Stephan Schlensog über den Upanishad: “So gelangte man schließlich zu der Einsicht, die im indischen Denken Geschichte machen sollte: Atman, der individuelle, personale Urgrund, ist transzendent und identisch mit jenem alles umgreifenden seelenhaft-geistigen kosmischen Urgrund Brahman. Ein Gedanke, der an manchen Stellen zunächst nur sehr zurückhaltend anklingt – etwa in der Frage Usastas an Yajnavalkya: ‘Erkläre mir das Brahman… die Seele (atman) in allen Dingen’, oder bei jenen fünf Hausherren, die sich fragen: Wer ist unser Atman, was ist Brahman?’ -, der aber anderswo um so deutlicher und unüberhörbar zum Ausdruck kommt: “Wahrlich, diese große ungeborene Seele, unvergänglich, unsterblich, furchtlos, ist Brahman’, ‘die Seele (atman), die alles durchdringt, …ist Brahman.”
Identität:
“Außer Gott, außer dem Sein nämlich, ist nichts. Also hat er entweder überhaupt nicht geschaffen, oder er hat alles in sich selbst als dem Urgrund geschaffen.” (Meister Eckhart, Prologus Generalis)
So ist neben allem anderen auch der Mensch diesem ‘Urgrund’ entsprungen, und sein Auftrag soll sein, hierüber echte Gewahrsamkeit zu erlangen, um einst diesem – seinem eigentlichen – Wesen, das er verlassen hat, gerecht zu werden. So wie ‘Gott’ an sich alles ist, und allem Raumzeitlichen nur abkömmliches, relativiertes Sein zukommt, so ist zuletzt der Mensch auch nicht wahrhaft ‘existent’ als Mensch, sondern er erlangt wahre Existenz ja nur, indem er sich ‘Gott’ ganz eigen macht oder in seiner Größe gleichwerdend aufgeht. In der Entfernung von seinem Ursprung ist er indes – vermeintlich – klein und defizient, ohne sein (wahres) Sein und mithin nur scheinhaft existent. Ich fasse jeher so auch die ganze Lehre Meister Eckharts passend in einem einzigen kurzen Satz zusammen: Der Mensch ist nur als Gott.