Atman und Hierarchie

“Wer sieht, daß das höchste Selbst alles durchdringt, und wer alles im höchsten Selbst sieht, hat nicht den Wunsch, sich zu schützen, denn er hat vor nichts Angst. Da er furchtlos ist, ist er niemals ängstlich darauf bedacht, sein kleines Selbst zu bewahren.
Der Weise, der atman verwirklicht hat, sieht, daß alle Dinge und alle Wesen nicht von einem Selbst getrennt sind und daß sein atman der atman von allem ist. Der atman ist das gemeinsame Bewußtsein aller Wesen. Der atman ist derselbe in dem König und dem Bauern, in dem Heiligen und dem Schurken, dem Schuster und dem Barbier, in der Ameise und dem Elefanten, dem Baum und dem Stein. Wie kann jene große Seele, die im eigenen atman ruht und ein derart erhobenes kosmisches Bewußtsein hat, vor irgendeinem Wesen oder Ding in Abscheu zurückschrecken? Wie kann er irgendetwas nicht mögen? Wie könnte er irgendjemanden hassen? Absolut unmöglich!”
(Isavasya-Upanisad)

Das Eine ist in Allem potentiell das Gleiche, – als ein Apriorisches, alle Verwirklichungspotenz Bereithaltendes – dabei durch verschiedene Emanationsstränge und Verwirklichungen in verschiedene Form gefallen oder gefesselt. Somit bildet es sich zwar hierarchisch aus, aber zuletzt entstammt eine solche Hierarchie (der Bewußtseine oder Bewußtheiten) nur der gebundenen Warte (der Physis), die eben nach verbindenden (Geist-) Apriorien, die sich als Ideen ‘verzweigen’, verschiedene Möglichkeiten der Verwirklichung gebiert. Ein jedes Bewußtsein im Objekt mag entprechend seiner Potenz so in Hinsicht auf Erfüllung umfassender Verbildlichung an sich selbst in diesem Sinne’ genügend’ sein.
Reflexion indes ist begründet in manas (Wille, Denken, Gedanke, Denkprinzip), und so dem Sein nach nicht dem tiefstem Sinn des Seins entsprechend. Ein Indiz immerhin, daß auch die unbewußte Form im Seinsrang einer eigentlich tiefsten Verbildlichung und Selbstheit fähig ist.
Und doch: Überwindung braucht insbesondere Reflexion, um sich nicht dauerhaft im Erhalt der Form als Ausdehnung (im reinen Sinne von Wachstum und Reproduktion) zu erschöpfen. Nicht-reflektierende Form impliziert Bewußtsein, das Form verstetigt, statt sie zu überkommen. Seine Seinskraft erschöpft sich darin, in sich selbst als Form reproduktiv zurückzufallen – und das Eine drängst schließlich nach der Verbildlichung zu sich selbst zurück – dies jenseits jeder Konkretion, wie wir sie verstehen.