer war gebrochen und das Papsttum hatte sich -selbstverschuldet , man wollte vordem einer Einkreisung durch die Staufer entgegentreten in französische Abhängigkeit begeben. Der französische König Philipp der Schöne hatte gar Papst Bonifatius VIII zum Häretiker erklärt und festsetzen lassen.

 

Relation in der Emanation

Aus den buddhistischen Lehren:
“Das große Geheimnis von Dzogchen (der großen Vollkommenheit)besteht darin, die Ketten der Verblendung zu durchschauen, sobald sie erscheinen, und sie als das zu erkennen, was sie in Wahrheit sind: Die lebendigen und elektrisierenden Manifestationen der Energie von Rigpa (der innersten Natur des Geistes). Wenn sie damit vertraut werden, können ihnen auch die wildesten Emotionen nichts mehr anhaben und lösen sich auf – wie die rauen Wogen sich erheben, brechen und zurück in die Ruhe des Ozeans sinken.”

Frage: Wieso aber überhaupt sie auflösen wollen, die “elektrisierenden Manifestationen” zumal sie ja prinzipiell als nicht “wahr”, sprich ohne tiefere Bedeutung erkannt sind?
Warum sie also nicht entsprechend als spielerischen schöpferischen Prozeß des göttlichen, überfließenden Verstandes zulassen, weil sie ja dem Wesen nach nie etwas anderes als ihrem Ursprung tief verwandt sein können und sie entsprechend hoch zu schätzen wären? Anschließende Frage: woher kommt im Buddhismus eigentlich die Qualität der Verblendung, aus welcher Erstverursachung leitet sie sich ab? Und diese Frage im Allgemeinen an quasi alle religiösen Systeme: Warum gilt das Hiesige doch immer als überwindenswert, verhaftet, gar verwerflich, wo das Hiesige doch immer noch die Qualität des unendlichen Einen aufweist, das ob seiner Unermesslichkeit in Relation noch ausreichend strahlen sollte? Wäre nicht besser der Fokus weniger auf die Verwerfung als auf die Erhellung des im Expliziten so wahrzunehmenden Impliziten, Unermeßlichen zu legen (statt der “geographischen” Teilung in “Hiesig” und “Jenseitig” mit den zugehörigen dogmatischen und moralischen Forderungen und Kategorisierungen)- samt den anschließenden ritualisierten Irrtümlichkeiten?

Erlösung, gnadenfrei

Dies hört man immer wieder von kirchlicher Seite, daß man den Glauben nicht mehr ernst nähme und alles Religiöse zusehends verwässere , daß man versucht sei, zu irgendwelchen “Wohlfühl-Religionen” zu wechseln (diese meistens aus Fernost) usw.
Nun, diese Einschätzung offenbart das Fehlen jeglicher Kenntnis vom Buddhismus und dem Wesen seiner Lehre. Man beachte alleine die Schilderung des Sterbeprozesses im tibetischen Totenbuch. Ganz anders als etwa bei Kübler Ross oder Raymond Moody, wo dieser Prozeß letztlich außerordentlich trostreich beschrieben wurde und wo sich ein Nahtod- bzw. Nachtoderleben gar in einen christlichen Vorstellungsrahmen von einem jenseitigen paradisischen Seinszustand einpassen kann, wird in den buddhistischen Texten das subjektive, aber verbindliche Gefühl einer vierfachen schmerzvollen Auflösung auf dem Sterbebett beschrieben, bei der es sich anfühle, als würde den Sterbenden ein riesiger Berg zerquetschen, als würde er in einem Ozean ertrinken, als würde er von einer Flamme verzehrt und schließlich von einem Wirbelsturm hinweggefegt. Und in den ersten Wochen nach dem Versterben muß der Geistkörper diese Erfahrung wieder und wieder durchleben. Die Zustände insgesamt dann nach dem Tod sind komplex beschrieben, man entfaltet dort eine Hierarchie der verschiedenen Zwischenreiche (Bardos). Demnach wären die den christlichen oder spiritistischen Beschreibungen verwandten Schilderungen vom Jenseits hier lediglich Zustände im Bardo des Werdens, der bereits den gescheiterten Weg zur Erlösung bezeichnet und unweigerlich zur Wiedergeburt führen muß. Und das gesamte Erlösungswerk obliegt alleine der Eigenverantwortung, der eigenermächtigten Erfüllung der strengen spirituellen und ethischen Prämissen, die zum Ausstieg aus dem Wiedergeburtsrad “samsara” (auf dem Weg dorthin der schrittweise Ausstieg aus weltlicher Verhaftung) führen sollen. Und diese Prämissen fordern die stetige Ausbildung eines hoch-ethischen Bewußtseins und viele Jahre religiöser, geistiger, ethischer  Praxis. Myriaden von Inkarnationen sind erforderlich, um diesbezüglich genug Erkenntnis (denn die ist zentral) zu erlangen.Und das ist ein endlos anspruchsvolleres Unterfangen als im Christentum, weil hier der christliche Begriff der Gnade (oder der gnadenvollen Erlösung)völlig fehlt. Ganz zu schweigen von der schlussendlichen Ich-Auflösung. Religiöse Wellness geht tatsächlich ganz anders.

An der Asche

In der hohen Luft eine Stadt aus Gold und
der Wolkenmenschen Töchter
Abstieg zu den Gipfeln-
dort Steinplatz
und Herzschale
Geburt der Riesen an der Asche.
In der Ferne brennen Menschen
und Haut zischt an den Bergfeuern
zu den tempelroten Himmeln ihrer Väter.
dann unten nach der schwarzen Bucht
hat ein Forscher halb Gott
über den Fluß gesetzt
weil die Axt im alten Sumpf
den Tierweg zeigte
zu den Häusern
wo jetzt die Kopfjäger schlafen
unter den Mauern
im Rost ihrer Kleider
wartend
auf die neue Opfersonne

Maigedicht

Winterschäden an den Traumkräutern
und den Menschenkörpern
daher nun Rehabilitation unter Glas
Kinder schreien die Strassen leer
das nicht legitime Regiment
der prä- synaptischen Köpfe
im frechen Gesicht das verächtliche Erbgut
des Vaters
aus dir wird nichts
nichts was ich jemals guthieße
bald reinigt Regen die Luft und das Dorf
davor streiche ich nachts um die Bäume
im Gelbschein der
nie versiegenden Strassenlampe
Sternbilder suchend
mit roten Riesen den alten Weisen die bald vergehen müssen
der Mai ist da und wir werden genesen

Plotin und der Seelenanteil

Plotin ” Durch der Seele Kraft also ist der Himmel, welcher ein Vieles, hier und dort Verschiedenes ist, ein Eines, vermöge der Seele ist unser Kosmos ein Gott; so ist auch die Sonne ein Gott weil sie beseelt ist, und die anderen Gestirne, und wir, wenn wir denn etwas sind, sind es aus diesem Grunde, …Sie also welche Göttern Ursache daß sie Götter sind, muß notwendig eine Gottheit sein ehrwürdiger als jene. Aber auch unsere Seele ist von gleicher Art, und betrachtest du sie nur ohne die Zusätze und nimmst du sie in ihrer Reinheit, so wirst Du eben das als Wertvollstes in uns antreffen was Seele ist, und wertvoller als alles was da körperlich ist. Denn das ist alles Erde; oder wenn es denn Feuer ist: was soll denn das Brennende an ihm etwas anderes sein als Seele? Ebenso alles aus diesem Zusammengesetzte, auch wenn du noch Wasser und wenn Du noch Luft hinzunimmst. Kann all dies Körperliche aber nur deshalb Gegenstand deines Trachtens sein weil es beseelt ist, weshalb will man sich selbst fahren lassen und nach einem anderen trachten? Ist es aber die Seele, die du im anderen bewunderst, so bewunderst du dich damit selbst.”

Gerade auch  in Hinsicht auf eine  Befähigung zu musikalischer Emphatie trifft Plotins Anspruch nachspürbar zu, denn der Künstler, und sei er durch Talent, Bioghraphie und Ausbildung noch so entfernt vom Rezipienten, bildet doch einen Seelenteil von diesem ab, und zwar nicht als Representant von diesem, sondern als Ausführer dessen ureigenen Seelenteils.

Plotin und Terence McKenna

Plotin: “Denn ein Wesen, das etwas bewundert und ihm nachjagt, gesteht eben durch diese Bewunderung und dies Nachjagen ein, ihm unterlegen zu sein; indem es sich aber selbst für geringer schätzt als die Dinge die da werden und vergehen, indem es sich für unwerter und sterblicher als alle diese Dinge hält die es hochschätzt, kann es niemals den Gedanken von Gottes Wesen und Kraft fassen.” Der US-amerikanische Philosoph und Ethnopharmakologe Terence McKenna sagt in einem Traktat nichts anderes:
…to draw sing sculpture dance and act what never was made before, to push the envelope of creativity and language – I call it the selfpresence of direct experience …we have to stop consuming our culture – we have to create culture. Don´t watch TV, don´t read magazines, don´t even listen to npa. Create your ownn roadshow. The nexus of space and time where you are now is the most immediate sector of your universe.
And if you are worrying about Michael Jackson or Bill Clinton or somebody else than you´re disempowered, you´re giving it all away to icons. Icons which are mantained by an electronic media. But what is real is you, your friends, your associations, your orgasms, your hopes your plans your fears. And we are told ” no”, we are unimportant , we are pheriphery, get a degree, get a job, get a this, get a that and then your a player. You dont even want to play in that game, you are to reclaim your mind and get it out of the hands of the cultural engineers who want to turn you into a half baked moron consuming all this trash that´s been manufactured out of the bones of the dying world.”
Genau dies repräsentiert den Anspruch nach gnoseologischer Durchschau mit der Eigenverantwortlichkeit als erste Bedingung zur Transzendierung der subjektiv wahrgenommenen Realität, dies im Sinne eines als zu artikulierenden, noch auszufüllenden, da bisher unartikulierten Gottesbegriffes.
Ernst Nolte:
“Transzendenz ist Ausgriff zum Ganzen”.
Das Ganze aber ist -und dies bildet eine idealistische Klammer – (hier nach Plotin und McKenna) unmittelbar und vollständig im Einzelnen erfahrbar.

Schande

Das Schandhaus im Dorf
ein geschwüriges Herz
schiefe Töterbaracke
hier lebt ihr mit fettigem Schwert
bis zur Oxidation der Mitochondrien
zwecks der Gerinnungsfaktoren für das Gefäßgerinnsel
zur Verkostung pensioniert
das eigene Leben aufzuessen.
Mettwurstjubiliar
Sterbeseminarist
Verkümmerer wie die Anderen
Überschriften -Fetischist
geiler Student
der Todeanzeigen.