Immanentes

“Andererseits ist brahman sehr nahe. Es ist hier im Körper. Es wohnt im Herzen. Es ist das innerste Selbst aller Wesen. Es ist das Leben des Lebens. Es wohnt im akasa des Herzens. Brahman ist sehr weit weg für die weltlich Gesinnten; Es ist sehr nahe für die Weisen, die Selbstverwirklichung erlangt haben, und auch für die hingebungsvollen Sucher, die über das Selbst in ihrem Herzen meditieren. Da brahman alldurchdringend ist, spricht man von Ihm als fern und auch als nahe.”
“Es wird weder erfasst durch das Auge, noch durch die Sprache, noch durch die anderen Sinne; auch nicht durch Askese oder gute Taten. Nur wenn der Geist eines Menschen durch das stille Licht des Wissens gereinigt ist, erblickt er, durch Meditation das unsichtbare brahman.” (Mundaka Upanishad)

Dies Erblicken meint hier aber vielmehr ein Werden. Nicht das Erblicken einer Entität außer mir, sondern das Erblicken der Qualität des eigenen Seins, das zum eigentlichen Selbst kommt, ist gefordert.
Eine Phraseologie der theologica negativa konditioniert hierbei eine Ferne und Unerreichbarkeit zur geistigen Bestimmung, die so aber nicht gedacht werden soll, da sie allzu schnell vom Gedanken der Immanenz wegführt.
Daher ja heißt es hier: “Andererseits ist brahman sehr nahe”. Jesus etwa sagt im apokryphen Thomasevangelium: “Spaltet ein Holz (-Stück), ich bin da. Hebt den Stein auf und ihr werdet mich dort finden.”

“Das immanente Selbst aller Wesen…” – das impliziert ja deren höchste Realität, ihr wahrstes Existent-Sein; doch wie soll man dies erreichen? Wohl ist dies Verb “erreichen” ungenau gewählt. Es geht vielmehr um ein Zulassen, Freilegen und Ausleben dessen, was potentiell in uns und allem angelegt ist.

“Wenn die Unwissenheit verfliegt, offenbart sich der atman, der bereits im Herzen scheint. Moksa ist nicht ein Ding, das man gewinnen kann. Moksa wird nicht erzeugt. Moksa ist schon da!” (Mundaka Upanishad)

Meister Eckhart sagt: “Und was die Seele über das hinaus, was sie den fünf Sinnen zuwendet, an Kräften besitzt, diese Kräfte gibt die Seele alle dem inneren Menschen. Und wenn dieser Mensch sich etwas Hohem und Edlem zuwendet, dann zieht die Seele alle die Kräfte an sich, die sie den fünf Sinnen geliehen hat, und dieser Mensch gilt (dann) als von Sinnen und verzückt.”