Ende allen Seins

Meister Eckhart sagt: “Es ist ein Ende allen Seins, wie ich in der Schule sagte. Ich sagte überdies: Es ist ein Ende allen Seins, denn der erste Beginn ist um des letzten Endzieles willen da. Ja, Gott selbst ruht nicht da, wo erst der erste Beginn ist: er ruht (vielmehr) da, wo er Endziel und Rast allen Seins ist; nicht, als ob dieses Sein zunichte würde, es wird vielmehr da vollendet als in seinem letzten Ziel gemäß seiner höchsten Vollkommenheit. Was ist das letzte Endziel? Es ist das verborgene Dunkel der ewigen Gottheit und ist unerkannt und ward nie erkannt und wird nie erkannt werden. Gott bleibt dort in sich selbst unerkannt, und das Licht des ewigen Vaters hat da ewiglich hineingeschienen, aber die Finsternis begreift das Licht nicht.”

Dies sagt etwas über den Willen, den Zustand höchsten Seins und höchster ‘Bei-Sich-Selbstheit’. Warum dann aber der Abfall aus diesem? Allein weil es in der reinen Möglichkeit Gottes läge, diesen Zustand zu mindern oder zu variieren? Dies führte zu einem Prozeß des Erkennens von sich selbst aus der Perspektive des Nicht-Mehr bei Sich Seins, einer selbstreflexiven Betrachtung in Formen der Objektivierung zurück zum Subjekt. Zwangsläufig stellt sich die Frage, warum dies – über die Erfassung der reinen Möglichkeit hinaus – einen Sinn haben kann, so doch der letzte Zustand alles in sich birgt im Allerhöchsten und gar nichts weiter zu bedürfen hat.

Nach Plotin: “Es wäre nicht das vollkommen Seiende, wenn es ohne Nous wäre, wenn es sich nicht von ihm selbst her in die Offenbarung brächte, in der es erst ‘da’ ist, nämlich anwesend als sich offenbar machendes. Das im höchsten Sinne Seiende kann nicht in der ehrwürdig erhabenen Ruhe wie ein Götterbild verharren. Es ist Leben, deshalb wohnt Seele in ihm.” (Volkmann-Schluck)

Eckhart vollzieht hier aber einen anderen Schritt – er nimmt der Hypostasierung die Berechtigung und fordert allein den Zustand einer totalen Andersheit oder Negation zur Vielheit in der Ansicht. Anders herum gedacht impliziert aber gerade diese Ansichtslosigkeit eine ungeschaute Überfülle, die durch die Nicht-Schau nach unserem Maßstab im ‘Über’ verweilen kann. Die Frage nach dem Impetus der Objektivierung bleibt hier unangerührt.