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Flur

Am Geländer den alten Takt geklopft jener Klang der sich fortsetzt an Linoleum und Wachs zum zusammengeschobenen Holz der Verstorbenen manchmal sieht man ihn noch den grauen Beobachter der Namen gab dem Material und den Wunden und noch weiter dahinter eventuell dieser Ruf in die Leere der Wände/auch Novemberfalter am Fenstergift und längst der Tropf zum Doppelton am Blech der Spülkammer geworden/ dann Kleintiergeheimnis an den Kellerzimmern seit Jahren erfahren sie Schonung verlieren sich bei Licht in den Fugen /mit krähender Stimme die Frauen nochmal dies und jenes zeigen wollend Knorpel- und Wasser- Geheimnis an den Betten Abnutzung der Strukturen überhaupt hat der Aufzug Spiel am Seil/ fällt immer nur ein Stück wie zum Scherz seit Jahren und zum Schreck/ allein daher wird er nicht reparabel sein.

Bestand November 14

Dauerregnet es
an der Höhenstrasse
residieren die Kleriker
unter der Wiese-
dort ist Bruch und Ortschaft
und es fehlt an Monat
hier zuviel Lidschluß zuletzt
mit Nadelei an den Händen
und Abrieb am Teer
Dörfer leeren karmischen Schutt
dort lauern mit Uhren
die Menschen starr an der Zeit
zur Reuemit ihrem Schlaf am Wind-
und hier die Wandaugen
Zeiger und Schemen
Muttergedenken im Haus
kaum Zeit mehr zu frieren
seit der Körperreduktion
Schutz und Warnung
Einschlag wird kommen
oder der goldene Aufgang-
immer noch warte ich
ihr Hals und ihr Bein
gebieten Achtung
die Königin sie schreitet (fort)
und ich bin an den Toren
gebeugt in das Land
der Fluch der Geographen

Herbst, von meinem Fenster

Von meinem Fenster
Scharlach der Pappel
Moder und Rinde
legen jetzt Gänge
in das Gebiet der Gliedertiere-
schenkt die Sonne zum Abschied Tau
liegt hoher Schatten am Sterbeland
und herbes Korn-
das Marienblatt ist gesunken
stumm
an den braunen Hülsen
die letzten Samenvögel
schweigend am nahen Frost
die an den Steinen wohnen jetzt
und Tannen die schwarz am Himmel
zum Zeugnis und Trotz
die Felder säumen
die leer sind für die Wege
der Nager und Falken

am Tisch nun der Fuchs
und die Erinnerung
die Namen schreibt
an die Büsche
die blattlos sind
und mit Bedacht verneigt am Wind-
und mit dem Rauch nun
der Zug der Tiere
denn schon wieder bleibt
der Mensch allein
bald legt sich das Land in weiße Tücher
und es soll alles nie anders sein

Totengedenken


Osterroter Mond
daß man zusammenlief
und nördlich Blitzschlag
Zeichen zum Krieg-
im Schnee vergangen
die Beschwernis der Väter
keiner weiß mehr wer da war
im Winkel bei der Tür
als ich eintrat in dies Haus
begann auch hier
die Uhr –
und Wasser maß die Zeit
in Rohren
sprach aus hundert Jahren
daß vieles möglich sei
vom alten Land-
der November weht
Laub und Geist und Vogelzug hierher
und Vorsehung
ich bat um ein Zeichen
daher die Bewegung
die Macht der Hypostasen
frühe Freunde
Denker laßt mich sein
bei euch und ganz in den
Farben der Luft-
denn zum Innen
gedenken die Toten
unter uns

Fichte, Nag Hammadi

J.G. Fichte: “Nicht erst, nachdem ich aus dem Zusammenhange der irdischen Welt gerissen werde, werde ich den Eintritt in die überirdische erhalten, ich bin und lebe schon jetzt in ihr, weit wahrer, als in der irdischen, schon jetzt ist sie mein einziger fester Standpunkt, und das ewige Leben, das ich schon längst in Besitz genommen, ist der einzige Grund, warum ich das irdische noch fortführen mag.”
Nag Hammadi, Thomasevangelium : [Logion 113]: “Jesus spricht: Das Königreich wird nicht kommen, wenn man Ausschau nach ihm hält. Man wird nicht sagen; Siehe hier oder siehe dort, sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht.”

Beziehung und Transpersonalität

Dieses Du, (d.h. der Mensch) und dieses “Er” (d.h. der Gott), dieses Dein ( d. h. das Menschliche) und dieses “Sein” (d.h. das Göttliche”) muß nach Meister Eckhart aufgehoben werden in eine absolute Einheit, in eine Seinsheit und in ein Mein. Nur in dieser Transformation des Eigenen auf ein Überindividuelles, in diesem Übergehen vom Menschlichen in ein Göttliches ist die Vorrausetztung dafür zu sehen, daß der Mensch überhaupt das eigentümliche Werk Gottes zustande bringen kann…”
Die kleinste Art dieser Hingebung, des Aufhebens des “Mein” und “Dein” zum [ontologischen]”Mehr-Sein” bezeichnet prinzipiell das, was die Menschen Liebe im Sinne von Partnerliebe nennen-und in Verkennung des eigentlichen transpersonalen Telos bleiben sie aber lediglich auf diese fixiert, weil sie noch genügend abstrahlen mag, um den weitgehend unbewußten Menschen in seiner Emotionalität und Subjektivität ganz zu fesseln- der so nicht merkt, daß er lediglich nach einem Stück, einer Andeutung von dem zu ergattern trachtet, was eigentlich viel umfassender ist -und all sein (Partner-)Streben und Sehnen daher zuletzt auf das Scheitern ausgerichtet sein muß, nämlich auf das Verfehlen des Zieles der eigentlichen Umfassung, da jenes eben seinen Platz außerhalb des Fokus seines Sehnens einnimmt. Als würde man sich auf der ersten Stufe einer Treppe einrichten und sich schließlich wundern, warum man so nicht nach oben gelangt.

Selbstverwirklichung

Bekannt ist der konservative Anwurf bezüglich der -zumindest vorgeblich- geschmähten “Selbstverwirklichung”, die man zu gerne als zügelosen Hedonismus gleichsetzt, als Gegenmodell gewohnt die Verantwortlichkeit durch Familiengründung setzend. Hierzu drei Anmerkungen: 1) Nachwuchs bietet die allereinfachste Form der Sinnstiftung, 2) Nachwuchs bedeutet den gelebten Egoismus der Gene,  3) und spirituell bedeutet dies die maximale Einlassung und Verhaftung im Weltlichen.
“..so ist die Aufgabe meiner Eigenheit letztlich etwas, was man als eigentliche Selbstwerdung benennen kann und darum auch das Werden und das Zustandekommen meiner eigentlichen Freiheit ist: ich verwirkliche mich in diesem Moment nicht mehr auf der Stufe und Ebene des Zufälligen, Kontigenten und Individuellen, sondern auf der Stufe des Allgemeingültigen, Überindividuellen und im eigentlichen Sinne des Wortes Freien.”– [M. Scherbaum über Meister Eckhart]. Die tatsächliche Verwirklichung liegt also immer über der Selbstverwirklichung (führt aber eben durch jene [die man Individuation nennt] hindurch und in der Folge dann über ihre subjektzentrierte Bestimmung hinaus. So ist selbst der unreflektierte Wunsch nach veräußerterer Verwirklichung in letzter Instanz als vulgärtranszendentes “Atman Surrogat” (nach Stan Grof) interpretierbar, somit als gar nichts anderes als (zwar verhinderter oder rudimentärer) Weg zum Eigentlichen.
Gemäß folgendem Meister Eckhart– Wort wird aber die ganze eigentliche Intention und Konsequenz aller echter Ausdehnung offenbar (und plötzlich stehen wir mitten im Buddhismus): “Du sollst ganz deinem Deinsein entsinken und in sein Seinsein zerfließen, und es soll dein Dein in seinem Sein ein Mein werden so gänzlich, daß du mit ihm ewig erkennst seine ungewordene Seinsheit und seine unnennbare Nichtheit.”
[Meister Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate]

Esoterik-Kritik

Zuletzt wieder Anwürfe gegen das Esoterische, bzw. “die Esoterik” vernommen. Diesmal nicht von christlicher Seite (deren einfaches Motiv der Wunsch nach Monopolisierung des Esoterischen bzw. die Umdeutung des Esoterischen zum christlich Offenbarten ist) sondern – nicht weniger selbstanmaßend – aus zeitgeistig materialistisch/humanistischer Intention heraus.
Aber:jener Materialismus hat nun gerade nicht zur Klärung des eigenen Daseins oder gar des “Seins an sich” beigetragen. Daher: Die Gewahrwerdung, die (positivistische) Anerkennung, daß unsere Existenz prinzipiell als ein völliges Mysterium über die Bühne geht, ist schon die allererste Legitimation für eine wie auch immer geartete esoterische Konzeption, und sei diese noch so unzureichend, sei sie noch so vage; und diese selbe simple Herleitung gilt auch darüberhinaus für alle übrige Form von Spekulation. Und die spekulativste Esoterik ist nicht so luftig wie die Materie der Materialisten, und deren Bekundungen stehen selbst der kindlichsten, naivsten, von Projektion, Wunschdenken und Beschränktheit geleiteten Esoterik ihrem Wesen nach in gar nichts nach, weil ihnen die Bewußtheit über die Luftigkeit ihrer Materie fehlt und sie trotzdem das -was sie gar nicht haben und besitzen- aufs Trotzigste meinen proklamieren zu müssen.

Toleranz und Urteil

Zum Proklamat erhebt man die Abrede der inneren Befähigung zur Wertung, die auf eigener Urteilskraft basieren könnte (an deren Stelle wünscht man sich ein von Außen gesetztes Konsensdiktat), dies um den vordergründigen Wunsch der Schonung oder Vermeidung, dahinter zumeist nicht mehr als Unentschlossenheit, Angst – vor allem aber, den Takt gebend- handfestes Ego- bzw. Partikular- (sprich-Lobby-)Interesse, gerne als “Toleranz” angemalt-was zugleich eine moralische Bonität ausstellt. Dies kann aber nur mit Etablierung der Abschaffung der Anerkennung objektiver Wahrheiten und der Aberkennung natürlicher oder supranatureller bzw.apriorischer Urteile geschehen. Grund hierfür ist die um sich greifende Irritation des Menschen, genauer gesagt die Bereitschaft zur Preisgabe seiner tatsächlichen Bestimmung, die die Kenntnislosigkeit über (s)einen Telos der transzendenten Ergänzung hin zum Eigentlichen oder Tugendhaften -oder guten, gemeinhin höchsten Prinzip impliziert. Nicht ohne Zufall ist den Strömungen, die sich mit eben jenem befassen, wie den Offenbarungsreligionen, der “alten Metaphysik” oder der Transzendentalphilosophie zueigen, daß man als Konsequenz der Abwertung bzw. Negation apriorischer Urteile von einer Ab-und Umkehr vom Guten(sprich Travestie des Tugendhaften) und somit Hinwendung zum Bösen spricht. Diese Travestie ist folgerichtig Signum der Diesseitigkeit, des blanken (nicht selten auf einen [Pseudo-]Humanismus aufgeblähten) “atomistischen Egoismus”.
Und über Toleranz Thomas Mann: “Toleranz wird zu einem Verbrechen, wenn man dem Bösen mit ihr begegnet.”

Tiergeschichte 2

Da fuhren sie wieder die Tiere an das Beil alles hier ist elektrisch eingehegt für das Geschäft/ dort vor den Auslagen stand sie als ob sie träumte und wer weiß was sie sah manchmal hatte sie ja von Gespenstern gesprochen seit einiger Zeit scheint überall Hexerei am Werk auch wegen dem Hund den man hier manchmal noch bemerkte und den Vorkommnissen -mit Strom/ mit Nassem zum späten Oktober manchmal jetzt auch der Geruch der Totenanstalt drei Strassen weiter bis hierher über den Zaun/ wie er nur leben kann mit der Schuld – damals als sie am Hang das Tier quälten zum Tod und ich mochte sie allein weil sie ihn dafür bis heute verachtet und weil sie ein Haus besaß nur wegen der Katzen noch früher den drei Gefiederten die Hälse abschlugen/ bei einer Feier fand man die Verantwortlichen kurz später verletzt oder tot besser all dies nicht mehr nennen nicht einmal die zelluläre Verhärtung und jeden anderen Abstieg auch nur vorzustellen und sie sah das weil sie damals am Feuer und damals am Wald war weil sie mit einem Geist durch die Mauern schritt ich neben hier hinkte -sie sah das alles vorweg-und blieb verschwunden …bis auf den heutigen Tag.