Entgeistigung

“Gott als absolute Macht sorgt jedenfalls für einen ungeheuren Schub an Verweltlichung der Welt, indem sich fast alles Übersinnliche in ihm konzentriert. ‘Die Natur ist hier entgöttert’, hält Hegel fest. Erstmals haben wir es mit einer Religion zu tun, die Säkularisierung bejaht.”

“Sechs Jahre nach Hegels Tod verwendet sein Schüler Richard Rothe den bis dahin kirchenrechtlichen Begriff der ‘Säkularisierung’ als Erster, um zu diagnostizieren, daß die Kirche als Hüterin der Religion allmählich entbehrlich wird. ‘In dem selben Verhältnis, wie der Staat sich entsäkularisiert, säkularisiert sich die Kirche, tritt sie zurück, die nur ein provisorischer, immer ungenügender werdender Notbau für den christlichen Geist ist für die Zeit bis jene seine eigentliche Behausung ausgebaut ist.” (J.Kaube)

Die Welt bleibt nach jener Differenzierung des Numinosen demnach profanisiert zurück – was nebenbei aber auch als Hinderungsgrund für ihren göttlichen Ursprung zu lesen wäre – und die Natur, der Mensch als ihr Teil, ist fern, ist entfernt – und kann nicht zur Teilhabe kommen aus sich selbst und an sich selbst als Geist.
Zum Zweiten: Die Kirchen selbst sind Treiber der Entgeistigung, das monotheistische Dogma verortet das Geistige in einem Ens, das ganz Objekt ist und außerhalb des Menschen steht, zudem wird dieses Ens entrückt und geistige Potenzen in ihm monopolisiert. Alle numinose Bewegung – und so aller geistiger Vollzug – obliegt so dem Willen, der Willkür dieses Ens. Indes in einem Säkularismus, der aus dem Monotheismus geboren wird, bleibt dieser Geist der Welt selbstredend abgezogen. Er wird nicht dem Menschen zurückgelagert, sondern zu einer Biomechanik ohne weitere Verortung reduziert (C.G. Jung spricht hier polemisch vom Hirnsekret der Materialisten), seinem Wesen nach wird der Geist schlicht geleugnet. Die Institutionen, der Staat verfolgen in diesem Sinne kein Interesse einer Sakralisierung, überheben lediglich ihre ungeistige Kompetenz bis zum quasireligiösen Dogma, die Wissenschaft – als ursächlich gnostischer Erkenntnisstrang – wird rein materialistisch interpretiert. So ist die Welt verweltlicht, und Gott – erst als der Andere objektiviert, dann unauffindbar entrückt – dann ganz verneint. Von der theistischen Entrückung zur materialistischen Negation Gottes ist es nur ein kleiner Schritt. Beider Wesen wird somit negiert, weil Welt nicht Welt zukommt, und Gott nicht Gottsein, weil nur Modalitäten sind, von deren Perspektive aus das Ens der Modalität agiert und als ein Sich Eines zusammenführen wird.