Stephan Schlensog über den Hinduismus: “So wie das Seil die Grundlage für die Illusion der Schlange ist, so ist OM die Grundlage für die Illusion der Sprache. Alles ist nur ein Spiel der Worte. Ideen und Gedanken werden durch Worte kommuniziert. Ereignisse werden durch Worte weitererzählt. Alles wird zusammengehalten durch den Faden der Sprache, durch das Band spezifischer Namen. Die Welt kann nicht ohne Namen und Worte existieren. Die Welt kann nicht weiterlaufen ohne Namen und Worte. Deswegen kann man mit Recht sagen: Alles ist das Wort.”
(Mandukya-Upanisad)
Auf einer tiefsten Ebene: Die Zahl ist es, die Idee physikalisch zum Sein diskriminiert: “Der sinnliche Kosmos entsteht dadurch, daß das dem Nous entgleitende Unbegrenzte zugleich aufgefangen wird, und zwar aus der begrenzenden Kraft der Zahl.” (Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus)
Die Sprache indes implementiert Bedeutung, und zwar im apriorischen wie im aposteriorischen Sinn: Denn drückt sie Intension aus, ist sie mit dem Geistigen verbunden und drängt erst entsprechend (das Geistige/das Ideelle, die Idee) zum Werden. Bezeichnet sie hingegen Dinge, die existent sind, wird sie wirksam in einem Sinne, der die Bedeutung der Dinge in ihrem Dasein weiterhin auflädt oder formt.
Fichte spricht in den Reden an die Deutsche Nation von der Existenz einer Sprache als einer lebendigen Sprache, die bis auf die Wurzel der Ausströmung der Begriffe aus der geistigen Natur selbst zurückgeht.
Es geht auch hier ganz um eine Selbsttätigkeit des Geistes: “Wenn er nur sucht, so findet er mehr als er suchte; denn er gerät hinein in den Strom lebendigen Lebens, das durch sich selbst fortrinnt, und ihn mit sich fortreißt.”
Wenn man nun sagt: Alles was ist, ist das Wort – dann sind diejenigen, die jene Worte nutzen, die unmittelbar in der Rückbindung zum Geistigen stehen, eben jene, die mit Wirkmacht Welt kreieren.