Aus sich selbst

“Wenn die Unwissenheit verfliegt, offenbart sich der atman, der bereits im Herzen scheint. Moksa ist nicht ein Ding, das man gewinnen kann. Moksa wird nicht erzeugt. Moksa ist schon da! Man muß brahman als sein eigenes Selbst erkennen, indem die Unwissenheit zerstört wird. Brahman ist nicht eine Sache, die von irgendwoher herbeigebracht wird. Er ist das Leben des Lebens. Er wohnt seit jeher im Herzen aller Wesen. Er ist die Seele aller Wesen. Die einzige Bemühung besteht darin, den Schleier der Unwissenheit zu entfernen. Wenn das geschehen ist, leuchtet brahman aus sich selbst heraus auf.”
(Mundaka-Upanishad)

Der Mensch also selbst ist somit zuletzt in seiner reinsten Essenz gottgleich (Besser: Ist Gott). Er hat ‘nur’ alles wegzunehmen, was diese Essenz, diesen Kern hindert und verstellt. Die Upanishad spricht in dem Kontext auch von einem Spiegel, der nur widerstrahlt, wenn er von Staub und Patina befreit wird.

Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus Plotins: ” ‘Sein’ erfährt aber erst dort seine Bedeutungserfüllung, wo es die Lebendigkeit des Aus-sich-selbst-seins meint, wie im Nous. Das Fürsichsetzen rührt von dem Verfallen des Seinsverständnisses in die zerstreut zerstreuende Abbildsphäre der Sinnendinge her. Das wirklich Seiende befindet sich in der Einheit von Usia und Leben, sofern es die eigene Selbstverwirklichung ist.”
Insofern könnte erfülltes Sein auch als eine Ekstasis zur Ganzheit bezeichnet werden. Und dies meint zuvorderst ein latentes Verwiesensein über jede Gewöhnlichkeit – im alltäglichsten Sein mit all seinen Normalitäten und niederen Bindungen – hinaus.

Meister Eckhart: “Soll daher das Herz Bereitschaft haben zum Allerhöchsten, so muß es auf einem reinen Nichts stehen, und darin liegt auch die größte Möglichkeit, die sein kann. Da nun das abgeschiedene Herz auf dem höchsten steht, so muß dies auf dem Nichts sein, denn in dem liegt die größte Empfänglichkeit.”
“Nun begehrt das abgeschiedene Herz gar nichts, es hat auch gar nichts, dessen es gern ledig wäre. Deshalb steht es ledig allen Gebets, und sein Gebet ist nichts anderes, als einförmig zu sein mit Gott. Das macht sein ganzes Gebet aus.”

“Gebet” heißt dann Hingabe (im vedantischen: Bhakti) an jenes Prinzip des Höchsten, und somit vollzieht diese einen Wandel zu solchem entsprechenden höchsten Sein. “Gebet” ist dauerndes Leben in solcher Zielführung – ist Hinwendung zum Selbst aus sich selbst – in Überschreitung und Abscheidung aller beschwerender Normativität zur (niederen) Welt.