Fichte, Fokus des echten Seins


Fichte sagt: “Alle innere geistige Energie erscheint, im unmittelbaren Bewußtsein derselben, als ein sich Zusammennehmen, Erfassen, und Kontrahieren seines, außerdem zerstreuten Geistes, in Einen Punkt, und als ein sich Festhalten in diesem Einheitspunkte, gegen das stets fortdauernde natürliche Bestreben, diese Kontraktion aufzugeben, um sich wiederum auszudehnen. Also, sage ich, erscheint schlechthin alle innere Energie; und nur in diesem sich Zusammennehmen ist der Mensch selbständig, und fühlt sich selbständig. Außer diesem Zustande der Selbstkontraktion verfließt er eben, und zerfließt, und zwar keineswegs also, wie er Will und sich Macht, (denn alles sein sich Machen ist das Gegenteil des Zerfließens, die Kontraktion), sondern so, wie er eben Wird, und das gesetzlose, und unbegreifliche Ohngefähr ihn umgibt. Er hat demnach in diesem letztern Zustande gar keine Selbständigkeit, er existiert gar nicht, als ein für sich bestehendes Reales, sondern bloß als eine flüchtige Naturbegebenheit. Kurz, das ursprüngliche Bild der geistigen Selbständigkeit ist im Bewußtsein ein – ewig sich machender, und lebendigst sich haltender, geometrischer Punkt: das eben so ursprüngliche Bild der Unselbständigkeit, und des geistigen Nichtseins, eine, unbestimmt sich ergießende, Fläche. Die Selbstständigkeit kehrt der Welt eine Spitze zu; die Unselbständigkeit eine stumpf ausgebreitete Fläche.
In dem ersten Zustande allein ist Kraft, und Selbstgefühl der Kraft; darum ist auch nur in ihm eine kräftige, und energische Auffassung und Durchdringung der Welt möglich. In dem zweiten Zustande ist keine Kraft: der Geist ist bei der Welt-Auffassung gar nicht mit dabei, und zu Hause, sondern er ist, wie in einer alten Erzählung Baal, über Feld gegangen, oder dichtet, oder schläft: wie vermöchte er im Objekte sich zu fühlen, und sich von ihm abzusondern? Er verfließet sich, für sich selbst, mit ihm, und so verblasset ihm seine Welt, und er erhält, statt des lebendigen Wesens, an welches er sein eignes Leben setzen, und dieses ihm entgegensetzen müßte, nur einen grauen Schatten, und ein Nebelgebilde.”
(Fichte, Anweisung zum seligen Leben.)

Es ist zuletzt allein der geistige Fokus – oder besser: die Ausrichtung vielgestaltiger ins Transzendente weisender Tätigkeit auf eine umfassende Intention (diese bildet die Spitze oder ein Drängendes oder ein in das geistige Reich Invadierendes), die erst in ganzer Selbstverantwortung lebensvolles und teleologisch sinnhaftes Sein ermöglicht.