Traum und Hypostasen

“Welche ist der deva, der die Träume sieht? Vor dem Erreichen des Tiefschlafs hören Auge, Ohr etc. auf zu funktionieren und prana und die anderen Unter-pranas bleiben wach, um den Körper zu erhalten. In diesem Zwischenzustand sind die Sinne in diesem deva (dem manas) absorbiert, genau wie die Sonnenstrahlen in der Sonnenscheibe absorbiert sind. Dann sieht er im Traum seine eigene Größe und Herrlichkeit.
Er sieht in den Träumen, was in diesem Leben gesehen wurde und auch, was nicht gesehen wurde, d.h., was in früheren Leben erlebt worden war. Er sieht, was real ist, z.B. Wasser, aber auch was unreal ist, wie das Wasser einer Fata Morgana.
Im Traum lebt der mana in der hita-nadi (Energiekanal, der den Körper mit der Sonne verbindet) und im Tiefschlaf ruht er in der puritat-nadi (Energiekanal am Herzen). Der atman leuchtet aus sich selbst heraus in den Träumen.”

“Wenn er überwältigt wird durch Licht, dann sieht dieser Gott (der manas) keine Träume, und zu der Zeit steigt die Glückseligkeit im Körper auf.”

“Erläuterung: Im Tiefschlaf hört auch der manas auf zu funktionieren. Die Seele, der jiva erfährt Glück und nicht der Körper, der ohne Intelligenz ist. Der Kausalkörper ist im Tiefschlaf aktiv. Der Kausalkörper ist das Organ, durch das das Glück des Tiefschlafes (susupti) genossen wird. …
Während des Tiefschlafs (susupti) sieht der deva (manas) keine Träume, da das Tor des Gesichtssinnes geschlossen ist durch das Licht. Dann steigt Glückseligkeit auf.
Wenn der jiva (bzw. manas) überwältigt wird durch massives tamas, gelangt er in den tiefen Schlaf. Der jiva ruht in brahman. Dann ist nur ein dünner Schleier von avidya (Unwissen) zwischen ihm und dem höchsten Selbst. In samadhi, dem überbewußten Zustand, ist auch dieser Schleier der Unwissenheit zerrissen und der jiva verschmilzt mit brahman und erreicht höchstes Wissen. Das ist der Unterschied zwischen Schlaf und Samadhi.”

C.G. Jung sagt über das Wesen des bei ihm sogenannten großen Traumes: “Da aber alles Lebende nach seiner Ganzheit strebt, so findet gegenüber der unvermeidlichen Einseitigkeit des Bewußtseinslebens eine ständige Korrektur und Kompensation von seiten des allgemein menschlichen Wesens in uns statt, mit dem Ziele einer schließlichen Integration des Unbewußten im Bewußtsein oder besser, einer Assimilation des Ich an eine umfangreichere Persönlichkeit.”
Hier wird also die Möglichkeit einer Anbindung der individuellen Seele an den Archetypus und so an die Kollektivseele samt ihren Inhalten beschrieben. Dies entpräche einer Bindung an die Seinsart der plotinischen zweiten Hypostase; weiter hatte sich C.G. Jung nicht vorwagen können – zumal die (Nicht-) Qualitäten des Einen -nach dem Schlaf einem großen Vergessen anheimfallend – gar keine Möglichkeit der Beschreibung und Betrachtung böten. Indes sprechen wir im Kontext der Upanishaden tatsächlich von einem Offenbarungswissen, insofern handeln wir primär nicht von einer (zudem intersubjektiven) Empirie.
Die Upanishad indes beleuchtet eher die Qualität des Jiva (Seelenanteils) in der ersten Hypostase, welche plotinisch das allumfassende Eine meint. Hier kommt gar die totale Rückbindung, nämlich der Aufgang zur Präsenz der Seele in diesem Einen im Schlaf zum Tragen. Dies Erleben aber bleibt uns unbestimmt, entrückt, nicht erinnerbar. Das größte unseres Selbst bleibt uns so zugleich am fernsten.