Ahankara

M. Pollan über einen Probanden einer psychedelischen Versuchsreihe: “Die Reisen haben mir …gezeigt, daß, was die Buddhisten uns zu sagen versuchen, ich aber nie richtig verstanden habe: daß das Bewußtsein aus viel mehr als dem Ich besteht. Und daß man vor der Auflösung (oder Transzendenz) des Ichs keine Angst haben muß; in Wirklichkeit ist es eine Grundvoraussetzung für jeglichen spirituellen Fortschritt…” Und: “Wenn Aldous Huxley vom ‘Reduktionsventil’ des Geistes spricht – die geistige Fähigkeit, die genauso viel von der Welt aus unserem Bewußtsein ausschließt wie sie hereinläßt – redet er vom Ich. Dieser knauserige, aufmerksame Wächter läßt nur eine geringe Bandbreite der Wirklichkeit ein, ‘ein spärliches Rinnsal der Art von Bewußtsein, die uns hilft…am Leben zu bleiben.”
Dies bedeutet also, daß das Ich nur als Reduktion und in dieser Reduktion als Schein- bzw. Teilidentität begriffen werden sollte, und  wie die ungefilterte Welt sich als eine ‘ Welt an Sich’ benennen ließe, so wäre ein ‘Ich an Sich’  eben jenes Ich in seinem Begriffensein das, was die fäschlicherweise als ‘ganz’ erachtete  Identität (bei erweiterter Sicht) rigoros übersteigt. Diese Identität an Sich hieße aber nun Seele, und Seele meint dann zugleich mehr als einen psychischen Ich-Korpus, sondern vielmehr  transpersonales Gewahrsein.
Pollan über ein eigenes Psylocibin-Experiment: “Das souveräne Ich…existierte einfach nicht mehr, und es war niemand da, der sein Hinscheiden betrauern konnte. Doch etwas hatte seine Nachfolge angetreten: dieses nackte, entkörperte Bewußtsein, das die Auflösung des Ichs mit milder Gleichgültigkeit betrachtete. Ich befand mich in einer Realität, aber als etwas anderes als  mein Ich. Und obwohl  kein Ich mehr da war, das fühlen konnte, bestand eine Gefühlstönung, die gelassen, unbeschwert, zufrieden war. Es gab ein Leben nach dem Tod des Ichs. Das war eine bedeutsame Nachricht.”

“Zwischen Buddhi (Geistesklarheit) und Mana (niederes Erkenntnisvermögen/Verstand) erscheint Ahankara, der ‘Ichmacher’. Es ist dies das dinglich vorgestellte Bewußtsein des Individuums, sein Trieb, alles auf sich zu beziehen und sich als Einzelwesen zur Geltung zu bringen.” Es ist ein “substantiell gedachter Ich-Wahn des Menschen, der ihn dazu veranlaßt, sich für ein von dem Welt-Atman verschiedenes Sonderwesen zu halten.” (Glasenapp)
“Im Advaita Vedanta ist Ahamkara die illusionäre Identifikation des unbegrenzten Selbst mit besonderen, begrenzten Gegebenheiten, die irrige Annahme eines separaten Ich.”  (Wikipedia)
Man beachte hier den Gleichklang zur Defintion des C.G. Jung`schen Selbst! Zitat C. G. Jung:  “Wie immer man das Selbst definieren mag, so ist es etwas anderes als das Ich, und insofern eine höhere Einsicht vom Ich überleitet zum Selbst, so ist letzteres ein Umfänglicheres, welches die Erfahrung des Ich in sich schließt und dieses daher überragt. Gleich wie das Ich eine gewisse Erfahrung meiner Selbst ist, so ist das Selbst eine Erfahrung meines Ich, welche aber nicht mehr in der Form eines erweiterten oder höheren Ich, sondern in Form eines Nicht-Ich erlebt wird.”
Das Selbst meint also den Atman, die plotinische Weltseele, das Unbewußte in seiner Transpersonalität, das so in der wesensanteiligen Verbundenheit mit dem Archetypus,  der gleichbedeutend mit dem platonischen Eidos ist, auch die ontische Durchlässigkeit der plotinischen Hypostasen unterstreicht.
Ahankara aber meint einen Impetus zu einem perzeptiven Abgriff, der die (geradezu visuelle)  Erkennbarkeit von Verbundenheit ausfiltert und so die Subjekt/Objekt- und  Körpergrenze erschafft. Wohl aber bleibt die nun nicht-perzipierbare Verbundenheit als psychisches, emotionales Grundmuster (im Ahnen und Sehnen)  naturgemäß von allerzentralster Bedeutung.